21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Zusatzpunkt 8

Nils SchmidSPD - Aktuelle Stunde - Lage in Israel und den Palästinensischen Gebieten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Heute Nachmittag habe ich mich mit Angehörigen von Shay Levinson getroffen. Shay Levinson war keine 20 Jahre alt. Er galt zunächst als gekidnappt von der Hamas. Inzwischen ist klar, dass er als israelischer Soldat am 7. Oktober umgekommen ist. Vor zwei Monaten hat die Familie darüber Klarheit erhalten. So ähnlich wie seinen Familienangehörigen geht es Hunderten, Tausenden, Zehntausenden von Israelis, die bis heute um das Leben von über hundert verbliebenen Geiseln bangen, die nicht wissen, ob sie noch leben oder schon gestorben sind, und die alle darauf drängen, dass diese Geiseln endlich nach Hause kommen.

Diese Geschichte ist nur ein Ausschnitt des Leids dieses terroristischen Angriffs der Hamas, der über tausend Tote gefordert hat, der auch dazu geführt hat, dass bis heute viele Zehntausend israelische Bürgerinnen und Bürger ihre Wohnungen, ihre Heimat verlassen mussten, und der dazu geführt hat, dass Israel in einem berechtigten Verteidigungskampf die terroristische Infrastruktur der Hamas im Gazastreifen seit nunmehr fünf Monaten bekämpft.

Es ist völlig klar – das wissen wir nicht erst seit dem 7. Oktober –, dass sich eine Terrororganisation wie die Hamas an keinerlei Regeln des internationalen Kriegsvölkerrechts hält. Die Brutalität ist tagtäglich zu besichtigen, auch durch das Benutzen der Zivilbevölkerung als menschliche Schutzschilde. Deshalb muss – das ist ja auch der Anlass dieser Aktuellen Stunde – der Blick auf die aktuelle Lage in Israel und in den Palästinensischen Gebieten damit beginnen, dieses in Erinnerung zu rufen und die Abfolge der Ereignisse immer wieder klar zu haben.

Aber Anlass dieser Debatte, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist auch, dass nicht nur in Deutschland, sondern auch bei den engsten Freunden Israels in der Welt die Zweifel an der Verhältnismäßigkeit der Militäroperation in Gaza wachsen. Genau das hat auch Lars Klingbeil zum Ausdruck bringen wollen, als er sagte, dass er erhebliche Zweifel an der Verhältnismäßigkeit hat. Nicht umsonst warnen Kanzler Scholz und Präsident Biden vor einer Bodenoffensive in Rafah. Denn eines ist klar, meine sehr verehrten Damen und Herren: Wenn es zu einer solch umfassenden Bodenoffensive kommen sollte, dann wäre die Verhältnismäßigkeit des Einsatzes sicher nicht mehr gewährleistet.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Deshalb gibt es heute zwei politische Botschaften aus dieser Debatte:

Die erste ist: Wir brauchen dringender denn je einen Waffenstillstand zur Freilassung aller Geiseln und zur Verbesserung der humanitären Hilfe in Gaza.

(Beifall bei der SPD)

Und: Auch wenn Israel, die Gesellschaft, das Land, schwer traumatisiert ist und die Unsicherheit in diesem Land mit Händen zu greifen ist und auch wenn Wut und Verzweiflung in der palästinensischen Gesellschaft vorherrschend sind, dürfen wir den Einsatz für eine politische Lösung, eine verhandelte Zweistaatenlösung nicht aufgeben. Dies ist der einzige politische Ausweg aus diesem Zyklus von Gewalt und Gegengewalt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wir müssen auch festhalten, dass die Idee eines Friedensprozesses, der fünf oder acht Jahre dauert und dann irgendwann einmal die Anerkennung eines palästinensischen Staates herbeiführt, nicht ausreichend ist. Wir müssen schon jetzt die Elemente sichtbar machen, so wie Kanzler Scholz das in seiner Regierungserklärung diese Woche formuliert hat: Schon jetzt müssen die Elemente einer zukünftigen Zweistaatenlösung und zukünftiger palästinensischer Staatlichkeit sichtbar werden.

So paradox es sich anhören mag: Der Umstand, dass die arabischen Staaten die Normalisierung ihres Verhältnisses zu Israel gerade in dieser Situation anstreben, dass also eine gegenseitige Anerkennung Israels in der arabischen Welt, aber eben auch die Anerkennung eines palästinensischen Staates durch Israel jetzt möglich ist und politisch befördert werden sollte, sollte uns alle als internationale Gemeinschaft, als Freunde Israels antreiben, diese politische Lösung entschieden voranzutreiben. Ich bin froh, dass die Außenministerin und der Bundeskanzler das in enger Abstimmung tun. Sie haben dabei unsere volle Unterstützung.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Wort hat der Kollege Jürgen Hardt für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609077
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Lage in Israel und den Palästinensischen Gebieten
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