Susanne MittagSPD - Internationaler Frauentag
Sehr geehrte Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Nun machen wir mal thematisch einen großen Schlenker. – Wer kennt sie nicht, unsere Bauernweisheit: „Melkt die Bäuerin die Kühe, hat der Bauer keine Mühe“? Diese Weisheit zeigt, es geht nicht ohne Frauen, ganz besonders im ländlichen Raum. Umso erstaunlicher ist es, dass das Wirken der Frauen in der Landwirtschaft und auch im Handwerk so gut wie unsichtbar ist.
Während mehr als ein Drittel der Arbeitskräfte in der deutschen Landwirtschaft Frauen sind, werden landwirtschaftliche Betriebe zu fast 90 Prozent von Männern geführt. In landwirtschaftlichen Betrieben gelten Frauen häufig als mithelfende Angehörige. Sie arbeiten in Bereichen wie Buchhaltung, Direktvermarktung oder Tourismus. Sie führen körperlich anstrengende Arbeiten auf dem Hof durch und leisten dazu noch Fürsorgearbeit in der nachfolgenden Generation und in der älteren Generation; eigentlich schmeißen sie den ganzen Laden.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Es wundert nicht, dass in der Landwirtschaft tätige Frauen häufiger als Frauen in anderen Berufsbranchen an Überlastung – und das ganz still – leiden. Und erst wenn es den Landwirtinnen dann wirklich schlecht geht oder sie ihren Partner, den Betriebsinhaber, verlieren, fällt oft auf, wie mangelhaft ihre soziale Absicherung ist. Ich erinnere an die Studie der Landfrauen, die wir hier auch schon debattiert haben.
Aber es sind die unternehmerischen Tätigkeiten der Frauen, die die ländlichen Räume beleben, Arbeitsplätze schaffen, die lokale Wirtschaft ankurbeln und positives Marketing auf den Höfen ermöglichen. Häufig leisten die Frauen all das neben ihrem ausgeprägten ehrenamtlichen Engagement.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Sie sind in jedem Falle systemrelevant, vor allem im ländlichen Raum.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Trotzdem ist die Lebenssituation von Frauen in der Landwirtschaft heute immer noch von Ungleichheit und Zugangsbarrieren aufgrund sehr alter Rollenbilder geprägt.
Und wenn es hier schon um tradierte Rollenbilder geht, sollten wir auch einen Blick auf die im Handwerk beschäftigten Frauen werfen; denn ihr Anteil liegt – kaum zu glauben! – nur bei etwa 10 Prozent. Wir reden hier gerade von der Hälfte der Bevölkerung, will ich nur mal sagen. Und es überrascht nicht, dass die meisten Frauen in kreativen Handwerksberufen beschäftigt sind und kaum in gewerblich-technischen.
Immerhin gibt es viele Bemühungen im Handwerk, um Frauen mehr in Tätigkeiten zu bekommen, die außerhalb der klassischen Rollenbilder liegen, sei es durch Praxistage, Zukunftstage, Mentoringprogramme oder die Förderung von Mädchen in MINT-Berufen.
In der Landwirtschaft fehlen diese Programme fast gänzlich, obwohl sie wirken würden. Während im Handwerk fast jede vierte Frau ein Unternehmen führt, wenn auch eher im kreativen Bereich, liegt der Anteil der Frauen bei der Unternehmensführung in der Landwirtschaft nur bei 11 Prozent. Nur zur Erinnerung – noch mal: Es ist die Hälfte der Bevölkerung auch im ländlichen Bereich.
Auch im Jahre 2024 fällt die Bilanz, wie schon in den Jahren zuvor, am Internationalen Weltfrauentag für Frauen im ländlichen Raum nicht so dolle aus. Sie sind systemrelevant in der Landwirtschaft, im Handwerk. Aber sie stellen in der Unternehmensführung eine absolute Minderheit dar, obwohl sie in diesen Bereichen einen sehr großen Teil der Tätigkeiten ausüben.
Frauen müssen vor allem auf dem Lande sichtbarer werden; denn sie sind die starken Kräfte in der Entwicklung unserer ländlichen Räume, über die wir hier ja auch immer reden. Eine geschlechtergerechte Absicherung, mehr Beratung und Aufklärung, eine gerechte Aufteilung der Fürsorgearbeit auch dort und eine Unterstützung von selbstständigen Frauen sind die Aufgaben, deren wir uns als Politik, aber deren sich auch ganz besonders die landwirtschaftlichen Verbände und Institutionen endlich mehr annehmen müssen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Wir gehen diesen Schritt für gleiche Rechte und Chancen für die Frauen in der Landwirtschaft, im Handwerk und in weiteren grünen Berufen, damit ihr Wirken überall sichtbar wird. Denn wir wollen nicht nur den halben Kuchen, wir wollen die halbe Bäckerei.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Anne Janssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608708 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 158 |
Tagesordnungspunkt | Internationaler Frauentag |