Silke LaunertCDU/CSU - Reform der Schuldenbremse
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Mit dem Erben ist das so eine Sache. Wer wünscht sich nicht, dass da plötzlich eine reiche Tante oder Großtante auftaucht, die einem ein großes Vermögen hinterlässt? Aber nicht jeder hat so viel Glück. Und es kommt auch gar nicht so selten vor – das kann ich Ihnen als ehemalige Richterin im Nachlassbereich sagen –, dass der Erbe merkt: Ups, die Frau, die mir dieses Vermögen vererbt hat, hat zu Lebzeiten über ihre Verhältnisse gelebt und ist hoch verschuldet. – Und was macht man im Zivilrecht? Man kann das Erbe ausschlagen. Das ist eine sinnvolle und nachvollziehbare Regelung; denn was kann ich denn dafür, dass meine Großtante die Schulden angehäuft und über ihre Verhältnisse gelebt hat?
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir konnten euer Steuererbe leider nicht ausschlagen! Wir haben euren Quatsch geerbt!)
Anders ist das allerdings bei den Staatsschulden. Ausschlagungsmöglichkeit? Fehlanzeige! Das heißt: Die nachfolgende Generation erbt die Schulden, die wir heute machen.
(Dr. Wiebke Esdar [SPD]: Und die Infrastruktur? Und die Bildung?)
Zu der Aussage, dass diese Investitionen so toll seien, und vor allem zu dem Argument, dass wir damit endlich eine gute Bildung gewährleisten können, muss ich ehrlich sagen: Das macht mich wirklich wütend. – Denn warum verlangen wir denn Steuern von den Menschen? Es gehört zu den Kernaufgaben des Staates, dass er sich um eine gute Schulbildung der Kinder kümmert.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Staat muss diese Einnahmen erwirtschaften. Er darf sie nicht für alles andere ausgeben, und man kann dieses Thema nicht vorschieben.
In Wahrheit ist es so: Das wäre eben nicht zugunsten der zukünftigen Generationen. Zukunftsinvestitionen sind in Wahrheit Zukunftsschulden, und die werden durch die Zinslast verschärft. Sie wissen es – ich habe es in einer Rede schon gesagt –: 2020, 2021 waren es 4 Milliarden Euro Zinsen, im letzten Jahr waren wir schon bei fast 40 Milliarden Euro. Hätten wir keine Schulden, könnten wir 40 Milliarden Euro mehr in diesem Haushalt verteilen.
(Peter Boehringer [AfD]: Sie meinen die CDU-Schulden!)
Das muss einem bewusst werden.
Je höher die Schulden sind, desto stärker steigen die Zinsen. Warum? Ist doch klar: Der Kapitalmarkt reagiert.
(Dr. Sebastian Schäfer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt nicht! Das hängt von der Zinsquote ab, Kollegin! Euch sind die niedrigen Zinsen doch in den Schoß gefallen! Ihr habt überhaupt nicht konsolidiert!)
Wer einen kleinen Crashkurs will, der gucke nach Griechenland. Dann weiß man, wo das hinführt. Und auch Amerika wird uns demnächst noch zeigen, wie groß die Herausforderungen sind, wenn man es mit dem Schuldenmachen übertreibt.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf von der SPD: Dann würde die Bahn wahrscheinlich gar nicht mehr fahren!)
Herr Dr. Rudolph, ich hätte nicht gedacht, dass ich Ihnen Nachhilfe im Hinblick auf die Regelung der Schuldengrenze im Grundgesetz geben muss.
(Bettina Hagedorn [SPD]: Die brauchen wir auch nicht!)
Aber ich kann Ihnen sagen: Bei der Wiedervereinigung hätten wir – ebenso wie bei der Coronapandemie oder wie beim Kriegsausbruch – durch die Verfassung natürlich die Möglichkeit gehabt, die Schuldenbremse aufgrund einer außerordentlichen Notsituation auszuhebeln.
(Dr. Thorsten Rudolph [SPD]: 30 Jahre lang? Viel Spaß!)
Wir haben all diese Möglichkeiten, um in solchen Notsituationen zu reagieren.
Ich kann Ihnen ganz ehrlich sagen: Es kann nicht sein, trotz Rekordeinnahmen immer mehr Schulden zu machen, mehr zu verteilen und sich nicht zu fragen: Wo setze ich die Prioritäten?
(Dr. Thorsten Rudolph [SPD]: Die Schuldenquote würde sinken!)
Muss ich auch sparen? Was sind meine Kernaufgaben als Staat? Was kann ich mir alles leisten? Kann ich Ziele vielleicht nur Stück für Stück erreichen und nicht alles auf einmal? – Es kann doch nicht sein, dass Sie immer so denken und so argumentieren.
Schulden für Alltagsausgaben, letztlich als Ausnahme gedacht, sollen plötzlich Standard sein. Das Aufnehmen von Schulden soll zur Regel werden. Wissen Sie, das ist genau das Gegenteil einer generationengerechten Finanzpolitik. Das ist das Gegenteil von Verantwortung und Nachhaltigkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Kommen Sie bitte zum Schluss.
Letzter Satz. – Denken Sie an diejenigen, die die Folgen Ihrer Entscheidungen tragen müssen! Denken Sie an die Erben Ihrer Politik!
Vielen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Markus Kurth [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Denken Sie mal an Ihr Erbe! Das ist ja unfassbar!)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609207 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 160 |
Tagesordnungspunkt | Reform der Schuldenbremse |