20.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 2

Alexander DobrindtCDU/CSU - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Post, diese Debatte ist doch geradezu der Beleg dafür, dass es noch niemals eine Bundesregierung gegeben hat, die so wenig europapolitische Handlungsfähigkeit hatte wie diese.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen des Abg. Christian Petry [SPD] – Axel Schäfer [Bochum] [SPD]: Das ist wirklich an Lächerlichkeit nicht zu überbieten!)

Die Ampel ist doch innerlich so was von zerstritten in allen europäischen Fragen, dass sie überhaupt keine gemeinsame Position findet. Sie demonstrieren in Europa wiederholt, dass Sie nicht mal fähig sind, bei europäischen Gremien Ja oder Nein zu sagen. Sie haben in der Europapolitik eine deutsche Haltung durch eine Enthaltung ersetzt. Sie haben den Begriff „German Vote“ zu einem Synonym für deutsche Unzuverlässigkeit gemacht. Das ist das Ergebnis Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU – Achim Post [Minden] [SPD]: Das Problem gab es früher schon!)

Herr Bundeskanzler, was wir heute von Ihnen hier gehört haben, das war keine Regierungserklärung zum Europäischen Rat. Das war eine Regierungserklärung Ihrer europäischen Ratlosigkeit. Nichts anderes haben wir heute gehört.

Dabei hätten wir von Ihnen erwartet, dass Sie hier etwas korrigieren, dass Sie schlichtweg etwas korrigieren, was in der letzten Woche hier im Deutschen Bundestag ausgesprochen worden ist. Es war Ihr Fraktionsvorsitzender, Herr Bundeskanzler, der im Deutschen Bundestag über das „Einfrieren“ von Putins Angriffskrieg gesprochen hat.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Frozen Assets!)

Es ist Ihr Fraktionsvorsitzender, der damit ein verheerendes Signal in Richtung unserer europäischen Partner gesandt hat. Zu Recht stellen sich Fragen, ob Sie in Ihrer Ukrainepolitik, Herr Bundeskanzler, wirklich noch die volle Unterstützung Ihrer Fraktion haben.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Wir hätten gerne von Ihnen gewusst: Wie gehen Sie damit um, wenn Sie im Europäischen Rat danach gefragt werden? Wenn der größte Applaus für die Vorschläge Ihres Fraktionsvorsitzenden von den Putin-Freunden rechts außen und links außen und von Gerhard Schröder kommt,

(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja!)

spätestens dann muss man doch wissen, dass man auf der falschen Seite steht, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Dr. Ralf Stegner [SPD])

Selbstverständlich geht es uns allen darum, den Frieden in Europa wiederherzustellen. Ich sage das gerade deswegen, weil es in den letzten Tagen vielfältigste Versuche gegeben hat, die Äußerungen von Herrn Mützenich hier zu interpretieren und einzuordnen. Es gab auch den Versuch, zu erklären, dass es ja grundsätzlich darum ginge, über Friedenspolitik zu reden. Lassen Sie uns über Friedenspolitik sprechen! Ich sage Ihnen: Das erste Gebot der Friedenspolitik ist doch ein klarer Verzicht darauf, seine politischen Ziele mittels Gewalt durchsetzen zu wollen. Es war Putin, der genau dieses Gebot der Friedenspolitik gebrochen hat.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Ein weiteres Element der Friedenspolitik ist, einem Aggressor klarzumachen, dass sein Angriff auf den erklärten Widerstand eines geeinten Europas stößt – auf den erklärten Widerstand eines geeinten Europas! Diese geeinte Unterstützung zu diesem Widerstand haben Sie letzte Woche mit diesen Äußerungen bedenklich infrage gestellt.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Deswegen, Herr Bundeskanzler: Wir interpretieren Ihre Äußerungen auch heute so, dass Sie für die Koalition in Berlin in Brüssel erklären werden, dass Sie die Ukraine so lange unterstützen, wie dies notwendig ist. Ich gehe davon aus, dass Sie gegenüber unseren Partnern in Europa sehr deutlich machen werden, dass es eben nicht darum gehen kann, Putin nachzugeben. Es kann nur darum gehen, Europa nachzurüsten. Das ist die Aufgabe, die Sie haben im Europäischen Rat.

Herr Bundeskanzler, ich sage Ihnen: Wir haben gemeinsam die 100 Milliarden Euro für das Sondervermögen für die Bundeswehr verhandelt. Wir haben sie auch gemeinsam beschlossen. Wir akzeptieren übrigens auch, dass Sie diese 100 Milliarden Euro zum Einhalten des 2-Prozent-Ziels heranziehen. Dass Sie sich aber für den laufenden Betrieb der Bundeswehr jetzt aus diesem Sondervermögen bedienen, das entspricht schlichtweg nicht unserer Vereinbarung und lässt bis heute die Frage offen, wie Sie das 2-Prozent-Ziel zukünftig erreichen wollen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Aber nicht nur dazu bleiben Sie jede Antwort schuldig. Ihre Bildungsministerin hat vergangene Woche dazu aufgefordert, die Gesellschaft stärker auf Katastrophen vorzubereiten. Ob es richtig ist, was Sie, Frau Stark-Watzinger, gesagt haben, dass man auch Kinder in den Schulen auf den Kriegsfall vorbereiten sollte, kann man definitiv bezweifeln. Aber richtig ist allemal die Forderung, den Zivilschutz deutlich zu stärken.

(Zuruf der Abg. Agnieszka Brugger [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Ja, den Zivilschutz deutlich stärken! Sie tun mit Ihrer Politik aber das Gegenteil. Die Mittel für den Bevölkerungsschutz und den Katastrophenschutz haben Sie gekürzt. Die Mittel für das THW haben Sie gekürzt. Sie reden von mehr Zivilschutz, aber Sie schwächen diejenigen, die ihn organisieren sollen. Das ist die Realität Ihrer Politik.

(Beifall bei der CDU/CSU – Christian Petry [SPD]: Reden Sie auch noch über den Europäischen Rat?)

Sie haben die illegale Migration angesprochen, Herr Bundeskanzler. Sie haben erklärt: Die Zahlen gehen zurück. – Sie haben letzte Woche hier in der Regierungsbefragung erklärt: „Die Zahlen werden schon zurückgehen“. Die Realität in diesem Land schaut anders aus: letztes Jahr über 350 000 Asylerstanträge, in diesem Jahr, Januar und Februar zusammen, 50 000 neue Erstanträge. Die Belastungsgrenze in vielen Kommunen ist erreicht. Sie haben Zusagen gemacht an die Ministerpräsidenten und an die Länder. Sie haben mit den Ministerpräsidenten vereinbart, eine Drittstaatlösung zu prüfen. Seit Monaten kein Ergebnis!

Kommen Sie zum Ende bitte, Herr Kollege.

Sie haben mit den Ministerpräsidenten vereinbart, eine Bezahlkarte einzuführen. Kein Ergebnis seit Monaten!

Herr Kollege.

Auch diese Woche wird das von den Grünen wieder verhindert. Und, Herr Bundeskanzler, Sie wollen uns heute hier erklären –

Herr Kollege!

– ich rede weiter –, dass Sie für Teile Ihrer Politik eine 80-prozentige Zustimmung in der Bevölkerung haben. Sie haben da offensichtlich was falsch verstanden. Gäbe es einen Bürgerentscheid über Ihre Politik, dann gäbe es eine 80-prozentige Mehrheit zur Abwahl Ihrer Regierung. Das ist die Wahrheit, Herr Bundeskanzler.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608804
Wahlperiode 20
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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