21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Tagesordnungspunkt 7

Armand ZornSPD - Binnenmarkt für digitale Dienste

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gut, dass wir endlich heute in zweiter und dritter Lesung über das Digitale-Dienste-Gesetz beraten. Denn die Entwicklungen, die wir seit Jahren im digitalen Raum betrachten, stellen uns alle miteinander vor gewaltige Herausforderungen. Wir haben jahrelang darum gerungen, wie wir damit umgehen.

Als Europäische Union, als Bundesrepublik Deutschland hatten wir die Wahl zwischen dem chinesischen Weg der Zensur, nämlich dass etwas, bevor es überhaupt im Internet gepostet werden kann, stundenlang kontrolliert wird. Dahinter steht eine Armada von Content-Moderatorinnen und -Moderatoren, die das entsprechend kontrollieren und, wenn nötig, etwas herunternehmen können. Das ist der chinesische Weg.

Oder wir hatten die Wahl, den US-amerikanischen Weg zu gehen, es nämlich der Privatwirtschaft, den Onlineplattformen zu überlassen und zu sagen: Sie werden das schon regeln. – Diesen Weg sind wir jahrelang gegangen – um ehrlich zu sein. Jahrelang haben wir beobachtet, wie Plattformen versucht haben, mit Hassreden, mit Hasskommentaren, mit Desinformation, mit Manipulation umzugehen. Wir müssen heute feststellen, dass dieser Weg gescheitert ist. Gut, dass wir mit dem DSA und dem DDG endlich staatliche Regeln auf den Weg bringen, um das digitale Miteinander zu regeln.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wer immer noch nicht davon überzeugt ist, dem empfehle ich nur, sich die öffentliche Anhörung, die wir letzte Woche im Digitalausschuss hatten, anzuschauen. Wir hatten Vertreterinnen und Vertreter der Firma X zu Gast. Es war sehr erschreckend, festzustellen, mit wie wenig Arbeit und mit wie wenig Leidenschaft dem nachgegangen wird, dafür zu sorgen, dass das Internet ein Raum bleibt, wo die Freiheit des Einzelnen gewährleistet ist.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Damen und Herren, Sie wissen, dass es insbesondere in Transformationszeiten, insbesondere in Umbruchzeiten, aber auch in kriegerischen Zeiten sehr viel Manipulation gibt, dass es sehr viele Angriffe aus dem Ausland gibt, dass es sehr viel Desinformation gibt.

Gerade haben wir in Gaza, im Nahen Osten einen Krieg, der tobt. Dieser Krieg wird nicht nur militärisch geführt, sondern auch mit Desinformationskampagnen. Wir haben die Firma X gefragt: Wie viele Content-Moderatorinnen und -Moderatoren gibt es denn eigentlich, die Hebräisch können, die Arabisch können? Sie werden staunen: Es gibt zwölf Content-Moderatorinnen und -Moderatoren, die Arabisch sprechen können. Es gibt einen Content-Moderator, der Hebräisch spricht. Das war für uns erschreckend festzustellen.

Diese 13 Menschen sind damit beauftragt, dafür zu sorgen, dass alle Posts und alle Publikationen, die auf X landen, dahin gehend kontrolliert werden, dass sie nicht von Hassrede geprägt sind, dass sie nicht manipulierend sind und dass sie nicht verletzend sind. Wir finden: Hier hat die Firma versagt; hier hat der Markt versagt. – Es ist gut, dass wir Regeln auf den Weg bringen, um dafür zu sorgen, dass es fair, dass es gerecht und dass es sicher im Netz zugeht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wissen aber auch, dass ein gutes Gesetz alleine nicht ausreicht; das ist uns klar. Ich finde, wir können uns als Europäerinnen und Europäer auch ein Stück weit selbst loben. Wenn man sich die verschiedenen digitalen Gesetze anschaut, die die Europäische Union auf den Weg gebracht hat, dann sieht man auch eine deutliche Lernkurve, angefangen bei der Datenschutz-Grundverordnung, die vielleicht sehr starr war, die sehr wenig Spielraum für eine Weiterentwicklung zugelassen hat.

Beim Thema DSA und beim Thema KI-Verordnung sehen wir jetzt schon, dass wir eine offene, atmende Regulierung haben, bei der es auch auf nationaler Ebene sehr viele Möglichkeiten gibt, darauf einzuwirken. Der Gesetzgeber versteht endlich, dass eine Regulierung auch davon abhängt, wie sie umgesetzt wird, und dass die Umsetzung nicht allein durch die Aufsichtsbehörden gewährleistet wird; nein, es braucht mehr Zusammenarbeit, es braucht Input aus der Wissenschaft, aus der Wirtschaft und aus der Zivilgesellschaft. Nicht zuletzt hängt die Umsetzung einer guten Verordnung am Ende davon ab, dass Verbraucherinnen und Verbraucher einfach und so gut wie möglich ihre Rechte einklagen können.

Deswegen haben wir als Ampelkoalition noch mal darauf geachtet, dass es bei der nationalen Umsetzung hauptsächlich darum geht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher ihre Rechte gestärkt sehen, dass sie über das Beschwerdemanagementsystem die gute Möglichkeit haben, sie einzuklagen, und relativ zeitnah dafür Sorge getragen wird, dass sie recht bekommen, falls sie recht haben. Das ist der Ansatz, den wir verfolgen.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich will zum Abschluss sagen, auch in Richtung der AfD-Fraktion: Unsere Demokratie ist stark, und sie ist wehrhaft – analog, aber auch digital.

(Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])

Wir werden weiterhin daran arbeiten. Wir werden dafür sorgen, dass die demokratische Grundordnung der Bundesrepublik und der Europäischen Union gestärkt wird,

(Roger Beckamp [AfD]: Da freuen wir uns drauf! – Jörn König [AfD]: Da machen wir mit!)

egal wie sehr Sie sich dagegenstemmen. Diesen Kampf werden Sie nicht gewinnen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608918
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Binnenmarkt für digitale Dienste
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