Bijan Djir-SaraiFDP - Internationaler Frauentag
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich bin sehr dankbar, bei dieser wichtigen Debatte heute mitzuwirken. Mir ist es wichtig, bei dieser Gelegenheit vor allem an jene Frauen zu erinnern, die sich weltweit für Frieden, Freiheit und Demokratie einsetzen.
(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Vor einigen Wochen, auf der Münchner Sicherheitskonferenz, habe ich eine junge Frau kennengelernt, die bei Demonstrationen im Iran durch die barbarische Vorgehensweise der Sicherheitskräfte ein Auge verloren hat.
(Abg. Dr. Gesine Lötzsch [Die Linke] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Diese mutige Frau sagte mir, sie habe zwar ein Auge verloren, werde aber eines Tages mit dem anderen Auge den Sieg der Freiheit sehen. Sie sagte, dass der Kampf für die Freiheit, für Menschenrechte, für Bürgerrechte und für die Demokratie bis zum Untergang der Diktatur weitergehen wird.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Das ist beeindruckend, und das ist heute kein Einzelfall im Iran.
Herr Djir-Sarai, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Frau Lötzsch?
Ich habe ja noch nicht mal mit der Rede angefangen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja! Aber wirklich!)
Sie hat sich gemeldet. Sie müssen nicht.
Bitte.
Herzlichen Dank, dass Sie die Zwischenfrage bzw. -bemerkung zulassen. – Und ich finde es auch sehr gut, dass Sie als Mann in dieser Debatte hier das Wort ergreifen; denn über alle Gesetze, auch über Gesetze, die ausschließlich Frauen betreffen, stimmen ja auch Männer hier im Bundestag mit ab.
(Dorothee Bär [CDU/CSU]: Ach so!)
Das wäre ja auch eine Frage, die man mal diskutieren könnte.
(Lachen bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der FDP – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Was? – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sie hat das repräsentative Prinzip nicht verstanden! Sie stellt es infrage! – Enrico Komning [AfD]: Das war ja wohl ein Scherz!)
Da Ihre Redezeit kurz ist, will ich an dieser Stelle die Frage stellen, ob Sie wahrgenommen haben, dass in unserem Nachbarland Frankreich
(Enrico Komning [AfD]: Die sind verfassungswidrig da hinten!)
das Recht auf Abtreibung in die Verfassung aufgenommen wurde. Da Ihre Partei ja auch den Justizminister stellt: Würden Sie diese Position unterstützen?
(Beifall bei der Linken – Dorothee Bär [CDU/CSU]: Er redet gerade über Iran! Was ist das denn? – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist wirklich eine Unverschämtheit!)
Liebe Frau Kollegin, normalerweise hat man ja auf jede Frage eine Antwort. Aber es gibt Fragen, die einen fassungslos zurücklassen.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Aber wirklich! Peinlich ohne Ende!)
Ich bin hier nach vorne gekommen, um bewusst bei dieser Debatte über ein wichtiges Thema zu reden, nämlich über die Rolle der Frau vor allem im Nahen und Mittleren Osten.
(Yvonne Magwas [CDU/CSU]: Ja! Das ist wichtig!)
Denn dort werden Frauen unterdrückt.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja!)
Dort kämpfen Frauen. Dort nehmen es Frauen in Kauf, ins Gefängnis zu gehen, gefoltert zu werden, sogar ermordet zu werden. Und Sie stehen an dieser Stelle auf und stellen diese blöde Frage.
(Beifall bei der FDP und der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der AfD und der Abg. Susanne Mittag [SPD] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Richtig!)
Bei allem Respekt: Setzen Sie sich hin, und schämen Sie sich für diese Frage!
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Die einzig richtige Antwort war das!)
Meine Damen und Herren, Millionen Menschen kämpfen heute im Iran für ein freies Leben und für ein freies Land. Die politischen Machthaber der Islamischen Republik haben heute mehr Angst vor der Frauenbewegung als vor ihren innen- und außenpolitischen Gegnern. Über die Unterdrückung der Frau kontrolliert dieses Regime seit 1979 die gesamte Gesellschaft.
Wenn es einen großen Wandel im Iran oder im Nahen und Mittleren Osten geben sollte, dann wird er auf die mutigen Frauen zurückgehen, die seit Jahrzehnten für gesellschaftliche und politische Veränderungen kämpfen. Diese Frauen stehen an vorderster Front, wenn es darum geht, Veränderungen herbeizuführen.
Die Menschen im Iran wollen heute nicht die Reform der Islamischen Republik, sondern ihre komplette Abschaffung. Für dieses Ziel nehmen vor allem junge Frauen in Kauf, ins Gefängnis zu gehen, gefoltert zu werden, ja sogar vom Regime ermordet zu werden.
Es waren zunächst Frauen, die vor knapp zweieinhalb Jahren nach der Ermordung von Jina Mahsa Amini für ein Ende des verbrecherischen Mullah-Regimes auf die Straße gegangen sind, Frauen, die ihr Leben und ihre körperliche Unversehrtheit riskiert haben und weiterhin riskieren, um für die Freiheit zu demonstrieren. Genau das sind auch unsere Werte, meine Damen und Herren, und wir dürfen diese Frauen niemals vergessen. Diese Frauen haben unsere volle Solidarität und Unterstützung.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Mörder von Jina Mahsa Amini, die Folterer und die Verbrecher des Regimes, die weiterhin massenhaft eklatante Menschenrechtsverletzungen begehen, werden im heutigen Iran nicht zur Rechenschaft gezogen. Daher müssen diese Leute für ihre Verbrechen und Menschenrechtsverletzungen international zur Verantwortung und zur Rechenschaft gezogen werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP und der SPD)
Bürgerrechte, Menschenrechte, Freiheit und Demokratie: Für diese Werte haben viele Frauen im Iran alles riskiert. Diese Frauen dürfen wir niemals vergessen. Ihre Werte sind auch unsere Werte, und ihre Revolution ist auch unsere Revolution.
Meine Damen und Herren, Freiheit ist weiblich oder, wie die Kernaussage der Revolution lautet: Frau, Leben, Freiheit – Zan, Zendegi, Azadi.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Als Nächster hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Denise Loop.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608698 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Internationaler Frauentag |