14.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 157 / Tagesordnungspunkt 19

Helge LindhSPD - Änderung des Aufenthaltsgesetzes

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Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Amthor, Sie sind ja umfassend gebildet. Sie kennen gewiss auch Sigmund Freud. Und das Schöne ist, dass Freud deutlich gemacht hat, dass man sich auf wunderbar freudianische Weise gerne selbst verrät. Wenn Sie eben so stolz gesagt haben, dass es der CDU/CSU hier überhaupt nicht darum gehe, die Ampel vorzuführen,

(Philipp Amthor [CDU/CSU]: ... dann ist das wahr!)

haben Sie genau ausgesprochen, was Sie eigentlich machen wollen. Sie machen es nicht nur schlecht und dumm, Sie machen es auch noch ungeschickt.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Ich muss schon sagen: Es ist auch schon fast böswillig und unredlich, dass Sie in Ihrer Rede den Eindruck erweckt haben, dass – ich zitiere – „Ampeldeutschland“ es darauf ausgelegt hätte, dass es diese Rechtslücke gibt.

(Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Die schließen Sie doch nicht!)

Nur, „Ampeldeutschland“, wie Sie es nennen, hat diese Rechtsgrundlage überhaupt nicht geschaffen. Das war Merkel-Deutschland. Das hat die CDU/CSU gemacht; es waren durchgängig Ihre Innenminister.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Philipp Amthor [CDU/CSU]: Nein, das ist doch Quatsch! In Ihrer Regierungszeit ist dieses Urteil gekommen!)

Sie üben mit dem Gesetzentwurf also Selbstkritik, die ich von Ihnen so nicht kenne. Aber warum beschäftigen Sie uns damit?

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Moritz Oppelt [CDU/CSU]: Weil Sie jetzt an der Regierung sind!)

Sie sind ja – und ich respektiere das – sozusagen der Parlamentsstreber

(Heiterkeit bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

und machen oft anregende juristische Ausführungen. Ich wünsche mir aber, Sie wären ganzheitlicher Parlamentsstreber und würden auch andere Bereiche der Wissenschaft mitdenken, zum Beispiel politische Rhetorik oder Politikwissenschaft, Diskurssemantik. Wenn man aber systematisch von „gefährlichen Ausländern“ spricht, dann verhält man sich unredlich und unsauber; denn Sie erzeugen damit ganz bewusst ein Bild.

(Beifall bei der SPD)

Es geht Ihnen nicht um die sachliche Aufarbeitung einer Gesetzeslücke, sondern Sie nutzen das als ziemlich billige Gelegenheit, den Eindruck zu erwecken, als würden massenhaft Taliban und politische Extremisten an unseren Grenzen stehen.

(Beifall bei der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was ist denn Ihr Problem?)

Sie widerlegen auch Ihre eigenen Sachverständigen.

(Marc Henrichmann [CDU/CSU]: Aber es gab doch noch keine Anhörung!)

Von der CDU/CSU regelmäßig eingeladene Sachverständige weisen im Verfassungsblog und anderswo nach, dass es eben nicht so einfach möglich ist, an Grenzen zurückzuweisen, dass Einreisesperren aufgrund europäischen Rechts, aufgrund des Rückweisungsverbotes, der Flüchtlingskonvention, europäischer Richtlinien usw. nicht einfach so möglich sind; sie stellen das infrage. Dieselben Sachverständigen, die Sie regelmäßig eingeladen haben, weisen darauf hin, dass es doch kein Zustand sein kann, im Schengenraum permanent Binnengrenzkontrollen zu machen bzw. die Binnengrenzen zuzumachen.

(Christoph de Vries [CDU/CSU]: Wissen Sie noch, wo Sie sind?)

Aber wer das, was Sie wollen, umsetzen will, der muss genau das tun: Der muss permanent kontrollieren und unsere ganzen Grenzen schließen. Dann kann man Europa abschaffen. Wir wollen Europa aber nicht abschaffen.

(Zuruf von der CDU/CSU: Das sagt doch keiner!)

Und wenn die EU Europa abschaffen will, sollten Sie Frau von der Leyen Bescheid sagen; denn dann ist sie künftig arbeitslos.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Hä?)

Lassen Sie solche Scheinanträge, solchen verdeckten Populismus! Das Innenministerium prüft sachlich den Tatbestand und das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts und bringt das sogar – und das ist der Unterschied zwischen dem Innenministerium dieser Ampel und Ihnen – in eine Arbeitsgruppe mit den Ländern ein.

Herr Kollege, kommen Sie zum Schluss, bitte.

Wenn Ihnen das Thema so wichtig wäre, hätten Ihre Ministerpräsidenten es in der MPK aufs Tableau bringen können. Sie haben es nicht getan. Das ist also ein billiges Manöver, von Freud entlarvt.

Guten Abend!

(Beifall bei der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was war denn das jetzt?)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608646
Wahlperiode 20
Sitzung 157
Tagesordnungspunkt Änderung des Aufenthaltsgesetzes
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