Rasha NasrSPD - Bezahlkartengesetz
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Werte Kolleginnen und Kollegen! „ Und täglich grüßt das Murmeltier“. Wir haben hier einen Gesetzentwurf vorliegen, der wohl nach dem Motto „Doppelt hält besser“ zusammengeschrieben wurde; denn er ist zu 99 Prozent von der Formulierungshilfe der Bundesregierung abgeschrieben.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Na und? – Weiterer Zuruf von der CDU/CSU: Umsetzen!)
Aber – so ehrlich müssen wir an der Stelle auch sein – natürlich geben wir der Union auch den Anlass, dieses Thema noch einmal aufs Tableau zu heben;
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Aha!)
das sage ich ganz selbstkritisch.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Und was folgt daraus?)
Deshalb ist es mir wichtig, an dieser Stelle klar zu sagen, dass bitte schön alle Koalitionspartner jetzt Verantwortung übernehmen
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Aha!)
und endlich Ruhe in dieses Thema bringen.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Ganz neue Töne!)
– Beruhigen Sie sich! Immer mit der Ruhe. – An der SPD wird ein schneller Abschluss dieses Prozesses sicherlich nicht scheitern.
Trotzdem, liebe Union, kann ich nicht anders, als zu dem Schluss zu kommen, dass Sie hier mal wieder eine politische Show aufführen wollen.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Ja, klar! Positionsablehnung der Opposition muss dazugehören!)
Aber irgendwann müssen Sie sich mal entscheiden, ob Sie an einer Lösung interessiert sind oder ob Sie weiter Stimmungen anheizen wollen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wir sind an einer Lösung interessiert! Deswegen der Gesetzentwurf! Den hat übrigens Ihr Kabinett beschlossen letzte Woche!)
Denn dieses ständige Hochziehen von migrationspolitischen Themen ohne neuen Erkenntnisgewinn, Herr Frei, und ohne dass es uns weiterbringt, ist, so wie Sie das hier machen, mal wieder eine migrationsfeindliche Debatte.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Thorsten Frei [CDU/CSU]: So ein Blödsinn! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU: Oh!)
Und ich muss sagen, ich mache mir wirklich langsam Sorgen um Sie, werte Union. Wo sind denn die Stimmen in Ihren Reihen hin, die verstehen, dass Deutschland ein Einwanderungsland ist?
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Du lieber Gott!)
Wo sind die Stimmen hin, die verstehen, wie wichtig Einwanderung für dieses Land ist? Wo sind die Stimmen mit Wirtschaftskompetenz hin?
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Es geht hier um die Bezahlkarte! Ganz anderes Thema!)
Wir sind uns doch sicher einig: Wir müssen den Fachkräftemangel angehen und unsere Wirtschaft stärken.
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Dazu gehört auch, dafür zu sorgen, dass Menschen Lust haben, hier mitzutun.
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: Sie haben den falschen Sprechzettel, Frau Kollegin!)
Aber denken Sie wirklich, die viel benötigten Fach- und Arbeitskräfte kommen, wenn Sie die Debatte um Migration weiter so führen, wie Sie es in den letzten Monaten gemacht haben?
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Es geht um die Bezahlkarte! Sie sind doch unserer Meinung! – Beatrix von Storch [AfD]: Wenn es die Bezahlkarte gibt, dann kommen die alle nicht mehr!)
Ich glaube nicht. Ich glaube, Menschen haben dann keine große Lust mehr, in ein Land zu kommen, in dem so über ausländische Mitbürger gesprochen wird, wie Sie es tun.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Thema verfehlt! Falscher Zettel!)
– Herr Frei, ich weiß, worum es in dieser Debatte geht. Sie können aufhören, hereinzurufen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Den Eindruck machen Sie nicht!)
Ihre rechthaberische Art und Weise führt nicht dazu, dass mehr Menschen zu uns kommen und Lust haben, mitzuarbeiten.
(Katja Mast [SPD], an den Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU] gewandt: Thorsten, mach doch eine Zwischenfrage!)
Erkennen Sie doch bitte endlich an,
(Stephan Stracke [CDU/CSU]: 16 Bundesländer fordern die rechtssichere Einführung, Frau Kollegin! Sorgen Sie dafür!)
dass es nicht die sogenannten und wissenschaftlich längst widerlegten Pull-Faktoren sind, Herr Stracke,
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Was für Wissenschaftler fragen Sie denn?)
über die wir sprechen müssen, sondern – und so möchte ich sie nennen – über Stay-Faktoren.
(Katja Mast [SPD]: Die CDU hat vergessen, dass es Zwischenfragen gibt!)
Wir müssen uns doch fragen: Was können wir tun, damit die Menschen, die zu uns kommen, nicht nur ankommen, sondern auch bleiben wollen? Was brauchen unsere Wirtschaft und unsere öffentliche Daseinsvorsorge, um den individuellen Anforderungen von Eingewanderten gerecht zu werden? Was brauchen die Praktikerinnen und Praktiker in der Migrationsverwaltung vor Ort, damit Integration für alle gut gelingen kann?
(Beatrix von Storch [AfD]: Zum Thema! Reden Sie doch mal zum Thema!)
Ich wünsche mir, dass Sie sich mehr mit solchen Fragen auseinandersetzen;
(Beifall bei der SPD)
denn damit würden Sie einen echten, einen konstruktiven Beitrag leisten.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist doch populistisch, was Sie hier machen!)
Stattdessen stehen Sie aber die ganze Zeit daneben, zeigen mit dem Finger auf uns und legen hier – ehrlicherweise nicht zum ersten Mal – einen Antrag bzw. einen Gesetzentwurf vor, dessen Inhalt wir bereits abgearbeitet haben oder gerade abarbeiten.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, ganz offensichtlich nicht!)
Fakt bleibt: Die Union verschwendet nicht nur unsere Zeit, sondern auch ihre eigene.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD – Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ist das peinlich! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Nee! Also, wenn hier jemand Zeit verschwendet, dann ist das die Koalition!)
Wir sind das Thema der hohen Zugangszahlen von Asylsuchenden und das Thema der Herausforderungen vor Ort in den Kommunen in einem ernsthaften Prozess mit den Länderchefinnen und -chefs, also auch mit Ihren Parteifreunden, angegangen. Aber anstatt seriös daran mitzutun, meinen Sie, immer noch eins und noch eins draufhauen zu müssen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Wovon reden Sie denn?)
Und das ist ja nicht nur hier der Fall; das scheint auch bei anderen Themen Ihre Strategie zu sein.
Nehmen wir die Arbeitsmarktintegration von Arbeitslosen.
(Max Straubinger [CDU/CSU]: Bezahlkarte ist das Thema!)
Sie wollen mithilfe von Zwang und Arroganz Ihre Idee einer Grundsicherung durchsetzen, die Menschen alles nimmt, was sie sich hart erarbeitet haben. Sie wollen Menschen gängeln, verurteilen und in prekäre Beschäftigung zwingen.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Sie wissen doch, dass das falsch ist!)
Oder Ihre „Idee“ zur Rente: Sie wollen, dass Menschen arbeiten, bis sie umkippen. Das ist Ihr Rentenkonzept.
(Friedrich Merz [CDU/CSU]: Jetzt weiß man auch, warum die SPD bei 15 Prozent liegt!)
Völlig egal, welche Konsequenzen das für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer hat.
Vielleicht – und das ist jetzt nur meine Vermutung – möchte die Union mit der Debatte zur Bezahlkarte auch einfach davon ablenken,
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Mein Gott, ist das peinlich! Peinliche Nummer ist das! Einfach nur noch peinlich!)
dass sie eben keine Politik für die arbeitende Mitte in diesem Land macht.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der CDU/CSU: Davon haben Sie sich ja schon längst verabschiedet!)
Unterm Strich lässt sich festhalten, dass Sie versuchen, Politik aufgrund von Stimmungen zu machen. Das ist einfach und damit lassen sich sehr leicht Schlagzeilen produzieren.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Sie sind einfach unfähig! Das ist das Problem!)
– Frau Lindholz, wenn Sie sich so aufregen, scheine ich einen Punkt getroffen zu haben.
(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das ist eine Aneinanderreihung von Beleidigungen, und sonst gar nichts! Nur weil Sie nichts zu bieten haben! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Hören Sie auf, auf der Suche nach ein oder zwei Prozentpunkten mehr in den nächsten Umfragen
(Jörn König [AfD]: Die Prozente könnten Sie gut gebrauchten, ne?)
billige Schlagzeilen auf dem Rücken derer zu produzieren, die auf Hilfe angewiesen sind. Hören Sie auf, Menschen gegeneinander auszuspielen! Und hören Sie bitte auf, sich von einem Mann vorführen zu lassen, der im Gegensatz zu vielen aus Ihren Reihen keinen einzigen Tag Regierungserfahrung mitbringt.
(Andrea Lindholz [CDU/CSU]: Ist das peinlich!)
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Meine Güte! Wer für die SPD alles reden darf! – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Es wird immer niveauloser bei denen!)
Als Nächster hat das Wort für die AfD-Fraktion Roger Beckamp.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7608923 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 160 |
Tagesordnungspunkt | Bezahlkartengesetz |