Dorothee BärCDU/CSU - Internationaler Frauentag
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Frau Staatssekretärin! Eigentlich hätten wir diese Debatte zum Weltfrauentag schon vor drei Wochen führen sollen. Vor drei Wochen wäre auch der richtige Zeitpunkt gewesen. Die Debatte war angesetzt, und dann wurde sie verschoben, weil es für diese Bundesregierung natürlich so viel Wichtigeres gab: Statt sich für Frauenrechte einzusetzen, mussten wir ja Cannabis legalisieren.
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Oah! – Anke Hennig [SPD]: Frau Bär, also ehrlich!)
Ich finde, das zeigt ganz deutlich, welche Prioritäten diese Bundesregierung setzt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anke Hennig [SPD]: Das kann doch nicht Ihr Ernst sein! – Zuruf der Abg. Gyde Jensen [FDP])
Was sagt uns das? Man kann sich hierhinstellen und sagen: Wir brauchen starke Frauen. – Frau Deligöz, eigentlich sind wir da schon ein Stück weiter. Keiner sagt: Wir brauchen starke Männer. Das ist eigentlich so 80er-Jahre-Wording, was Sie hier gebracht haben.
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Anke Hennig [SPD]: Eine Frechheit!)
Also, was sagt uns das? Frauenrechte, Frauengesundheit, Frauenarmut, das sind die ganz drängenden Themen, die dringend angegangen werden müssen. Sie legalisieren eine Droge – übrigens auch ein Schlag ins Gesicht von vielen Frauen, vor allem von Müttern, die Angst um ihre Kinder haben –,
(Widerspruch bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
und das ist Ihre Prioritätensetzung.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der AfD)
Also reine, eiskalte Klientelpolitik.
Wir priorisieren einfach anders. Uns geht es um den Schutz von Frauen vor Gewalt, um die Gleichstellung von Männern und Frauen, um die Sorgen von Müttern, um das Thema Chancengleichheit, darum, dass wir es endlich schaffen, die Lohnlücke zu schließen. Deswegen werden wir heute als Politikerinnen und Politiker der Union da wesentlich deutlicher als Sie.
Und da Sie jetzt sagen, die Ministerin sei in New York – angeblich ist sie schon weiter auf dem Weg nach Washington –: Sie wussten das doch. Warum verschieben Sie die Debatte, wenn Sie wissen, dass die Ministerin überhaupt nicht da ist? Das passt doch alles überhaupt nicht zusammen. Von daher: Sehr spannend.
(Beifall bei der CDU/CSU – Anke Hennig [SPD]: Reden Sie doch mal zum Thema! – Leni Breymaier [SPD]: Das macht doch das Parlament, nicht die Regierung!)
Was erleben wir momentan? Wir erleben, dass der Kampf gegen die weibliche Genitalverstümmelung nicht vorankommt. Wir haben nach Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks mehr als 230 Millionen Mädchen und Frauen weltweit, die diese brutale Prozedur durchlaufen müssen – leider auch in Deutschland –, Tendenz steigend.
(Gyde Jensen [FDP]: Diese Bundesregierung fordert den Kampf gegen weibliche Genitalverstümmelung! Das haben Sie nicht getan!)
Viele erleben das vor dem fünften Geburtstag. Fakt ist, dass sexualisierte Gewalt in Konflikten massiv zugenommen hat. Zur Stunde üben rund 50 Staaten und nichtstaatliche Akteure geschlechtsspezifische Gewalt aus. Auch Monate nach dem Massaker der Hamas in Israel erfahren wir immer neue Berichte über verstörende sexuelle Gewalttaten gegen Frauen und Männer. Ich würde mir wirklich wünschen – ich habe das hier schon öfter gesagt, und ich meine das auch ganz ernst –, dass diese feministische Außenpolitik mehr mit Leben gefüllt wird.
(Zuruf vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Ja, so wie vorher!)
Der Blick auf die Welt hat sich ja jetzt verschoben. Ich finde es schade, dass inzwischen nur noch so wenig über den Iran gesprochen wird. Wenn wir es damals auch vonseiten der Bundesregierung besser hinbekommen hätten, „Frau, Leben, Freiheit“ stärker als Momentum zu nutzen, wenn wir da wesentlich stärker vorangegangen wären, wenn wir die Revolutionsgarden viel härter angegangen wären, wäre es so vielleicht gar nicht zum 7. Oktober gekommen. Das sind keine rechtlichen Entscheidungen, sondern politische, und die sind an der Stelle einfach falsch.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und es geht nicht nur um die Frauen auf der ganzen Welt. Es geht natürlich ganz besonders um die Frauen im eigenen Land. Es geht um die Frauen, die mitten unter uns – in unserer Gesellschaft, im familiären Raum, im öffentlichen Raum – Gewalt erfahren. Die Frauenhäuser sind hoffnungslos überfüllt. 6 800 Frauenhausplätze haben wir, 14 000 fehlen. 400 Frauenhäuser haben wir, doppelt so viele bräuchten wir. Wir als CDU/CSU-Bundestagsfraktion haben eine Kleine Anfrage gestartet, und was war die Antwort von Staatssekretär Lehmann? Mit sage und schreibe 90 Millionen Euro hat er in den letzten drei Jahren 349 Plätze neu schaffen können – von 21 000, die wir bräuchten. Auch das sind keine Zahlen, die Sie zufriedenstellen können.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das kann doch nicht das Niveau sein, das Sie erreichen wollen. Das kann mir doch niemand erzählen.
Wir hören von Ihnen immer: Ja, wir laden doch zu Runden ein. Wir arbeiten an einer Strategie. – Das sagen Sie immer, zum Beispiel bezüglich einer Strategie gegen Menschenhandel, von der bis heute noch nie jemand was gehört hat. Sie sprechen immer von einer Vielzahl an Maßnahmen, aber das Bundesförderprogramm „Gemeinsam gegen Gewalt an Frauen“ lassen Sie zum 31. Dezember 2024 auslaufen – aus, Ende. Ihre ganze Politik passt einfach nicht zusammen.
Zum geplanten nebulösen Gewalthilfegesetz streuen Sie selektiv ein paar Eckpunkte, so nach dem Motto: Ein paar Brotkrumen für die Opposition, da wird schon keiner genau nachfragen. – Das ist doch keine stringente Frauenpolitik. Das prangern wir wirklich an.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Bund muss sich beim Ausbau der Hilfesysteme auch an den Kosten beteiligen. Machen Sie es nicht, wie Sie es immer machen, dass Sie es wieder den Ländern hinkippen und sagen: Die müssen alles machen. Ziehen Sie sich nicht mit Tricks aus der Verantwortung. Handeln Sie endlich mal.
Ich würde mich freuen – ich hätte es Frau Paus heute gerne selber gesagt, wenn sie denn da gewesen wäre –, wenn wenigstens ein einziges Mal zu spüren wäre, dass sie bei einem einzigen Projekt, bei einem Thema wirklich dahintersteht. Das geht nicht nur uns so; das geht auch Bürgerinnen und Bürgern so. Jedes Mal heißt es: Diese Bundesfamilienministerin kennen wir überhaupt nicht. – Das ist schade.
(Martin Reichardt [AfD]: Das ist vielleicht ganz gut so, dass die keiner kennt!)
Das geht Journalisten so. Das geht Kolleginnen und Kollegen so.
Ich würde mich freuen, einmal hier stehen und sagen zu können: Da haben Sie mal was gut gemacht. – Ich ärgere mich auch, dass ich dauernd schimpfen muss. Machen Sie einmal ein Projekt richtig.
(Zurufe von der SPD)
Dann würden wir Sie auch mal loben, dass was vorangeht. So klappt es nicht mit den Frauen.
Deswegen sage ich Ihnen – das ist auch an Sie gerichtet, Frau Staatssekretärin –: Wir brauchen nicht nur starke Frauen, wie Sie meinen, sondern wir brauchen Frauen, die auch mal was in die Umsetzung bekommen.
Ganz herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Als Nächste hat das Wort für die SPD-Fraktion Josephine Ortleb.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608690 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Internationaler Frauentag |