15.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 158 / Zusatzpunkt 5

Philipp HartewigFDP - Bekämpfung linksextremistischer Gewalt

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vielen Debatten und Anträgen zum Thema Extremismus in diesem Haus ist ja leider ein eher beschauliches Niveau gemein, angefangen von der fragwürdigen Glaubwürdigkeit der Antragsteller in Extremismusfragen über die Ernsthaftigkeit des Antrags bis hin zu einer eher zu vermissenden Tiefgründigkeit bei der Einbringung.

Dabei haben wir es beim Phänomen „Linksextremismus“ mit einem ernsthaften und die Demokratie gefährdenden Problem zu tun. Linksextremismus in Deutschland zeigt sich in vielfältigen Formen: vom militanten Protest über ideologisch motivierte Angriffe auf staatliche Institutionen oder Unternehmen bis hin zum bewussten Unterwandern von Strukturen von innen heraus.

Was all diese Erscheinungsformen vereint, ist ihre fundamentale Ablehnung unserer demokratischen Ordnung und ihrer Werte. Aus dem Verfassungsschutzbericht 2022 beispielsweise geht hervor, dass das linksextremistische Personenpotenzial auf 36 500 Personen angewachsen ist; darunter befinden sich 10 800 gewaltorientierte Linksextremisten. Das hohe Gefahrenpotenzial mündet insbesondere in zahlreichen Körperverletzungs- sowie Sachbeschädigungs- und Brandstiftungsdelikten.

Dabei ist klar: Das ist kein neues Phänomen, wie zum Beispiel die Ermittlungen im Bereich RAF zeigen, aber auch kein Phänomen, was aus der Mode gekommen ist, wie die Anschläge auf die Funktionsfähigkeit des Tesla-Werkes in Brandenburg zeigen.

Beim Thema Linksextremismus möchte ich einen Aspekt besonders herausheben; denn für linke Gewalttäter stellt dabei insbesondere die Polizei oft ein zentrales Feindbild dar. Polizeibeamte werden mitunter aufs Übelste attackiert und diffamiert. Für viele Linksextremisten sind Polizeibeamte das Symbol für unseren Staat.

An dieser Stelle möchte ich klar sagen: Wer Polizistinnen und Polizisten angreift, wer Menschen angreift, die sich in den Dienst unseres Landes stellen und für unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung eintreten, der hat keinen Platz und verdient keinen Respekt in unserer Gesellschaft.

(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])

Polizeibeamte leisten jeden Tag aufs Neue einen unersetzlichen Job für unsere Bundesrepublik und verdienen daher unsere vollste Rückendeckung.

(Zuruf des Abg. Christoph de Vries [CDU/CSU] – Gegenruf des Abg. Sebastian Hartmann [SPD]: Hey, hey!)

Aber auch jenseits des Themas Gewalt haben Extremisten bei Fragen zu demokratischen Grundprinzipien wie Meinungsfreiheit, Pressefreiheit und Parteienvielfalt ein eher – sagen wir es mal so – taktisches Verständnis. Gemeinsam ist ihnen vor allem das Ziel, die bürgerliche Republik, ihre Institutionen und die Freiheiten zwar für ihre Ziele zu nutzen, aber sie letztendlich doch zu beseitigen.

Wir begehen in diesem Jahr 75 Jahre Grundgesetz – eine zweifelsfrei beeindruckende Bilanz. Im Kampf gegen Extremismus gibt es dabei eine historische Lehre, die sich wie ein roter Faden bereits durch die Ursprungsfassung zog und bis heute gilt: Eine Demokratie und Demokraten müssen wehrhaft sein gegenüber ihren Feinden. Niemals wieder sollen demokratische Freiheitsrechte missbraucht werden, um Freiheit und Demokratie abzuschaffen. Dafür allein reicht das Grundgesetz aber nicht aus.

Erforderlich ist, dass wir Bürger es mit Leben füllen und uns unserer Verantwortung für unser demokratisches Miteinander bewusst sind. Erforderlich ist, dass wir mit Entschlossenheit und Wehrhaftigkeit die Werte unseres Grundgesetzes weiter achten, wahren und verteidigen. Erforderlich ist, dass wir entschlossen sind, schon im Alltag wehrhaft zu sein, das heißt, den Willen zum Widerspruch gegen Angriffe auf Freiheit und Demokratie zu beweisen und die auftrumpfenden Lügen und Unwahrheiten von Freiheitsfeinden nicht mit Schweigen und Beschwichtigung hinzunehmen und die Freiheitsfeinde dadurch womöglich noch zu ermutigen. Das gilt selbstverständlich für jeden Extremismus.

Als überzeugter Demokrat bin ich aber auch besorgt über die insbesondere in den sozialen Netzwerken festzustellende Normalisierung von Gewalt als politischem Mittel. Ich bin besorgt über regelmäßig zu lesende Verharmlosung von Straftaten, wenn das Motiv womöglich ein hehres war. Ich bin besorgt, dass auch Linksextremismus in zu großen Teilen der Gesellschaft salonfähig ist.

In einem Rechtsstaat wie unserem darf es keinen Platz für die Rechtfertigung oder Verharmlosung von Gewalt geben, unabhängig von der politisch-ideologischen Ausrichtung. Denn es ist klar: Der Zweck heiligt die Mittel gerade nicht. Gewalt war und ist niemals ein Mittel des Protests und kann niemals ein Teil der Meinungskundgebung sein.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])

Zur Debatte zum Linksextremismus gehört aber auch, das Thema Linksextremismus, welches die Bevölkerung in vielschichtiger Art und Weise beschäftigt, nicht allein einem Teil des politischen Spektrums zu überlassen, sondern als demokratische Parteien dieses Hauses allen Bürgerinnen und Bürgern aktiv zu zeigen: Wir nehmen dieses Problem ernst. Es ist unser aller Anliegen; wir lösen es. Das machen wir als Koalition. Wir gehen die Herausforderungen stets mit der notwendigen Ehrlichkeit und Entschlossenheit an. Den Antrag brauchen wir dafür nicht.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Alexander Hoffmann für die Unionsfraktion ist der nächste Redner.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608740
Wahlperiode 20
Sitzung 158
Tagesordnungspunkt Bekämpfung linksextremistischer Gewalt
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