Klaus-Peter WillschCDU/CSU - Vetorecht bei Waffenexporten in Konfliktgebiete
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kollegen! Meine Damen und Herren, auch die, die uns von draußen zuschauen! Der Antrag der AfD lässt einen etwas ratlos zurück. In der Tat – Herr Außendorf hat es angesprochen –, bisher kam diese Obsession gegen Rüstungsexporte ja überwiegend von der linken Seite des Hauses, auch von den Grünen; aber der Lernfortschritt ist inzwischen erkennbar. Da war sie besonders stark ausgeprägt. – Wenn man den Antrag wirklich durchliest, dann ist die Katze aus dem Sack: Es geht darum, die militärische Unterstützung für die Ukraine zurückzufahren. Das ist so offensichtlich, dass man den Antrag auch in der russischen Duma hätte stellen können.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wenn man darf!)
Es ist ja hinlänglich bekannt: Einige Ihrer Spitzenvertreter haben eine geradezu unappetitliche Beziehung und Nähe zur russischen Führung.
(Matthias Moosdorf [AfD]: Mal zum Thema!)
Dass Sie sich aber so unverblümt vor den Karren unseres größten geostrategischen Rivalen spannen lassen, lässt einen schon ein bisschen ratlos zurück.
(Beifall bei der CDU/CSU – Matthias Moosdorf [AfD]: Ich dachte, das ist China!)
Vielleicht liegt es daran, dass Sie sich in Echokammern bewegen und die Wirklichkeit nicht mehr vollständig zur Kenntnis nehmen.
Die These, die zugrunde liegt, die wir sonst immer von den Linken hier hören – ich nehme an, inzwischen von beiden Überbleibseln der Linken –, dass Rüstungslieferungen Kriege verlängern und dass sie Menschen töten, beschreibt das Gegenteil von dem, was stattfindet. Wir liefern die Waffen nicht, damit Menschen wahllos getötet werden; wir liefern Waffen, damit Menschen vor russischen Angriffen gerettet werden können, werte Kollegen. Ich glaube, dass das Ende von Waffenlieferungen eben nicht Frieden brächte, sondern – umgekehrt – Besatzung, Unterdrückung, Folter, Mord. Die Namen der Tatorte sind doch hinlänglich bekannt; das sollte man eigentlich wissen. Butscha zu erwähnen, sollte genügen.
Deutschland ist nicht die Rüstungsschmiede der Welt; das habe ich hier schon häufiger vorgetragen. Dieses ständige Gerede darüber, wir würden Exportweltmeister und was weiß ich was alles sein, stimmt nicht. Ich hatte nach der Rede von der „Zeitenwende“ des Bundeskanzlers hier am gleichen Platz eigentlich die Hoffnung, dass jetzt wirklich klar ist, dass sich da was ändern muss. Es reichen nicht nur die 100 Milliarden Euro Sondervermögen, sondern wir haben auch im Regelhaushalt Bedarf für die Truppe, und dieser Bedarf wird leider nicht abgebildet. Der Verteidigungsminister ist mit einer Forderung von 10 Milliarden Euro in die Haushaltsverhandlungen gegangen und mit 1 Milliarde Euro rausgekommen.
„Zeitenwende“ bedeutet auch – das sei an die Regierungsfraktionen gerichtet –, dass eben nicht mehr sonntags auf Ostermärschen gegen die Rüstungsindustrie gewettert werden sollte, um dann am Montag bei ihr zu bestellen. Da müssen Sie sich mal ehrlich machen. Wir brauchen eine gut aufgestellte, eine gut funktionierende und innovative Rüstungsindustrie. Die sollten wir hier am Standort Deutschland stärken, um selbst die nötigen Voraussetzungen zu schaffen und unseren Soldaten das Beste an die Hand zu geben.
Man sollte auch – denken Sie mal darüber nach; in Hessen haben wir damit jetzt im Koalitionsvertrag angefangen – Erfindergeist und Innovationskraft im Bereich der Spitzentechnologie im Rüstungs- und im wehrtechnischen Bereich zulassen. Wir stehen sprachlos davor, wenn nach wie vor in Zivilklauseln verboten wird, für das Militär zu forschen. Es muss doch selbstverständlich sein, dass wir die Ergebnisse unserer Spitzenforschung, vom Staat finanziert, dann auch unseren Soldaten, die den Kopf hinhalten und die Ausrüstung brauchen, mit der sie überleben und ihren Auftrag erfüllen können, zur Verfügung stellen
(Beifall bei der CDU/CSU)
und dass das nicht von irgendwelchen Pseudointellektuellen im Elfenbeinturm als unanständig gebrandmarkt wird.
Wir brauchen ein unmissverständliches Bekenntnis zur Notwendigkeit unserer eigenen Verteidigungsindustrie. Da ist noch Luft nach oben bei der Regierungskoalition. Wenn wir in Europa unsere Souveränität im Bündnis verteidigen wollen, müssen wir uns verteidigen können, und notwendige Bedingung dafür ist eine leistungsfähige und innovative Rüstungsindustrie.
Wir brauchen mehr Investitionsmittel für die Bundeswehr, und wir müssen den Export steigern, weil wir bei den kleinen Stückzahlen, die wir selbst abnehmen, nie wirtschaftlich produzieren können, sondern darauf setzen müssen, dass auch andere Märkte – natürlich immer mit Blick auf unsere sicherheits- und verteidigungspolitischen Interessen – mit abgedeckt werden können.
Ich will ganz kurz noch auf Herrn Außendorf eingehen.
Herr Kollege, Sie müssen bitte langsam zum Schluss kommen.
Ich hatte eigentlich gehofft, dass die Absicht, ein Rüstungsexportkontrollgesetz hier einzubringen, still vom Tisch genommen wird. Lassen Sie es einfach!
Herr Kollege, meine letzte Aufforderung: Kommen Sie zum Schluss, bitte.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich glaube, Sie müssen es lassen jetzt, Herr Willsch! Sie können nicht mehr reden!)
Wir sind schon so weit, dass wir in Deutschland nicht mehr als bevorzugter Partner angesehen werden, weil es zu kompliziert ist mit den Deutschen. Also, da ist auch noch was zu tun. – Aber der Antrag ist Unsinn.
Danke schön.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Maik Außendorf [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Das Wort hat nunmehr der Kollege Johannes Arlt, SPD-Fraktion, mit einem zumindest zeitlich beachtlichen Beitrag.
(Heiterkeit und Beifall bei der SPD – Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Gabriele Katzmarek [SPD]: Aber auch so ist der zu beachten!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
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Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 156 |
Tagesordnungspunkt | Vetorecht bei Waffenexporten in Konfliktgebiete |