Gerrit HuyAfD - Bürgergeld - Fokus auf Arbeitsvermittlung
Herr Präsident! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Wir möchten, dass die Bundesagentur für Arbeit, abgekürzt BA, zukünftig wieder vermehrt arbeitsfähige Bürgergeldempfänger auch wirklich in Arbeit bringt.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Jobcenter sind dafür zuständig!)
Dazu gehört allerdings zuallererst, dass sie sich wieder auf diese Aufgabe konzentrieren kann und nicht gleichzeitig Sozialamt spielen muss. Das ist der Kern dieses Antrags.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es geht um die Jobcenter!)
In Zahlen ausgedrückt: Die 18 600 Arbeitsvermittler in den Jobcentern bringen gerade einmal 31 000 Bürgergeldempfänger in Arbeit. Das sind knapp 1,7 Vermittlungen pro Arbeitsvermittler im Jahr. Ein Vermittler kostet die BA 92 000 Euro im Jahr; hinzu kommen noch einmal 23 000 Euro Sachkosten. Die Vermittlung eines Bürgergeldempfängers durch die Jobcenter kostet damit rund 69 000 Euro. Das ist nicht nur extrem teuer; das ist angesichts des grassierenden Fachkräftemangels einfach nicht hinnehmbar.
(Beifall bei der AfD)
Dabei sind die Vermittler ganz und gar nicht faul. Im Gegenteil: Sie sind sehr bemüht, in der Regel auch sehr gut ausgebildet. Sie sind aber zeitlich massiv überstrapaziert durch Sozialaufgaben und Bürokratie; und das nimmt ihnen die Chance, sich zielgerichtet auf die Arbeitsvermittlung zu konzentrieren. Das ist aber dringend nötig: Im letzten Monat waren bei der BA noch immer über 700 000 unbesetzte Stellen gemeldet. Das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat ausgerechnet, dass mit den nicht bei der BA gemeldeten Stellen insgesamt 1,7 Millionen Arbeitsplätze heute nicht in Deutschland besetzt werden können. Dass davon überhaupt nur rund 40 Prozent bei der BA gemeldet werden, liegt unter anderem an den schlechten Erfahrungen, die die Unternehmen mit den Jobcenterkandidaten gemacht haben. Ein großer Teil von ihnen erscheint gar nicht erst zum verabredeten Vorstellungsgespräch oder erscheint nur deshalb, um sich eine entsprechende Bescheinigung abstempeln zu lassen.
So kann das Arbeitskräftepotenzial der Bürgergeldempfänger natürlich nicht gehoben werden. Dabei waren zuletzt fast 4 Millionen von ihnen erwerbsfähig gemeldet. Rein zahlenmäßig könnte damit der Arbeitskräftebedarf der Wirtschaft locker gedeckt werden. Qualifikationsmäßig sieht es zwar anders aus; aber es ist natürlich ein Witz, wenn es nicht mal gelingt, ein paar Hundert Kofferträger für die Flughäfen zu rekrutieren.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: 1,7 Millionen sind arbeitslos!)
Woran liegt es? Schauen wir einmal genauer hin.
Der erste Grund: Es sind längst nicht alle, die offiziell als arbeitsfähig geführt werden, auch tatsächlich arbeitsfähig. Dies gilt vor allen Dingen für drei große Gruppen: Kranke, die aufgrund ihrer Erkrankung langfristig nicht arbeitsfähig sind; das trifft auf etwa 400 000 Bürgergeldempfänger zu.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: „Langfristig“ heißt länger als zwei Wochen!)
Mütter oder Väter, die wegen der Betreuung ihrer teilweise auch kranken oder behinderten Kinder zeitlich unabkömmlich sind. Sowie drittens Bürgergeldempfänger, die wegen der Pflege von Familienangehörigen dem ersten Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Gruppe 2 und 3 addieren sich auf weitere 280 000 Bürgergeldempfänger, sodass insgesamt fast 700 000 der sogenannten erwerbsfähigen Bürgergeldempfänger faktisch nicht erwerbsfähig sind. Hier ist allenfalls Sozialarbeit angesagt, aber keine Vermittlungsarbeit.
Damit sich die Jobvermittler wieder auf ihre ureigenste Aufgabe konzentrieren können, wollen wir diese Bürgergeldempfänger unter Wahrung ihrer finanziellen Ausstattung in die örtlichen Sozialämter überführen. Für Menschen, insbesondere aus Gruppe 2 oder 3, die nach Beendigung ihrer Betreuungsarbeit wieder im ersten Arbeitsmarkt tätig werden können, soll ein schneller Wechsel zurück ins Bürgergeld ermöglicht werden.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Zusätzliche Bürokratie!)
Hierfür sind halbjährliche Prüfungen vorgesehen. Selbstverständlich können sich Betroffene auch jederzeit selbst wieder bei den Jobcentern melden. Kurz gesagt: Diejenigen, die arbeiten können, sollen auch tatsächlich arbeiten, und diejenigen, die das aus nachvollziehbaren Gründen auf lange Sicht nicht können, erhalten künftig Sozialhilfe.
Der zweite Grund für die schlechten Vermittlungsergebnisse: Bildungsmaßnahmen, welcher Art auch immer, gehen zurzeit der Arbeit vor. Dabei ist längst bekannt, dass viele dieser Maßnahmen überhaupt nichts bringen. Wir wollen deswegen eine Erfolgskontrolle installieren,
(Zuruf des Abg. Jens Teutrine [FDP])
mit der festgestellt werden kann, ob eine Maßnahme unmittelbar in Arbeit führt.
(Beifall bei der AfD)
Wenn sich herausstellt, dass das nicht der Fall ist, wird diese Maßnahme gestrichen.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das steht schon im Gesetz!)
In der Wirtschaft anerkannte Ausbildungs- und Weiterbildungsmaßnahmen sollen auch in Zukunft durchgeführt werden können – mit der Maßgabe selbstverständlich, dass am Arbeitsmarkt auch wirklich ein Bedarf dafür vorhanden ist.
Und der dritte Grund für die unzureichende Vermittlung in Arbeit: Bei vielen Bürgergeldempfängern besteht nur ein geringes Interesse an Arbeit, speziell an Arbeit im ersten Arbeitsmarkt.
(Kai Whittaker [CDU/CSU]: Worauf stützen Sie denn diese Tatsache?)
Denn etwa ein Drittel von ihnen, so schätzt der Linzer Wirtschaftsprofessor Friedrich Schneider, arbeitet schwarz. Bei aktuell 3,98 Millionen erwerbsfähigen Bürgergeldempfängern – Stützebeziehern –
(Zuruf des Abg. Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
bedeutet das: 1,33 Millionen von ihnen arbeiten schwarz.
Bei Schwarzarbeit zahlen weder Arbeitgeber noch Arbeitnehmer Steuern, was eine Straftat ist. Es werden aber auch keinerlei Sozialabgaben bezahlt. Krankenversichert sind die Arbeitnehmer dann trotzdem über das Bürgergeld, wobei Steuerzahler und Krankenversicherungsbeitragszahler nicht nur für die braven Bürgergeldempfänger, sondern auch für die Schwarzarbeiter zur Kasse gebeten werden.
Rentenversichert sind die Schwarzarbeiter allerdings nicht. Aber auch das macht vielen nichts aus, weil sie im Alter übergangslos von der Grundsicherung für Arbeitsuchende in die Grundsicherung im Alter wechseln können. Das sind unhaltbare Zustände für unsere Gesellschaft, denen wir am besten dadurch begegnen können, dass wir diese Menschen schnell wieder in den offiziellen Arbeitsmarkt bewegen.
(Beifall bei Abgeordneten der AfD)
Dann können sie auch ihren gesellschaftlichen Beitrag erbringen und müssen nicht länger von den braven Bürgern ausgehalten werden.
Für uns heißt das: Vermittlung in Arbeit muss wieder Vorrang haben vor allen anderen Maßnahmen. Laut dem Essener Sozialdezernenten Peter Renzel folgen aber nur noch die Hälfte der arbeitsfähigen Bürgergeldempfänger den Einladungen der Jobcenter. Bei den Jüngeren sind es sogar weniger als 40 Prozent. Damit das besser wird, sollen die früheren Sanktionen wieder eingesetzt werden, soweit unsere Verfassung das zulässt. Wer dann trotzdem nach sechs Monaten nicht in einem Job von mindestens 20 Wochenstunden gelandet ist, wird zu gemeinnütziger Bürgerarbeit von 15 Wochenstunden verpflichtet. Wird auch die Bürgerarbeit verweigert, gibt es den Leistungsbezug nur noch über die Bezahlkarte, die auf Sachleistungen abstellt.
(Dr. Wolfgang Strengmann-Kuhn [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sozialrechtlich illegal! – Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wir gehen davon aus, dass dies ein echter Jobturbo ist und nicht nur ein herbeigeträumter.
(Beifall bei der AfD)
Aber nicht nur auf dem Arbeitsmarkt führt dies zu Entlastungen, –
Frau Kollegin, kommen Sie zum Schluss, bitte.
– auch im Steuersäckel wird ein Viertel der Bürgergeldkosten, der Kosten der Unterbringung, auch der Krankenkassenkosten gespart.
Frau Kollegin, kommen Sie bitte zum Schluss.
Insgesamt kommt man damit auf einen Betrag von 16 bis 18 Milliarden Euro. Das ist doch mal ein Grund.
Danke schön.
(Beifall bei der AfD)
Nächste Rednerin ist die Kollegin Annika Klose, SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608450 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 157 |
Tagesordnungspunkt | Bürgergeld - Fokus auf Arbeitsvermittlung |