21.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 160 / Tagesordnungspunkt 5

Günter KringsCDU/CSU - Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Kinderehen sind eine eklatante Verletzung des Kindeswohls, insbesondere von Mädchen. Solche Ehen nehmen diesen Mädchen in der Regel ihre Bildungschancen, führen häufig zu frühzeitigen Schwangerschaften mit großen gesundheitlichen Risiken und erhöhen die Gefahr für sie, Opfer häuslicher Gewalt zu werden. Es ist schlimm genug, dass solche Verheiratungen von Kindern, die oft erst 14 Jahre oder noch jünger sind, weltweit millionenfach vorkommen. Dass die Zahlen aber auch in Deutschland in den letzten Jahren stark zugenommen haben, darf uns nicht ruhen lassen.

Deshalb hat die Große Koalition schon im Jahr 2017 gehandelt. Wir haben Ehen unter 18 Jahren gesetzlich verboten, und wir haben Ehen, die mit 15-jährigen oder noch jüngeren Kindern geschlossen werden, konsequent für unwirksam erklärt.

Unser Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen hat das Bundesverfassungsgericht Anfang letzten Jahres im Kern auch rechtlich bestätigt. Das Gericht hat klargestellt, dass unser Gesetz – ich zitiere – „mit dem Minderjährigenschutz … einer verfassungsrechtlichen Schutzverantwortung Rechnung“ trägt. Verfassungskonform ist danach auch die automatische Unwirksamkeit von Ehen mit 14- und 15-Jährigen; denn nur so können Zwangssituationen für diese Mädchen auch effektiv und schnell beendet werden. Nachbesserungsbedarf hat das Gericht lediglich in zwei Punkten festgestellt: hinsichtlich einer Bestätigungsmöglichkeit für aufgehobene Ehen bei Volljährigkeit und bei Unterhaltsansprüchen des minderjährig Verheirateten.

Meine Damen und Herren, für die überschaubaren Korrekturen hat das Verfassungsgericht eine Frist bis Mitte dieses Jahres gesetzt. Aber diese großzügige Frist haben Sie als Ampel nun fast verstreichen lassen. Die Zeit drängt, meine Damen und Herren! Denn ohne Handeln des Gesetzgebers wäre nicht nur das Kinderehen-Gesetz ab dem 1. Juli ungültig, sondern – viel schlimmer – auch alle Kinderehen wären wieder gültig. Junge Mädchen müssten zurück in Zwangsverbindungen, und diejenigen, die inzwischen vielleicht als Volljährige einen Partner ihrer Wahl geheiratet haben, würden von dieser Ampelregierung in eine grundsätzlich strafbare Doppelehe gezwungen.

Meine Damen und Herren, Sie haben auch zu diesem Thema in den letzten Monaten wieder das getan, was Sie so oft tun: Sie haben viel gestritten.

(Nina Warken [CDU/CSU]: Ganz genau!)

Aber bis zum heutigen Tag haben Sie eben keinen Gesetzentwurf zu dem Thema zustande gebracht. Nur unter dem Druck unseres Antrages haben Sie nun gestern zumindest eine Einigung angekündigt. Immerhin wirkt unsere Arbeit als Opposition also zugunsten des Schutzes von Kindern. Aber zu konkreten Inhalten reicht es wohl immer noch nicht bei dieser Ampel, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Schauen wir uns Ihre katastrophale Bilanz beim Kinder- und Jugendschutz an, dann habe ich leider wenig Hoffnung, dass Sie sich diesmal auf etwas Vernünftiges und Wirksames geeinigt haben. Von der Blockade der IP-Adressen-Nutzung gegen Kindesmissbrauch bis jüngst zur Cannabisfreigabe

(Sonja Eichwede [SPD]: Nicht für Minderjährige!)

haben Sie als Ampel ja leider hinlänglich gezeigt, dass Sie wenig übrighaben für den Schutz von Kindern vor Straftaten.

(Sonja Eichwede [SPD]: Nicht für Minderjährige! – Gegenruf der Abg. Nina Warken [CDU/CSU]: Sie verstehen es einfach nicht!)

Dass Sie nicht begreifen, dass das, was Sie beim Cannabis machen, auch Folgen für Minderjährige haben wird, nämlich mehr Verfügbarkeit dieses Stoffes, ist schlimm.

(Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat das jetzt mit Kinderehen zu tun?)

Es ist traurig, dass Sie nicht verstehen, welche Wirkung Ihre Gesetze haben und dass sie zulasten von Kindern gehen.

(Zuruf der Abg. Maria Klein-Schmeink [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dass Sie falsch handeln, ist schlimm. Dass Sie nicht mal verstehen, welche Auswirkungen Ihre Gesetze haben, ist noch schlimmer, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was hat denn das mit Kinderehen zu tun? Das ist ein wichtiges Thema, und Sie verunglimpfen es so!)

Wir verlangen von Ihnen endlich einen Kabinettsbeschluss, auf dessen Grundlage Kinderehen verboten und unwirksam bleiben. Stellen Sie darin sicher, dass die betroffenen Kinder auch die nötigen Hilfen bekommen, damit sie nicht zurückgeholt werden in Zwangssituationen. Streiten Sie in Ihrer Koalition gern, worüber Sie wollen. Aber tun Sie das nicht länger auf dem Rücken von Kindern. Machen Sie Schluss mit nur vagen Ankündigungen! Legen Sie endlich einen Gesetzentwurf hier im Hause vor!

Vielen herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU/CSU – Sonja Eichwede [SPD]: Werden wir!)

Esther Dilcher für die SPD-Fraktion ist die nächste Rednerin.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der Abg. Katrin Helling-Plahr [FDP])

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Electoral Period 20
Session 160
Agenda Item Gesetz zur Bekämpfung von Kinderehen
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