Gerold OttenAfD - Bundeswehreinsatz in der Republik Südsudan (UNMISS)
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Leiter der südsudanesischen Diözese Tombura-Yambio, Bischof Kussala, hat dringende Maßnahmen gefordert. Denn es geht, wie er sagt, nicht mehr um das Land und seine Führung, sondern um die Menschen im Südsudan, die langsam sterben. „ Wir befürchten, dass unser Volk nicht überleben wird“, so seine drastischen Worte. „ Hunger, Überschwemmungen, Dürre und zunehmende Unsicherheit, eine schwache Wirtschaft, die kurz vor dem Zusammenbruch steht“, so fasst der Bischof die Faktoren für die katastrophale humanitäre Lage zusammen.
Meine Damen und Herren, wir beraten heute wieder über die Fortsetzung des Mandats für UNMISS, das es bereits seit 2011 gibt. Nach so vielen Jahren sollte uns hier aber allen klar sein: UNMISS kann seine Aufgaben nicht bis in alle Ewigkeit fortsetzen; zur gleichen Einschätzung kommt übrigens auch der Generalsekretär der Vereinten Nationen, Guterres. Daher mündet sein Bericht in einen Aufruf an die Regierung des Südsudans; denn sie ist es eigentlich, die ihrer Verantwortung gegenüber der Bevölkerung nachkommen muss. Nun, diesem Appell ist sicher nichts hinzuzufügen. Nur glaube ich, dass die südsudanesische Regierung, wenn man sie denn überhaupt so bezeichnen sollte, dieser erneuten Forderung nicht nachkommen wird. Sie wird das ebenso wenig tun, wie freie und unabhängige Wahlen zu organisieren, wie man hier gerade gehofft hat. Es ist meiner Ansicht nach zu erwarten, dass die für Dezember 2024 angekündigten Wahlen erneut verschoben werden. Die Frage ist, warum.
Erstens. Das Zeitfenster zur Vorbereitung von Wahlen schließt sich allmählich. Wenn schon ein vergleichsweise friedlicher Stadtstaat wie Berlin nicht in der Lage ist, reibungslose Wahlen abzuhalten, wie soll das in einem Failed State wie Südsudan geschehen?
(Beifall bei der AfD)
Zweitens. Für Wahlen braucht es einen Zensus, braucht es Wahlkreise, braucht es eine unabhängige Durchführungsorganisation. Die letzte Erhebung stammt allerdings aus dem Jahr 2008. Seitdem gibt es nur noch Bevölkerungsschätzungen. Ohne aktuelle Wählerverzeichnisse gibt es auch keine ordnungsgemäße Wahl.
Drittens. Wir haben von Präsident Kiir bereits gehört, dass er nur ein Wahlergebnis akzeptieren wird, nämlich eines, das ihn in seiner Macht bestätigt.
(Zuruf von der SPD: Das ist wie bei Ihnen!)
Aus diesen Annahmen lässt sich einiges schlussfolgern. Finden freie Wahlen statt, dürfte das Ergebnis von der einen oder der anderen Seite angezweifelt werden. Bewaffnete Konflikte wären zwangsläufig die Folge. Werden die Wahlen aber verschoben, so bleibt Kiir unweigerlich Staatschef, und dabei kann er sich auf die südsudanesische Verfassung berufen. Denn ohne Wahlen bleibt der amtierende Präsident einfach im Amt und damit weiterhin an der Macht. Beides wäre allerdings eine Katastrophe sowohl für den Staat als auch für das Volk des Südsudan. In dieser Situation ist es unserem Vernehmen nach richtig und wichtig, dass sich Deutschland auch künftig innerhalb der UNMISS engagiert.
Ich bleibe auch bei meiner Einschätzung von vor einem Jahr. Täuschen wir uns nicht über die Möglichkeiten von UNMISS. Für die internen Machtkämpfe im Südsudan ist es weiterhin völlig egal, ob es diese Mission gibt oder nicht. Aber blicken wir auf das, was UNMISS tatsächlich leistet, dann sehen wir: Die Mission beschützt diejenigen, die eigentlich von ihrer Regierung Schutz erwarten könnten, beschützt aber eben auch jene, die den Hilfsbedürftigen Hilfe bringen, und sichert so der Zivilbevölkerung Zugang zu Nahrungsmitteln und medizinischer Versorgung. UNMISS bringt somit den Menschen im Südsudan Hoffnung auf eine bessere Zukunft und gibt ihnen vor allem auch eine Bleibeperspektive.
(Beifall bei der AfD)
Mit Blick auf die Zusammensetzung der Blauhelmtruppe vor Ort, auf die gerade hingewiesen wurde, sage ich: Afrika soll und Afrika muss lernen, für seinen Kontinent endlich eigenständig mehr Verantwortung zu übernehmen. Daran mitzuwirken und deutsches Know-how für ein weiteres Jahr in die Mission einzubringen, ist aus unserer Sicht somit richtig und wichtig. Das südsudanesische Volk ist jetzt aufgerufen, sich für seine Zukunft in Frieden und Freiheit starkzumachen und die Geschicke des Landes mehr oder weniger in die eigenen Hände zu nehmen.
Meine Damen und Herren, die AfD-Fraktion steht für eine konstruktive Opposition.
(Lachen bei Abgeordneten der SPD, des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP – Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Der beste Witz!)
So haben wir vorhin das völlig überflüssige Mandat für Sea Guardian abgelehnt und stimmen hier dem Mandat für UNMISS zu.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Vielen Dank, Herr Kollege Otten. – Nächster Redner ist der Kollege Knut Gerschau, FDP-Fraktion.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
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Electoral Period | 20 |
Session | 160 |
Agenda Item | Bundeswehreinsatz in der Republik Südsudan (UNMISS) |