21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Tagesordnungspunkt 7

Reinhard BrandlCDU/CSU - Binnenmarkt für digitale Dienste

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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Lieber Herr Wissing, schön, dass Sie mal zu einem digitalpolitischen Thema im Parlament erscheinen.

(Tabea Rößner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Immer die gleiche Leier!)

Sie sind heute 834 Tage als Digitalminister im Amt. Das Gesetz heute ist das erste, das Sie als Digitalminister vorgestellt haben. Wenn Sie in dem Tempo weiterarbeiten, dann wird es auch Ihr letztes gewesen sein.

(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)

Nach 834 Tagen ist klar: Diese Ampelkoalition ist keine Fortschrittskoalition, sie ist eine Stillstandskoalition, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Dieses Gesetz geht ja nicht mal auf eine Initiative von Ihnen zurück, sondern Sie müssen eine entsprechende EU-Richtlinie und Verordnungen umsetzen bzw. Sie hätten diese bis zum 17. Februar umsetzen müssen; diese Frist haben Sie gerissen.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Stimmen Sie denn zu heute?)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir waren mal Vorreiter in Europa beim Kampf gegen Hass im Netz, jetzt sind wir eines der Schlusslichter. Kollegen von der FDP, 2017 war unser Netzwerkdurchsetzungsgesetz

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Ja, peinlich! Schlimmes Gesetz! Darauf sollte man nicht stolz sein!)

das erste Gesetz in Europa zur Bekämpfung von Hass im Netz.

(Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Es ist jetzt eine Blaupause für den Digital Services Act. Es ist ein Beispiel für 16 Jahre erfolgreicher Politik unter der Union.

(Beifall bei der CDU/CSU – Lachen bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Jetzt hat er aber mit den 16 Jahren angefangen! – Maximilian Funke-Kaiser [FDP]: Da müssen Sie selber lachen!)

Die Ironie der Geschichte ist: Die FDP hat das Gesetz damals beklagt, sie hat dagegen gekämpft.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Zu Recht! Jetzt schaffen wir es nämlich ab!)

Jetzt stellt sich ein FDP-Minister hierhin und sagt, das Nachfolgegesetz, das noch viel umfassender ist, sei ein großer Erfolg. Die Botschaft von heute ist: Auch die FDP kann klüger werden.

(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Herr Brandl, stimmen Sie jetzt zu oder nicht? Ich habe noch keinen Grund gehört, warum Sie das nicht tun sollten!)

Ich befürchte, bei der AfD ist das nicht der Fall. Ich weiß nicht genau, was Frau von Storch gleich sagen wird. Aber ich vermute, Frau von Storch, Sie werden die gleiche Rede halten, die Sie 2017 gehalten haben.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das hat aber nichts mit dem DSA zu tun!)

Vermutlich werden Sie noch ein Beispiel aus Mecklenburg-Vorpommern anfügen, das aber nichts mit dem DSA zu tun hat. Damals wie heute geht es nicht um Zensur im Netz, es geht um den Schutz unserer Bürgerinnen und Bürger.

(Beatrix von Storch [AfD]: Ja, genau!)

Damals wie heute geht es nicht um die Einschränkung von Meinungsfreiheit. Freiheit braucht Sicherheit, egal ob ich mich auf der Straße bewege oder auf Facebook. Wenn mich jemand bedroht, muss ich die Möglichkeit haben, mich dagegen zu wehren,

(Beatrix von Storch [AfD]: Kann man doch!)

ich muss einen Hinweis geben können, ich muss es anzeigen können. Und genau dafür sorgt der DSA. Deswegen ist die Verordnung der Europäischen Kommission eine gute Verordnung.

Trotzdem, lieber Herr Minister, sind wir nicht zufrieden mit dem, was Sie uns heute hier anbieten.

(Dr. Jens Zimmermann [SPD]: Wir machen doch alles, was ihr in eurem Entschließungsantrag aufführt!)

Ihre Leistung hätte sein sollen, dass Sie eine Struktur schaffen, damit die ganzen Hinweise in Deutschland auch vernünftig bearbeitet werden können; denn nur dann wird der DSA überhaupt wirksam. In Ihrem Gesetz steht, das BKA rechne mit 720 000 Bearbeitungsfällen jährlich.

(Beatrix von Storch [AfD]: Das wurde gestern im Ausschuss noch bestritten! – Gegenruf des Abg. Maximilian Mordhorst [FDP]: Das bestreiten wir weiterhin!)

Heute sind es 6 000 Bearbeitungsfälle. Das ist also fast Faktor 120. Das BKA fordert in Ihrem Gesetz einen Aufwuchs von 44 auf 450 Stellen.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Wo steht das denn im Gesetz? Was das BKA fordert, das steht in der Begründung, nicht im Gesetz!)

Das ist Faktor 10. Allein darüber, ob das zusammenpasst – Faktor 120 zu Faktor 10 –, kann man schon reden. Aber wir haben die Bundesregierung gefragt, wie viele Stellen sie dem BKA 2024 denn tatsächlich zur Verfügung gestellt hat. Antwort: null. – Das kann nicht funktionieren. Sie können nicht eine Struktur aufbauen und dann keinen Rahmen für die Bearbeitung haben.

(Maximilian Mordhorst [FDP]: Noch mehr Geld ausgeben, das könnt ihr!)

Das geht schief.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, es geht noch weiter. Wir haben die Bundesregierung gefragt, wie viel Aufwand auf die Länder zukommt; denn die Justiz- und Ermittlungsbehörden der Länder sind ja diejenigen, die das dann im Ergebnis bearbeiten müssen. Antwort der Bundesregierung: Wissen wir nicht. – Ich weiß aber, dass man so dilettantisch ein so wichtiges Vorhaben nicht umsetzen kann.

(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Und ich weiß, dass man mit 15 Mitarbeitern bei der Bundesnetzagentur das Internet nicht zu einem sicheren Ort machen kann.

Wir hätten dem Digitale-Dienste-Gesetz – die Umsetzung des DSA – heute gerne zugestimmt. Aber da ich weiß, dass das, was Sie hier vorlegen, zu einem Chaos führen wird, kann ich dafür nicht die Hand heben.

Herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU – Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war wirklich eine peinliche Rede!)

Als Nächster das Wort für die SPD-Fraktion Detlef Müller.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608897
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Binnenmarkt für digitale Dienste
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