Stephan ThomaeFDP - Änderung des Aufenthaltsgesetzes
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Migrationspolitik ist ja in dieser Wahlperiode ein Dauerthema. Es ist ein Thema, das alle Menschen bewegt. Es gab dazu viele Gesetzentwürfe der Bundesregierung und auch viele Oppositionsanträge in dieser Wahlperiode. Manche waren merkwürdig oder überflüssig. Immerhin tut sich hier heute etwas Neues auf, eine Vorlage, die sich nicht wiederholt.
Sie greifen in Ihrem Gesetzentwurf eine Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 25. Mai letzten Jahres auf. Darin steht in der Tat, dass nach § 11 Aufenthaltsgesetz ein Einreise- und Aufenthaltsverbot nur dann ausgesprochen werden kann, wenn der Ausländer schon mal in Deutschland war und ausgewiesen oder abgeschoben worden ist. Wenn aber der Ausländer erstmalig einreisen will, kann kein Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Aufenthaltsgesetz verhängt werden. So weit, so gut.
(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Das haben wir schon dreimal gehört!)
Wenn jetzt aber der Eindruck erweckt werden soll, dass man Ausländer, die zum Beispiel gefährliche Straftäter sind, quasi sehenden Auges einreisen lassen muss, dann stimmt das nicht. Dem Eindruck muss man schon entgegenwirken. Es ist keineswegs so, dass es da keine Möglichkeiten gäbe. Denn vier Paragrafen weiter ist zu lesen – ich zitiere auszugsweise § 15 Absatz 2 Satz 3 Aufenthaltsgesetz –, dass ein Ausländer „an der Grenze zurückgewiesen werden“ kann, wenn „er die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet der Vertragsparteien nach Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nicht erfüllt“. Wenn man in Artikel 6 des Schengener Grenzkodex nachschaut, dann stellt man fest: Dort stehen die Einreisevoraussetzungen für Drittstaatsangehörige. Da heißt es – ich zitiere wieder auszugsweise, und zwar Absatz 1 unter Buchstabe d,
(Lamya Kaddor [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird es kompliziert!)
dass eine solche Person „nicht im SIS“ – Schengener Informationssystem – „zur Einreiseverweigerung ausgeschrieben sein“ darf oder – Buchstabe e ist der entscheidende Punkt – „keine Gefahr für die öffentliche Ordnung, die innere Sicherheit ... eines Mitgliedstaats darstellen“ darf.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP, der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Boris Mijatović [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Logisch! Perfekt!)
Das ist eigentlich der Fall, über den Sie hier reden. Jetzt ist mir schon klar: Das ist kein Einreise- und Aufenthaltsverbot. Das ist schon richtig. Aber aus der Verweisung geht doch hervor, dass man einen Ausländer zurückweisen kann, wenn er eben eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung eines Mitgliedstaates darstellt.
(Philipp Amthor [CDU/CSU]: Ich erspare die Zwischenfrage nur aufgrund der fortgeschrittenen Zeit!)
Ich weiß nicht, ob Sie sich diese Verweise bei der Erarbeitung Ihres Gesetzentwurfs genauer angeschaut haben. Ich bin ja immer an neuen Überlegungen interessiert. Wir überweisen heute Ihren Gesetzentwurf an den Ausschuss. Ich glaube, dass sich das Problem, das Sie im Gesetzentwurf formuliert haben, in der Praxis nicht stellt und mit der Verweisung, die ich Ihnen vorgetragen habe, lösen lässt.
Ich freue mich auf die Beratungen. Wir schauen uns Ihren Gesetzentwurf genau an und diskutieren darüber. Ich glaube aber, dass sich Ihr Problem in praxi so gar nicht stellt und dass wir durchaus die Möglichkeiten haben, potenziell gefährliche Ausländer zurückzuweisen, so wie Sie es gerne hätten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das war ja schon fast ein juristisches Seminar, Herr Kollege Thomae. – Nächste Rednerin ist die Kollegin Mechthilde Wittmann, CDU/CSU-Fraktion.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608643 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 157 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Aufenthaltsgesetzes |