13.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 156 / Zusatzpunkt 1

Serap GülerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, was in dieser Debatte bisher ziemlich deutlich wurde, ist, dass die AfD diese Aktuelle Stunde eigentlich nur aus einem einzigen Grund beantragt hat: Entweder hat sie tatsächlich den Befehl aus Moskau bekommen,

(Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Vorauseilender Gehorsam!)

oder sie will hier deutlich machen, dass sie ganz im Sinne Putins unterwegs ist. Insofern – vielleicht im Sinne Putins –: Alles richtig gemacht.

(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Klatscht ja keiner! – Tino Chrupalla [AfD]: So peinlich!)

Dennoch ist es wichtig, dass wir darüber an dieser Stelle noch einmal reden. Wir wissen, was am 19. Februar aufgezeichnet wurde – nicht nur wir, auch viele andere weltweit wissen das –, und wir können festhalten, dass die vier ranghohen Offiziere – das wurde hier schon mehrmals gesagt – zwar ihren Job gemacht haben – alles richtig –, aber trotzdem – darauf können wir uns, glaube ich, einigen – ein Fehler gemacht wurde, grob fahrlässig gehandelt wurde. Es ist jetzt aber wichtig, die Ermittlungen des MAD abzuwarten und dann nach Konsequenzen zu schauen.

Ich hoffe, dass wir dann auch einen besseren Überblick darüber haben, ob es sich wirklich nur um Anwendungsfehler und nicht doch um technische Fehler handelte. Dann müssten wir auch unsere Systeme infrage stellen. Auch das wurde hier schon einmal betont, und ich glaube, daran können wir gemeinsam festhalten. Was heute schon feststeht, ist: Wir müssen viel stärker in die Spionageabwehr investieren. Wir müssen viel stärker in unsere Sicherheit insgesamt, insbesondere aber in die Cybersicherheit investieren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Die Fragen, die sich dennoch darüber hinaus stellen, sind vor allem politischer Natur, und ich möchte sie an dieser Stelle an den Kanzler richten; denn das abgehörte Gespräch zeigt eben auch: Taurus könnte sehr wohl einen Unterschied machen.

Ich verstehe die Logik nicht ganz, wie man sich einerseits immer wieder hinstellen und sagen kann: „Wir stehen an der Seite der Ukraine, die Ukraine darf diesen Krieg nicht verlieren“, und auf der anderen Seite nicht alles tut, damit die Ukraine aus der Defensive herauskommt. Diese Frage stellt sich.

Uns ist klar: Auch der Taurus ist kein Gamechanger. Er böte den Ukrainern aber die Chance, gezielt russische Nachschubwege auf ukrainischem Terrain zu kappen und damit die Offensive des Aggressors auszubremsen. Und der Call bestätigt auch: Deutsche Soldatinnen und Soldaten müssten nicht – ich betone: nicht – an einem ukrainischen Einsatz von Taurus beteiligt sein, wenn die Ukrainer entsprechend ausgebildet werden.

Wir wissen ebenso: Die Anfrage der Ukraine liegt der Bundesregierung seit Mai letzten Jahres vor. Und die Frage, die sich stellt, ist: Wieso lassen sich Kanzler und der Minister erst jetzt briefen?

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Quatsch!)

Es heißt, das stimme nicht ganz; aber das Gespräch hört sich so an, als seien diese Informationen noch nicht bis zum Minister oder eben bis zum Kanzler durchgedrungen.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Unsinn!)

Dieser Frage müssen Sie sich auch weiterhin stellen. Die Ausbildung hätte nämlich schon längst stattfinden können, und somit hätte man die deutsche Beteiligung in der Ukraine auch ausschließen können.

Es ist auch wichtig: Der Bundeskanzler behauptet, die Lieferung bedeute die Beteiligung der Bundeswehr, und dies bedeute wiederum, dass Deutschland Kriegspartei würde. Ich habe mich wirklich ernsthaft bemüht, dieser Logik zu folgen. Wenn die Hilfe deutscher Soldaten beim Taurus-Einsatz bedeuten würde, dass Deutschland Kriegspartei würde, muss ich an dieser Stelle einfach die Frage stellen: Was heißt das eigentlich für unsere Verbündeten? Was heißt das für Großbritannien? Was heißt das für die USA? Was heißt das für Frankreich? Von denen wissen wir ja jetzt, dass deren Soldaten vor Ort sind, um ukrainische Soldaten bei deren Marschflugkörpern zu unterstützen. Was heißt das? Bedeutet das nach der Logik des Kanzlers, wenn man das zu Ende denkt, dass diese Verbündeten Kriegsparteien sind? Die Antwort auf diese Frage ist der Kanzler hier heute in der Fragestunde auch wieder schuldig geblieben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wenn sie Kriegsparteien sind: Was bedeutet das für die NATO? Das sind alles NATO-Mitglieder. Und wenn sie keine Kriegsparteien sind: Wieso wären wir es dann?

Das sind Fragen, die der Kanzler und vielleicht auch die SPD beantworten müssen; denn in diesen Tagen hat man vor allem das Gefühl, dass die Sicherheits- und Verteidigungspolitik dieses Landes nicht im Verteidigungsministerium, nicht im Kanzleramt, sondern vor allem in der Parteizentrale gemacht wird. Heute hörte ich zum Beispiel Kevin Kühnert, der sogar einen Ringtausch ausschließt, –

Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

– zu dem die Außenministerin am Sonntagabend gegenüber der Öffentlichkeit noch eine andere Position vertreten hat.

Frau Präsidentin, ich komme zum Schluss. – Aber trotzdem eine letzte Frage!

Frau Kollegin, Sie müssen jetzt wirklich zum Schluss kommen; Ihre Redezeit ist überschritten.

Das sind Fragen, die beantwortet werden müssen, die vor allem politisch sind und die der Kanzler auch heute in der Fragestunde

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: … sehr gut beantwortet hat!)

nicht beantworten konnte.

Danke schön.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Als Nächstes erhält das Wort der fraktionslose Abgeordnete Robert Farle.


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608232
Wahlperiode 20
Sitzung 156
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr
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