21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 160 / Tagesordnungspunkt 17

Maja WallsteinSPD - Gründung des Square Kilometre Array-Observatoriums

Lade Interface ...
Anmelden oder Account anlegen






Hochgeschätzte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Besucherinnen und Besucher! Schön, dass Sie da sind. Wer von uns guckt nicht gern in den Nachthimmel zu den funkelnden Sternen? Ich bin aus Brandenburg, und bei uns kann man das ganz besonders gut machen; denn wir haben so wenig Lichtverschmutzung wie sonst nirgendwo in Deutschland.

(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist bei mir im Ruhrpott anders!)

Genauer möchte ich Ihnen erzählen, dass ich aus Cottbus komme. Bei uns wurde 1966 eine Schulsternwarte gebaut an der damals 10. Polytechnischen Oberschule. Zufällig war das die Schule, an der ich viele Jahre später – zu meiner Zeit dann schon das Fürst-Pückler-Gymnasium – der AG Astronomie angehörte. Für eine Vorlesung in Radioastronomie, wie es der geschätzte Kollege Dr. Holger Becker heute hier gemacht hat, reicht es bei mir leider nicht. Aber allein dafür, dass man auch mal nachts in der Schule sein durfte, und dafür, meine strenge Mathelehrerin Frau Kanitz auch mal von einer anderen Seite kennengelernt zu haben, hat sich das wirklich gelohnt. Die Sternwarte wird heute nicht mehr für den Unterricht genutzt. Nur der Hausmeister hat noch die Schlüssel. Aber die Faszination bleibt.

Heute sind Sie, liebe Besucherinnen und Besucher, Zeugen einer wirklich tollen Geschichte. Deutschland tritt jetzt einer zwischenstaatlichen Organisation bei, die ein Radioteleskopnetzwerk weltweit aufbaut, mit dem man noch so viel mehr sehen kann als das, was ich damals gesehen habe. Geplant auf einem Quadratkilometer werden in Australien und Südafrika Antennen aufgestellt, die durch Kombination ihrer Signale ermöglichen, einen großen Himmelsausschnitt in sehr hoher Auflösung zu beobachten.

Man kann sich das etwa so vorstellen: Parabolantennen – die kennen Sie alle; die heimischen TV-Satellitenschüsseln funktionieren nach dem gleichen Prinzip – und Dipolantennen werden in Feldern zusammen aufgestellt. Die Dipolantennen sehen ein bisschen so aus wie ein Wald voller vertrockneter Tannenbäume. Diese Felder geben zusammen den Signalempfang, der mit Rechnern transportiert wird. Die Datenmengen sind so groß wie ein Drittel des weltweiten Internetdatenverkehrs. Man kann sich also vorstellen, was das für ein riesiges Projekt ist.

Viele von Ihnen kennen bestimmt die Serie „The Big Bang Theory“, und das Lied zu Beginn der Show – ein Ohrwurm – endet mit:

„Music and mythology, Einstein and astrology. It all started with the big bang.“

Und tatsächlich haben die Forschungsvorhaben, die mit diesem Radioteleskopnetzwerk erforscht werden sollen, nichts Geringeres im Blick als die Grundlagen unserer Existenz: die Grundlagen unseres Universums, die Formation der ersten Sterne und Galaxien nach dem Big Bang, dem Urknall, aber eben auch Feldtests im Zusammenhang mit Albert Einsteins allgemeiner Relativitätstheorie. Die Serie vermittelt insofern schon im Titel tatsächlich die wissenschaftlichen Zusammenhänge, die wir jetzt weiter erforschen. Dabei könnte man – quasi nebenbei – vielleicht sogar mehr über Leben jenseits der Erde herausbekommen.

Ich finde es großartig, dass sich Deutschland international mit Partnerinnen und Partnern in 16 Ländern in diesem SKAO-Projekt mit der Erforschung der Ursprünge des Universums beschäftigt. Da ist Musik drin. Wir reden von Australien, Kanada, China, Frankreich, Indien, Japan, Italien, den Niederlanden, Portugal, Südafrika, Südkorea, Spanien, Schweden, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich. Das Teleskopnetzwerk ist wahrhaftig ein Netzwerk rund um die Welt. Internationale Zusammenarbeit bei der Grundlagenforschung hilft uns allen. Es ist ein Netzwerk, das wir auch im Sinne der Wissenschaftsdiplomatie nutzen können, um gemeinsame Probleme anzugehen und konstruktive internationale Partnerschaften aufzubauen.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Der Nutzen von Wissenschaftsdiplomatie ist klar: Gemeinsames Forschen und Lernen bringt unsere Kulturen und Gesellschaften näher zusammen, und es fördert gegenseitiges Verständnis. Kulturelle Differenzen werden weniger wichtig, da die gemeinsame Forschungsarbeit auf internationalen wissenschaftlichen Standards basiert.

Dieses Megaprojekt ist also für Deutschland nur sinnvoll. Keine weiteren Haushaltskosten – nur um mal die seriösen Zahlen klarzumachen: 9 Millionen Euro Barmittel, 12 Millionen Euro Sachbeitrag zum Bau, alles schon im Haushalt der Max-Planck-Gesellschaft drin;

(Dr. Ingeborg Gräßle [CDU/CSU]: Das wissen wir!)

da ist eigentlich alles klar; ich bin so erschrocken, dass Sie das nicht wussten –, grundlegende Erkenntnisse und Beteiligung an international relevanter Grundlagenforschung. Das nenne ich mal einen Big Bang in der Forschungspolitik.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Alexander Föhr für die Unionsfraktion ist der nächste und letzte Redner in dieser Debatte.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609173
Wahlperiode 20
Sitzung 160
Tagesordnungspunkt Gründung des Square Kilometre Array-Observatoriums
00:00
00:00
00:00
00:00
Keine