13.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 156 / Zusatzpunkt 1

Daniel BaldySPD - Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr

Loading Interface ...
Login or Create Account






Danke schön, Frau Präsidentin. – Ach, Kinners, immer dieselben!

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die größte Schwachstelle in der IT ist der Mensch, und diese Schwachstelle wird gnadenlos ausgenutzt: von Hackern, von Kriminellen, die ihre Dienste im Internet als Crime-as-a-Service anbieten, aber eben auch von anderen Staaten. Die Ergebnisse sind Desinformationskampagnen, öffentliche Verunsicherung oder auch Angriffe auf sensible Infrastruktur und Ähnliches.

Wie können wir dieser hybriden Kriegsführung Russlands und anderer Staaten entgegentreten? Ganz einfach: indem wir uns erstens dieser Gefahr bewusst werden und zweitens auch danach handeln.

Ich glaube, es überrascht niemanden, dass die AfD diese russische Propaganda der letzten Tage mitträgt. Aber manche Äußerungen der Union der letzten Tage haben mich dann doch etwas überrascht, und die konnte ich auch nicht als Kampf gegen die Kremlpropaganda verstehen. Im Gegenteil: Die hätte man mit bösem Willen teilweise fast schon als Unterstützung werten können.

Da stellt sich mit Herrn Kiesewetter, einem Unionsabgeordneten, der stellvertretende Vorsitzende des Parlamentarischen Kontrollgremiums ins Fernsehen und sagt quasi: Ich weiß aus guter Quelle, dass noch ein fünfter Teilnehmer dabei war, und keiner hat es gemerkt. – Liebe Kolleginnen und Kollegen, abgesehen davon, dass es für diese Behauptung offenbar gar keine Grundlage gibt: Putin geht es um die Spaltung dieses Landes und die Verunsicherung der Bevölkerung. Wenn wir unserer Parlamentsarmee nicht zutrauen, bis vier zählen zu können, dann hat doch die russische Propaganda gewonnen. Sie spielen mit solchen Interviews und Aussagen unwissentlich das Spiel Putins mit und untergraben selbst auch noch das Vertrauen in die Truppe, liebe Unionsfraktion.

(Beifall bei der SPD)

Aber es gibt nicht nur unvorsichtige Äußerungen, bei denen man sich lieber zweimal fragen sollte: Gehe ich damit direkt in die Öffentlichkeit, oder spreche ich es vielleicht lieber noch mal in einem Gremium an, das dafür zuständig ist? Ich finde es ebenso beachtlich, dass manche sich hier öffentlich immer als die großen Chefaufklärer hinstellen, auf der anderen Seite aber die Regeln, die wir uns als geheim tagendes Gremium gegeben haben, massiv missachten. Wenn ich am Montagabend quasi live mitlesen kann, was im geheim tagenden Verteidigungsausschuss gesagt wird, dann kann ich nur sagen: In jedem Gemeinderat – sei es bei mir daheim in Münster-Sarmsheim, aber sicherlich auch bei Ihnen in der Heimat – darf aus einer nichtöffentlichen Sitzung nicht berichtet werden, und da hält sich auch jeder dran.

Mein Eindruck ist: Hier im Haus gehört es bei manchen Kolleginnen und Kollegen mittlerweile fast schon zum Alltag, aus geheimen Sitzungen zu berichten. Wir können uns zehn Kryptohandys kaufen, wir können die achtmal verschlüsseln, wir können die Geheimschutzstelle mit mehr Geld und Personal ausstatten, wir können nur noch in abhörsicheren Räumen kommunizieren und tagen: Wenn wir am Ende rausgehen und alles ausplaudern, dann ist das alles nichtig, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)

Was können wir nun aus diesem veröffentlichten Gespräch der Bundeswehroffiziere lernen, und wie können wir uns resilient machen in diesem Kampf gegen die hybride Kriegsführung Putins und anderer?

Erstens. Die aktuell größte Schwachstelle – ich habe es eingangs gesagt – ist der Mensch. Wir sollten eigene Fehler vermeiden und uns vor allen Dingen auch der Gefahren bewusst werden. Soll ich das wichtige Telefonat wirklich in der Bahn führen, oder warte ich lieber noch fünf Minuten, bis ich ungestört bin? Habe ich das neueste Update auf meinem Smartphone, damit etwaige Schwachstellen bestenfalls beseitigt sind? Hat es einen Grund, warum Sitzungen als Geheim eingestuft sind, und sollte ich deshalb auch nicht öffentlich darüber sprechen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir hier in diesem Haus müssen da mit gutem Beispiel vorangehen; denn bei dem, was ich eben aufgezeigt habe, sind auch wir an vielen Stellen selbst noch zu nachlässig.

Zweitens. Die von Ministerin Faeser vorgeschlagene Cybersicherheitsagenda sollten wir weiter konsequent umsetzen, und wir sollten dieses Thema für uns in der Politik, aber eben auch für das Land ernst nehmen. Jedes Jahr entsteht – die Kollegin hat es eben schon gesagt – der deutschen Wirtschaft ein Schaden von mehr als 200 Milliarden Euro durch Cyberkriminelle. Denken wir etwa an den Hackerangriff auf den Deutschen Bundestag 2015 oder auch an die Ransomware-Attacke auf das mittelständische Unternehmen, dessen Produktion dadurch stillliegt. Es trifft uns alle. Oder wie es Generalmajor Jürgen Setzer, der Cybersicherheitschef der Bundeswehr, sagte: Wir müssen Cybersicherheit als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreifen.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Das bringt mich zum dritten und letzten Punkt: Wir müssen auch unsere Behörden im Bereich Cybersicherheit stärken. Ich kann hier nur einmal appellieren und darauf aufmerksam machen: Es gibt gerade zwei von den Ampelfraktionen vorgeschlagene Grundgesetzänderungen, einmal für die Einrichtung des BSI als Zentralstelle, einmal für die Bundeskompetenz für die aktive Cyberkriminalitätsabwehr. Die liegen auf dem Tisch. Das sind genau die richtigen Vorschläge, die wir zu dieser Zeit brauchen, um unsere Cyberresilienz gegen diese hybride Kriegsführung zu stärken. Dafür stehen wir bereit.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir haben uns mit dem mitgeschnittenen Gespräch ein blaues Auge geholt. Schützen wir uns also jetzt vor dem K. o.!

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Misbah Khan [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

API URL

Data
Source Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Cite as Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Retrieved from http://dbtg.tv/fvid/7608239
Electoral Period 20
Session 156
Agenda Item Aktuelle Stunde - Taurus-Abhörskandal in der Bundeswehr
00:00
00:00
00:00
00:00
None
Automatically detected entities beta