20.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 159 / Tagesordnungspunkt 2

Rebecca SchamberSPD - Regierungserklärung zum Europäischen Rat

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Europäische Union ist und bleibt ein Friedensprojekt. Nicht umsonst wurde ihr am 10. Dezember 2012 der Friedensnobelpreis verliehen; eine Anerkennung für die Menschen in Europa, die Brücken gebaut und sich über Jahrzehnte hinweg für Frieden, Versöhnung und Demokratie eingesetzt haben. Martin Schulz, ehemaliger Parlamentspräsident, hat einmal gesagt: „Die EU ist ein einzigartiges Projekt, das Krieg durch Frieden und Hass durch Solidarität ersetzt hat.“ Dieses Zitat erscheint zunächst paradox in Zeiten von Waffenlieferungen, in Zeiten, in denen die Munitionsproduktion erhöht werden soll, und in Zeiten, in denen wir über eine gemeinsame europäische Luftverteidigung oder Rüstungsprojekte wie FCAS sprechen. Aber genau diese Diskussionen sind notwendig und sind geprägt von ebendieser Solidarität. In Europa sind wir uns bewusst, dass wir zusammenstehen müssen, um unsere Freiheit zu verteidigen und langfristig wieder Frieden in Europa zu sichern. Wir werden Putins Aggressionen und Hass genau diese Solidarität entgegensetzen, sehr geehrte Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ab morgen tagt der Europäische Rat zu hochaktuellen verteidigungspolitischen Fragen. Die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie ist eine davon. Der Vorteil liegt auf der Hand: Nur durch eine enge Zusammenarbeit und Koordination auf europäischer Ebene können wir perspektivisch sicherstellen, dass wir über die notwendigen Ressourcen und Fähigkeiten verfügen, um unsere Sicherheit dauerhaft und nachhaltig zu gewährleisten. Durch die Stärkung der europäischen Verteidigungsindustrie können wir künftig öffentliche Ausgaben effizienter einsetzen, Verdrängungseffekte verhindern und die Versorgungslage nachhaltig verbessern. Eine Zusammenarbeit bei der Beschaffung steigert außerdem die Interoperabilität unserer europäischen Streitkräfte. Es ist an der Zeit, dass Europa seine Verteidigungsfähigkeiten weiterentwickelt und sich als souveräner und starker Pfeiler in der NATO positioniert. Bundeskanzler Scholz hat das früh erkannt. Es brauche „europäische Antworten auf die Zeitenwende“; das hat er bereits in seiner Rede an der Karls-Universität in Prag ausgeführt.

(Johannes Schraps [SPD]: Sehr richtig!)

Es gelte, „die außen-, sicherheits- und verteidigungspolitischen Strukturen Europas zu stärken.“ Der kommende Europäische Rat bietet dazu eine weitere Chance.

Neben der Strategie zur Stärkung der Verteidigungsindustrie steht dort außerdem die weitere Unterstützung für die Ukraine angesichts des fortdauernden Krieges auf der Tagesordnung. Wir Europäerinnen und Europäer werden uns durch die weitere Amtszeit von Putin nicht entmutigen lassen. Es ist genau richtig, dass die EU auf den Mord an Nawalny reagiert hat und weitere Sanktionen gegen die russische Justiz beschlossen hat.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Klar ist und bleibt, dass wir in unserem Engagement und in der Solidarität mit der Ukraine nicht nachlassen. Wir haben das in der Vergangenheit bewiesen: als stärkste Unterstützerin innerhalb Europas mit Hilfe in einem Umfang von 28 Milliarden Euro. Dies wollen wir in diesem Jahr mit rund 8 Milliarden Euro für Militärhilfen weiter bekräftigen; ich erwähne das, weil hier zwischendurch immer wieder ein anderer Zungenschlag zu vernehmen ist.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Zudem ist es wichtig, dass sich die EU-Mitgliedstaaten vor wenigen Tagen auf weitere Militärhilfen im Wert von 5 Milliarden Euro geeinigt haben.

Noch wichtiger ist der Zusammenhalt in Europa. Das Treffen zwischen Bundeskanzler Scholz, Präsident Macron und Regierungschef Tusk war ein wichtiges Zeichen dafür. Das sogenannte Weimarer Dreieck setzt ein klares Signal an Putin, dass wir uns im Zweifel immer auf ein solidarisches Miteinander, auf Demokratie und Freiheit einigen können.

(Johannes Schraps [SPD]: Ganz genau!)

Wir zeigen: Europa wird seine Werte verteidigen und die Ukraine weiterhin mit aller Entschlossenheit unterstützen.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

An dieser Stelle möchte ich aus gebotenem Anlass alle hier im Hause daran erinnern – bei allen Differenzen in Einzelfragen –, dass wir uns bewusst sind, dass parteipolitische Spiele dem Ansehen Deutschlands in Europa nur schaden können. Deutschland hat in Europa eine zentrale Rolle, und was hier im Bundestag oder in den sozialen Medien debattiert wird, wird wahrgenommen und führt zur Verunsicherung bei den Partnern. Aus meiner Sicht ist es nicht an der Zeit, klein zu denken, es ist an der Zeit, gemeinsam als Europa, als Europäerinnen und Europäer eine Rolle im weltpolitischen Gefüge zu finden.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Patricia Lips hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608808
Wahlperiode 20
Sitzung 159
Tagesordnungspunkt Regierungserklärung zum Europäischen Rat
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