Daniel RinkertSPD - Neufassung der 37. VO zur Durchführung des BImSchG
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen wir mal wieder ein paar Fakten und Tatsachen sprechen. Sorgen wir dafür – darauf warten sehr viele –, dass wir hier mit dieser Verordnung den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft unterstützen! Wir haben mitbekommen: Die Union ist dagegen!
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Henning Rehbaum [CDU/CSU]: Hä? – Björn Simon [CDU/CSU]: Wo war er denn gerade?)
Vielleicht erst mal zur Einordnung und Erläuterung: Worüber sprechen wir heute eigentlich? Denn das ist natürlich schon ein sehr komplexes Thema. Erneuerbare Kraftstoffe nichtbiogenen Ursprungs sind solche, die nicht aus biologischen Quellen, zum Beispiel Pflanzen, gewonnen werden. Stattdessen werden sie aus nichtbiologischen Rohstoffen hergestellt, die erneuerbar sind, zum Beispiel Wasserstoff oder eben auch synthetische Kraftstoffe. Diese erneuerbaren Kraftstoffe nichtbiogenen Ursprungs sind wichtig, um die Abhängigkeit von fossilen Kraftstoffen zu reduzieren und den Übergang in eine nachhaltige Energiezukunft zu unterstützen.
Die Verordnung ist ein weiterer Baustein, um den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft zu beschleunigen. Viele Unternehmen – ich habe mit denen gesprochen – haben entsprechende Projekte und Anlagen bereits geplant und können und werden diese jetzt umsetzen und wuchtige Investitionen in Deutschland stemmen, und das ist auch gut so.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ja! Noch mehr Geldverschwendung!)
Im Verordnungstext wurde ein Anrechnungsfaktor von 3 für alle Arten von erneuerbaren Kraftstoffen nichtbiogenen Ursprungs gewählt. Also, das wird auf die THG-Quote angerechnet. Aber was ist denn die THG-Quote? Was sind Anrechnungsfaktoren? Die THG-Quote, also die Treibhausgasminderungsquote, verpflichtet Anbieter, die CO2-Emissionen, die über ihre Kraftstoffe entstehen, entsprechend zu senken.
Dieser Anrechnungsfaktor in der THG-Quote ist ein Wert, der angibt, wie viel erneuerbare Energie oder fortschrittliche Biokraftstoffe zur Erfüllung der gesetzlichen Anforderungen zur Reduzierung von Treibhausgasemissionen angerechnet werden können. Die THG-Quote ist also eine Maßnahme, um den Anteil erneuerbarer Energien oder fortschrittlicher Biokraftstoffe im Verkehrssektor zu erhöhen und damit die Treibhausgasemissionen zu reduzieren.
Ein höherer Anrechnungsfaktor bedeutet, dass mehr erneuerbare Energie oder fortschrittliche Biokraftstoffe zur Erfüllung der THG-Quote verwendet werden können. Durch den eben erwähnten Faktor 3 wird somit die Voraussetzung für die wirtschaftliche Erzeugung von grünem Wasserstoff geschaffen und damit direkt der Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft weiter vorangetrieben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP – Lachen bei Abgeordneten der AfD – Dr. Dirk Spaniel [AfD]: Das ist ein Hohn!)
– Lassen Sie sich das doch einfach mal von Expertinnen und Experten erklären!
(Andreas Bleck [AfD]: Ja, aber Sie sind kein Experte!)
Aber Sie glauben ja nicht den Fakten; das wissen wir ja schon.
Neben den weitreichenden Fortschritten in dieser Verordnung möchte ich noch ansprechen, dass mich in den vergangenen Wochen im Zusammenhang mit dieser Thematik zahlreiche Fragestellungen erreicht haben; meine Kollegin Tessa Ganserer ist eben schon darauf eingegangen. Ich möchte die Gelegenheit nutzen, einige Mythen, die im Umlauf sind, zu widerlegen.
Der erste Mythos ist: Durch co-HVO – die Erfüllungsoptionen, die wir jetzt wieder möglich machen – wird der Biokraftstoffbranche die Geschäftsgrundlage entzogen. Dem ist nicht so: Co-HVO ist in vielen Mitgliedstaaten der EU zur Quotenerfüllung bereits zugelassen. Dieses Co-Processing wird zwar in Anlagen in Deutschland bereits betrieben; aber das sogenannte co-HVO wird jedoch mangels Anrechnung auf die THG-Quote hier nicht eingesetzt.
Wichtig ist auch, zu wissen, dass mit der Revision der RED II der Anwendungsbereich der THG-Quote – bisher nur im Straßenverkehr – zukünftig eben auf alle Verkehrsträger, also inklusive Luft und Seefahrt, ausgeweitet wird, was die Nachfrage nach Biokraftstoffen im Vergleich zum Status quo um etwa 20 bis 25 Prozent steigern wird. Sie sehen also: Die Geschäftsgrundlage für die Biokraftstoffbranche ist weiterhin gegeben.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP und der Abg. Tessa Ganserer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ein weiteres Thema ist der Preisverfall bei den THG-Quoten. Es wird gesagt – das ist der zweite Mythos –, das sei nur so, weil eben aus China importiert wird. Ja, es stimmt: Die Preise sind stark gefallen. Aber das hat viele Ursachen und nicht nur einen einzigen Grund. Und wichtig ist auch: Die Preise sind ja nicht nur in Deutschland gefallen, sondern in ganz Europa.
Marktbeobachter nennen drei entscheidende Gründe dafür: erstens der weltweite Zubau von Produktionskapazitäten, zweitens Maßnahmen in anderen EU-Mitgliedstaaten, welche die Nachfrage senken bzw. das Angebot erhöhen, und drittens der grundsätzlich geringere Biodieselabsatz aufgrund der internationalen wirtschaftlichen Lage.
In diesem Zusammenhang, meine Damen und Herren, werden auch immer wieder Betrugsvorwürfe gegen in China produzierte und nach Europa exportierte fortschrittliche Biokraftstoffe vorgebracht. Um es auch hier noch mal deutlich zu sagen: Das sind Vorwürfe, die bislang nicht vollständig verifiziert werden konnten.
(Christian Hirte [CDU/CSU]: Aha! Nicht vollständig!)
Der dritte Mythos ist, die Bundesregierung tue nichts dagegen. Das ist nicht der Fall: Die Bundesregierung hat umgehend reagiert und die notwendigen Überprüfungen zur Aufklärung dieser Vorwürfe eingeleitet. Zusätzliche Sonderkontrollen führten zum Entzug erteilter Zertifikate für Biokraftstoffproduzenten im Ausland.
Wichtig ist, dass wir das nicht national, sondern europäisch regeln. Wir müssen dafür sorgen – und deshalb ist es gut, dass die Regierung darüber mit der Kommission im Austausch ist –, dass wir Änderungen am EU-Recht herbeiführen. Aber bisher ist es so, dass die EU-Kommission sich noch nicht geäußert hat, ob sie das machen wird.
(Dr. Christoph Ploß [CDU/CSU]: Das stimmt!)
Meine Damen und Herren, es ist unbestritten, dass aus China große Mengen an Biokraftstoffen kommen, deren Preise weit unterhalb des üblichen Niveaus liegen und die somit hiesige Produzenten schädigen. In der Entschließung der Ampel haben wir dieses Thema umfassend aufgegriffen und fordern die Bundesregierung dazu auf, sich gegenüber der EU-Kommission für eine Verbesserung der Betrugsprävention einzusetzen. Ebenso soll geprüft werden, was man jetzt schon innerhalb des europäischen Rechts machen kann.
Meine Damen und Herren, mit dem heutigen Beschluss unterstützen wir somit zum einen den Hochlauf der Wasserstoffwirtschaft und die Transformation der Raffinerien und stärken damit das Wirtschaftswachstum in Deutschland. Und zum anderen adressieren wir in einer Entschließung die aktuellen Herausforderungen in der Biokraftstoffbranche. Also: Stimmen Sie der Verordnung und der Entschließung der Ampel zu!
Schönen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Der nächste Redner ist Dr. Dirk Spaniel für die AfD-Fraktion.
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608632 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 157 |
Tagesordnungspunkt | Neufassung der 37. VO zur Durchführung des BImSchG |