14.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 157 / Zusatzpunkt 8

Andrea LindholzCDU/CSU - Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beraten heute den Vorschlag der Ampel für eine Neufassung des Bundespolizeigesetzes. Ich möchte aber zunächst im Namen der Unionsfraktion den rund 54 000 Bundespolizistinnen und Bundespolizisten, die sich tagein, tagaus um die Sicherheit in unserem Land kümmern, einen großen Dank aussprechen. Sie machen oft unter schwierigsten Bedingungen eine großartige Arbeit, erst recht in der aktuellen Migrationskrise. Herzlichen Dank dafür!

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Manuel Höferlin [FDP])

Damit die Bundespolizei auch in Zukunft ihre vielfältigen Aufgaben so gut erledigen kann, sollte eine Neufassung des Bundespolizeigesetzes eigentlich auch zeitgemäße und effektive Handlungsgrundlagen liefern.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Was ist eigentlich mit eurem Gesetz passiert?)

Aber das ist an manchen Stellen leider nicht der Fall. Der Gesetzentwurf ist teilweise gerade nicht zeitgemäß. Das zeigt sich zum einen bei der Technik, zum anderen bei den Befugnissen. Zudem führt die Ampel mit dem Gesetzentwurf teilweise Regelungen ein, die die Bundespolizisten nicht in der Arbeit unterstützen, sondern sie geradezu in ihrer Arbeit behindern. Ich möchte Ihnen beide Punkte kurz erläutern.

Sehr geehrte Frau Ministerin, Sie betonen immer wieder, wie wichtig Ihnen die Bekämpfung von Schleuserkriminalität ist – zu Recht. Sie erlauben es aber der Bundespolizei nicht – auch in diesem Gesetz nicht –, im Einzelfall zur Abwehr lebensgefährdender Schleusungen auf Messengerdienste wie Whatsapp oder Telegram zuzugreifen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Beifall der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN] und Konstantin Kuhle [FDP])

Ich sage Ihnen daher: Das ist ein Widerspruch – ein Widerspruch zwischen Reden und Handeln.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Super! Das ist doch gut, dass das nicht drinsteht!)

Zu begrüßen ist, dass Sie die Möglichkeit der automatischen Kennzeichenerfassung im öffentlichen Raum, zum Beispiel auch im Zusammenhang mit Grenzschutzthemen, ermöglichen.

(Konstantin Kuhle [FDP]: Wir waren das!)

Allerdings müssten Sie diese Regelung auch auf Bahnhöfe und Flughäfen ausweiten. Ebenfalls ausweiten bzw. einführen müssten Sie den Einsatz biometrischer Gesichtserkennung an Kriminalitätsschwerpunkten

(Konstantin Kuhle [FDP]: Teufelszeug!)

wie großen Bahnhöfen und Flughäfen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dorothee Martin [SPD]: Das haben die Länder alles schon mal abgelehnt! Auch Ihre Bundesländer!)

Wir haben aktuell die Situation, dass die Polizei zum Beispiel bei der Suche nach dem Ex-RAF-Terroristen Burkhard Garweg eine Bauwagenkolonie in Berlin gestürmt hat,

(Manuel Höferlin [FDP]: War das die Bundespolizei?)

sich aber anschließend, Medienberichten zufolge, die Spur am Bahnhof Ostkreuz verloren hat.

(Zuruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD])

Insofern könnte man mit der Einführung moderner Technik auch an diesen Stellen flüchtigen Terroristen und Schwerstkriminellen wesentlich schneller auf die Spur kommen. Aber auch das will die Ampel anscheinend nicht.

(Beifall bei der CDU/CSU – Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Unverantwortlich!)

Ich komme damit zu meinem zweiten Kritikpunkt. Sie führen mit dem Gesetzentwurf zwei Maßnahmen ein, die ein tiefes Misstrauen gegenüber der Bundespolizei zeigen und die die Polizisten in ihrer Arbeit behindern, einige sagen sogar: gefährden. Warum ist das so? Erstens führen Sie die individuelle Kennzeichnungspflicht ein. Das heißt, Sie wollen, dass künftig jeder Bundespolizist im Einsatz seine Dienstnummer oder gar seinen Namen auf der Uniform tragen muss. Sie begründen das scheinheilig mit Bürgernähe und Transparenz. Aber eigentlich sehen Sie in jedem Bundespolizisten einen potenziellen Anwender rechtswidriger Gewalt.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Das ist eine üble Unterstellung! Das ist Zersetzung!)

Sie haben in Ihrem Gesetzentwurf keine einzige belastbare Zahl vorgelegt, wie oft ein Bundespolizist nach einem Fehlverhalten nicht identifiziert werden konnte.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: So ist das!)

Dazu treffen Sie gar keine Aussage.

(Sebastian Hartmann [SPD]: Das ist eine üble Unterstellung! – Gegenruf des Abg. Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Der kann heute identifiziert werden, Herr Hartmann! Was soll das Ganze? – Gegenruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD]: Ihr zersetzt das Vertrauen in den Rechtsstaat!)

Für geschlossene Einsätze gibt es bereits die taktische Kennzeichnung. Diese Maßnahme ist im Ergebnis nicht notwendig.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Es kommt dazu – das vernehme ich auch hier aus den Zwischenrufen –,

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Getroffene Hunde bellen!)

dass Sie die Bundespolizisten selbst gar nicht ernst nehmen. Die befürchten nämlich eine Gefährdung ihrer selbst und ihrer Familien. Ihnen scheint das egal zu sein. Aber man sollte das nicht leichtfertig abtun.

(Marianne Schieder [SPD]: Unverschämtheit!)

Linksextremisten haben in der Vergangenheit schon Fotos von Berliner Polizisten im Netz veröffentlicht und zur Mitteilung von deren Privatadressen aufgefordert.

(Enrico Komning [AfD]: Genau so!)

Ihre falsche Schwerpunktsetzung sieht man auch daran, dass Sie für dieses ideologische Projekt 30 Millionen Euro einmalig, 900 000 Euro jedes weitere Jahr ausgeben und gleichzeitig im nächsten Haushalt die flächendeckende Anschaffung schusssicherer Helme und Westen für Terrorlagen versagt haben. Das, liebe Kolleginnen und Kollegen, nenne ich eine falsche Schwerpunktsetzung.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Ich darf noch auf die Einführung der sogenannten Kontrollquittung eingehen. Was ist das?

(Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Künftig muss jeder Bundespolizist bei jeder Personenkontrolle die kontrollierte Person auf ihr Recht hinweisen, dass sie eine Kontrollquittung erhalten kann. Auf Verlangen muss diese auch ausgestellt werden. Das wird die Arbeit unserer Bundespolizei im Alltag massiv beeinträchtigen.

(Michael Brand [Fulda] [CDU/CSU]: Misstrauen gegen die Polizei!)

Wir alle wissen genau, dass das sehr viel Zeit kostet und weniger Kontrollen stattfinden werden, weil in dieser Zeit nicht kontrolliert werden kann. Das ist das eine. Aber das Zweite ist: Mit dieser Kontrollquittung setzen Sie die Bundespolizisten permanent dem Verdacht aus, sie würden generell bestimmte Personengruppen verfassungswidrig diskriminieren, was man ja vorhin auch Ihren Ausführungen wunderbar entnehmen konnte. Ich sage Ihnen eins, Frau Faeser: Solche Folgen können Sie doch nicht wirklich ernsthaft wollen. Das hat mit Respekt vor den Bundespolizisten nichts zu tun.

(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)

Was kann man also zusammenfassend zu diesem Gesetzentwurf sagen? Die Ampel kann keine Sicherheit. Die Ampel ist selbst ein Sicherheitsrisiko. Sie versagt der Bundespolizei notwendige zeitgemäße Befugnisse. Sie – Sie alle zusammen – behindern sie aus ideologischen Gründen in ihrer Polizeiarbeit mit unnötiger Bürokratie. Wir werden diesen Gesetzentwurf daher ablehnen.

(Beifall bei der CDU/CSU – Enrico Komning [AfD]: Sehr gut! Wir auch! – Sebastian Hartmann [SPD]: Da wäre der Zwischenruf „Fake News“ noch ein Euphemismus! – Daniel Baldy [SPD]: Sie können sich auch an den Beratungen beteiligen!)

Ich möchte Sie darauf hinweisen, dass ich nach der nächsten Rednerin die Urnen für die namentliche Abstimmung schließe. Sollten Sie noch nicht abgestimmt haben, bitte tun Sie es jetzt.

Die nächste Rednerin ist für Bündnis 90/Die Grünen Dr. Irene Mihalic.

(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608418
Wahlperiode 20
Sitzung 157
Tagesordnungspunkt Neustrukturierung des Bundespolizeigesetzes
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