Manfred GrundCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Beim Stand dieser Aktuellen Stunde erlaube ich mir, den Blick ein wenig zu weiten und andere Aspekte in den Blick zu nehmen.
Eine 13-jährige Schülerin malt in der Schule ein Antikriegsbild. Die Lehrerin ruft die Polizei, der alleinerziehende Vater wird verhaftet, das Mädchen in einem Heim für Wehrkraftzersetzer untergebracht. Das passierte 2023 in einer Kleinstadt 300 Kilometer südlich von Moskau.
Warum beginne ich mit diesem Beispiel? Auch in unserer deutschen Debatte um Waffensysteme melden sich Friedensbewegte und Kriegsgegner von links und rechts und auch aus der Mitte der Gesellschaft, die zwar keine Antikriegsbilder malen, aber genau wissen, wie der Krieg in der Ukraine zu Ende gehen sollte, indem wir, indem der Westen keine Waffen zur Selbstverteidigung liefert und die Ukrainer besser heute als morgen weiße Laken vor die ausgebombten Fenster hängen.
(Beifall der Abg. Serap Güler [CDU/CSU])
Das ist der Aufruf zur Kapitulation, die Forderung nach Unterwerfung.
Doch bei manchen dieser Wortmeldungen, bei denen der Wunsch nach Frieden zum Ausdruck gebracht wird, kommt das Schicksal, das Leid der Menschen in der Ukraine so wenig vor wie im Denken von Putin oder Medwedew.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie der Abg. Dr. Nils Schmid [SPD] und Dr. Ingrid Nestle [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Diese führen einen erbarmungslosen Vernichtungskrieg gegen ein Land, das für sie keine Souveränität hat, gegen eine Bevölkerung, die keine Daseinsberechtigung hat. Die Brutalität des russischen Vorgehens wird nicht nur in den Bildern von Butscha, sondern auch in vielen aufgezeichneten Telefongesprächen deutlich. In einem Telefonat Anfang Winter 2023 rühmt sich ein russischer Soldat mit Kriegsverbrechen und sexueller Gewalt an Frauen. Der Soldat berichtet, dass er außer alten Frauen niemanden in den ukrainischen Dörfern angetroffen habe. Sein Gesprächspartner fragt nach und möchte dafür den Grund wissen. Der Soldat antwortet – ich zitiere –:
„Alle vergewaltigt und getötet. Als wir Lyman plötzlich verlassen mussten, haben wir alle getötet. Scheiß Ukrainer. Vergewaltigt. Getötet. Erschossen. In Lyman, in Torske, überall. Wir sind einfach rumgelaufen und haben geschossen. Die jungen Männer haben wir einfach mitgenommen. Aber die jungen Frauen haben wir vergewaltigt, getötet, erschossen.“
Im Untersuchungsbericht der Vereinten Nationen wird unter anderem Folgendes dokumentiert – ich zitiere auch hier –:
„Das jüngste heute bekannte Opfer ist ein 4-jähriges Mädchen. Ihre Eltern wurden vor ihren Augen vergewaltigt. Später wurde sie vor den Augen ihrer Eltern vergewaltigt.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, das Morden und das Vergewaltigen enden nicht, wenn wir, wenn der Westen aufhört, der Ukraine militärisch zu helfen; denn das Kriegsziel Russlands geht viel weiter als der bisherige Frontverlauf. Putin geht es um die Veränderung der Grenzen in Europa. Das wird deutlich an einer Landkarte, welche Dimitrij Medwedew, russischer Ex-Präsident und Vorsitzender des Sicherheitsrates, vor wenigen Tagen präsentierte. Auf der Karte wird die Region Winnyzja Rumänien zugeordnet, Uschhorod Ungarn, Lwiw, Iwano-Frankiwsk sowie Schytomyr Polen. Der Rest des Landes – auf der Karte Medwedews sind Odessa, Mykolajiw, Tscherkassy, Poltawa, Saporischschja und Cherson eingezeichnet – soll demnach künftig Russland angehören. Einzig ein kleines Territorium um die Hauptstadt Kiew soll demnach als Ukraine zurückbleiben. Meine Damen und Herren, es braucht nicht viel Fantasie: Die Menschen werden in einem derart zerstückelten Land, in dem sie nicht leben und nicht sterben können, nicht bleiben. Sie werden millionenfach weglaufen, weglaufen zu uns. Auch wir sind Putins Kriegsziel. Schicken wir keine Waffen in die Ukraine, treibt Putin Millionen von Ukrainern zu uns.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Wir sollten jeden Tag, an dem die Ukraine noch fähig und willens ist, sich selbst zu verteidigen, eine Kerze anzünden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, noch zwei Anmerkungen. In wenigen Tagen wird sich Putin für eine weitere Amtszeit bestätigen lassen. Diese Pseudowahl macht den Unterschied zwischen Diktatur und Demokratie deutlich. In Demokratien werden Regierungen abgewählt. Einen Diktator wird ein Volk nie wieder los, zumindest nicht durch die Inszenierung von Wahlen. Und, weil oft auch mit der Atommacht Russland argumentiert wird: Am 26. September 1979 marschierte die Atommacht Sowjetunion in Afghanistan ein. Dieser Krieg endete nicht mit der Niederlage Afghanistans, sondern führte zum Untergang der Sowjetunion.
Vielen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Für Bündnis 90/Die Grünen hat das Wort Misbah Khan.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608212 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr |