21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Zusatzpunkt 4

Takis Mehmet AliSPD - Bezahlkartengesetz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema Bezahlkarte ist ja in den Medien und auch hier im Plenum gerade ein Dauerthema. Wir alle wissen, dass wir eigentlich ganz andere Probleme zu lösen haben.

(Max Straubinger [CDU/CSU]: Ach je!)

Aber vielleicht muss man das mal ein bisschen einsortieren – solch eine Plenardebatte ist ja manchmal von einer bestimmten Dynamik geprägt; das war gerade auch der Eindruck von mir –, weil auch immer gefragt wird: Warum müssen wir das überhaupt regeln?

Es ist ja so: Wir haben es in diesem Bereich mit der sogenannten konkurrierenden Gesetzgebung zwischen Bund und Ländern zu tun. In Artikel 72 Absatz 1 der Verfassung ist das begründet. Da steht, dass die Länder dort Gesetzgebungskompetenz haben, wo der Bund etwas nicht geregelt hat. Das machen die Bundesländer jetzt, weil wir als Bund in der Angelegenheit der Bezahlkarte noch nichts geregelt haben.

Wenn man dann weiterschaut, sieht man, dass in Artikel 74 Grundgesetz die Bereiche der konkurrierenden Gesetzgebung aufgeführt sind. Dazu gehört – so steht es in Absatz 1 Nummer 7 – die öffentliche Fürsorge. Mit dem AsylbLG befinden wir uns genau in diesem Bereich. Das führt eben dazu, dass die Länder jetzt etwas willkürlich machen können und auch machen. Deshalb finde ich es richtig, dass wir innerhalb der konkurrierenden Gesetzgebung, da, wo Bund und Länder etwas gemeinsam regeln sollen, Klarheit schaffen. Das betrifft dieses Thema genauso.

Weiterhin sollte das, wenn wir jetzt zu einem Ergebnis kommen – wenn ich das so sagen darf –, technisch weniger im AsylbLG geregelt werden, weil das meiner Meinung nach – ich bringe das einfach mal in die Diskussion ein – eine Sache des SGB X ist. Das sollte eher in den Sozialverwaltungsverfahren geregelt werden anstatt im AsylbLG. Das wäre meiner Meinung nach technisch einfach korrekt.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Völlig falsch!)

Aber das ist eine andere Diskussion.

Was mich viel mehr irritiert, ist aber etwas anderes. Ich frage mich: Wie weit geht das denn mit dieser restriktiven Sozialpolitik insgesamt? Ich habe in den letzten Wochen aus der CDU gehört, dass man jetzt sogar überlegt, die Bezahlkarte an Bürgergeldempfängerinnen und Bürgergeldempfänger auszugeben, dass sie auch bei ihnen Anwendung finden soll. Ich frage mich, mit welcher Zielrichtung man das machen will und mit welcher Begründung. Wenn Sie das Ziel haben, dass mehr Menschen Teilhabe am Arbeitsleben erreichen, dann werden Sie das bei diesen Menschen so sicherlich nicht erreichen. Es geht doch darum – so haben wir es gerade bei der Bürgergeldreform beschlossen –, dass die Menschen aktivierende Maßnahmen brauchen. Dafür brauchen sie geeignete Leistungen und letztendlich auch angemessenen Respekt für die Situation, in der sie sich befinden.

Wenn man dann in dieser Woche schaut, was so passiert in der CDU/CSU, dann sieht man: Darauf, dass der Europarat sagt, es gebe in Deutschland ein Armutsproblem, weil die Ressourcen ungerecht verteilt sind, weil die Einkommen ungerecht verteilt sind – dadurch entsteht Armut –, ist die Antwort der Union: Ja, wir beheben das einfach mit noch mehr Armut, indem wir willkürlich sanktionieren.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wir nehmen sämtliche aktivierende Maßnahmen im Bürgergeld weg, was die Teilhabe am Arbeitsleben unterstützen würde.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Was sind denn Ihre Wachstumsimpulse für die Wirtschaft? Reden Sie doch mal zur Sache! Sie haben die falsche Rede dabei!)

Das ist die Antwort der Union auf den Armutsbericht des Europäischen Rates.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, letzte Woche haben wir hier noch darüber debattiert, was die AfD-Fraktion beantragt hatte, beispielsweise Menschen, die in Sorgearbeit tätig sind, ins SGB XII zu schieben. Vor zwei, drei Wochen haben wir darüber debattiert – was die AfD-Fraktion beantragt hatte –, dass Menschen mit Migrationshintergrund gar keinen Anspruch mehr auf Bürgergeld bekommen sollen. Jetzt haben wir einen Vorschlag seitens der CDU/CSU, die Grundsicherung zu reformieren, wodurch aber dieses Land sozialpolitisch 30 Jahre zurückgeworfen würde. Die Regelungen, die beschlossen werden sollen, gehen letztendlich sogar noch auf die Zeit vor Hartz IV zurück. Und das kann nicht die Antwort sein

Ich sage Ihnen eines: Es kann nicht die Antwort sein, Menschen, die gerade auf irgendeine Art und Weise auf den Sozialstaat angewiesen sind, noch weiter nach unten zu hauen. Es gehört – das kann ich für meine Partei sagen – zu den sozialdemokratischen Tugenden, denjenigen, die gerade in irgendeiner Art und Weise die Hilfe des Staates benötigen, die Hand auszustrecken und sie mit der Kraft der Solidarität wieder herauszuziehen. Das wäre die richtige Antwort

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Marc Biadacz [CDU/CSU]: Das eine widerspricht doch nicht dem anderen!)

und nicht die Antwort, die die CDU/CSU diese Woche wieder vorbereitet und zur Verfügung gestellt hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, dieser Gesetzentwurf ist erst einmal abzulehnen. Wir werden ein gutes Ergebnis erzielen. Ich wünsche einen schönen Tag. Auf eine gute Beratung und Glück auf!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Das Wort hat die Kollegin Clara Bünger für die Gruppe Die Linke.

(Beifall bei der Linken)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7608951
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Bezahlkartengesetz
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