Gerrit HuyAfD - Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes
Frau Präsidentin! Werte Kollegen! Liebe Zuschauer! Worum geht es heute? Die Antwort lautet: Es geht um drei dürre Sätze, die dem Betriebsverfassungsgesetz hinzugefügt werden sollen.
(Zuruf der Abg. Marianne Schieder [SPD])
Aber diesen drei Sätzen sind mehrere große Korruptionsskandale vorausgegangen. Die Aufgabe eines Betriebsrats ist es, die Interessen der Beschäftigten zu vertreten, stellvertretend für sie mit dem Arbeitgeber zu verhandeln und zum Beispiel Betriebsvereinbarungen zu schließen. Er tut dies ehrenamtlich. Damit er in diesem Ehrenamt in unabhängiger Weise arbeiten kann, dürfen ihm daraus keine persönlichen Nachteile, aber auch keine speziellen Vorteile entstehen. Das gilt sowohl in finanzieller Hinsicht als auch bezüglich seiner beruflichen Entwicklung.
Um dies sicherzustellen, ist im Betriebsverfassungsgesetz festgeschrieben, dass sich sein Gehalt wie auch seine fiktive berufliche Entwicklung an den Daten vergleichbarer Arbeitnehmer in ihrer betriebsüblichen Entwicklung orientieren muss. Das alles stand bisher schon im Gesetz.
Neu hinzugekommen sind ein paar Klarstellungen zur Festlegung vergleichbarer Arbeitnehmer und zu den zugehörigen Verfahren, die in einer Betriebsvereinbarung festgeschrieben werden können und plausibel sein müssen. Klar festgestellt wird zudem, dass weder eine einkommensmäßige Benachteiligung noch Begünstigung vorliegt, wenn das Betriebsratsmitglied die üblichen betrieblichen Voraussetzungen für seine Gehaltshöhe erfüllt und bei dieser Feststellung nicht geschummelt wird. Das ist besonders wichtig; denn Betriebsräte sollen zukünftig nicht mehr käuflich sein.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist eine ganz schön üble Aussage!)
Sind sie das denn heute? Oh ja, das kann durchaus vorkommen.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja!)
In der großen Mehrzahl der Betriebsräte ist das natürlich nicht der Fall, schon gar nicht in den kleineren Unternehmen. In der Großindustrie aber sieht das gelegentlich anders aus.
Dafür zwei Beispiele: Das erste Beispiel ist mit einem berühmten Namen verbunden: Peter Hartz. Das ist genau der Peter Hartz, der unserem Land Hartz IV – jetzt Bürgergeld – beschert hat. Sein Name ist aber auch mit dem als „VW-Korruptionsaffäre“ bekanntgewordenen Bestechungsskandal verbunden. 2005 kam nämlich heraus, dass der Gesamtbetriebsrat des VW-Konzerns jahrelang aus dem Personalressort heraus mit Zuwendungen wie Luxusreisen, Prostituiertendienstleistungen oder einfach Geld bestochen und korrumpiert worden war.
Der damalige VW-Personalvorstand war Peter Hartz. Er wurde wegen Untreue zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung und einer hohen Geldstrafe verurteilt. Den damaligen Betriebsratsvorsitzenden Klaus Volkert, dem Peter Hartz während dessen Amtszeit zusätzlich zu seinem regulären Gehalt noch weitere 2 Millionen Euro hatte zukommen lassen, traf ein noch härteres Urteil. Er wanderte für mehrere Jahre ins Gefängnis wegen Anstiftung und Beihilfe zur Untreue und wegen Verstoßes gegen das Betriebsverfassungsgesetz.
Zwei Jahre später hatte dann auch die Siemens AG ihre Betriebsratskorruptionsaffäre. Damals war aufgeflogen, dass Zentralvorstand Johannes Feldmayer dem Betriebsratschef in Erlangen, Wilhelm Schelsky, gut 30 Millionen Euro für angebliche Beratungsleistungen hatte zukommen lassen, die aber nie zustande gekommen waren.
(Beate Müller-Gemmeke [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Kein Wort über die Zehntausende Betriebsräte, die gute Arbeit machen!)
– Wovor haben Sie eigentlich Angst? Dass Sie es nicht mehr in die Parlamente schaffen?
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Das wollen die Genossen nicht hören! – Zuruf von der SPD: Reden Sie auch mal zum Gesetz? – Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was wir da erleben, ist Nazisprech!)
Damals – –
(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist Nazisprech!)
– Nazisprech: Ihre Betriebsräte.
(Frank Bsirske [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, ja! Wie Ihr Vize in Bayern! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Getroffene Hunde bellen!)
Herr Bsirske, bitte. Wir benutzen diese Begriffe hier nicht. Bitte, jetzt hat Frau Huy das Wort.
Danke schön. – Tatsächlich hat Schelsky etwas ganz anderes betrieben, nämlich den Ausbau der Gewerkschaft AUB, die der IG Metall Paroli bieten sollte. Beide Herren wurden rechtskräftig verurteilt: Feldmayer zu zwei Jahren Haft auf Bewährung wegen Untreue und Steuerhinterziehung, Schelsky wegen Betrugs und Steuerhinterziehung zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren, die er auch antreten musste.
(Tino Chrupalla [AfD]: Hört! Hört!)
Zu der heute vorgelegten Gesetzesänderung hat aber erst ein dritter großer Prozess geführt. Bei VW konnten Betriebsräte auch nach der Korruptionsaffäre noch reich werden. Der langjährige Betriebsrat Osterloh beispielsweise hat inklusive Boni bis zu 750 000 Euro im Jahr verdient – ein Gehalt für die höchste Managementebene unterhalb der Konzernleitung und damit ein Vielfaches seiner ehemaligen Weggefährten in der Qualitätssicherung,
(Tino Chrupalla [AfD]: Keine Arbeitervertreter!)
die zumindest bei Amtsübernahme die natürliche Vergleichsgruppe gewesen wären. Gegen mehrere VW-Personalmanager und Vorstände wurden daraufhin Strafverfahren wegen Untreue eingeleitet. Der Bundesgerichtshof hat die Manager jedoch Anfang letzten Jahres endgültig freigesprochen.
Aber wie schon gesagt: Wirtschaftsunternehmen waren verunsichert und haben eine Klarstellung von der Politik zur rechtssicheren Betriebsratsvergütung gefordert. Daraufhin hat das Bundesarbeitsministerium die Kommission „Rechtssicherheit in der Betriebsratsvergütung“ eingesetzt, deren Vorschläge jetzt in Form der drei Ergänzungssätze ins Gesetz eingearbeitet werden sollen.
Ob damit tatsächlich die gewünschte Rechtssicherheit erreicht wird, wird die Anhörung klären, wie auch die Frage, ob dadurch einer möglichen Korrumpierbarkeit von Betriebsräten entgegengewirkt wird. Klageberechtigt wegen Betriebsratsbegünstigungen sind nur die im Betriebsverfassungsgesetz genannten Personengruppen, also der Arbeitgeber, die im Betrieb federführende Gewerkschaft und der Betriebsrat in seiner Mehrheit. Das heißt, Vetternwirtschaft ist grundsätzlich nach wie vor möglich. Die Staatsanwaltschaft jedenfalls darf hier nicht tätig werden.
Was bedeutet das nun in der Praxis? Wenn es der Arbeitgeber schafft, große Teile seiner Belegschaft der von ihm bevorzugten Gewerkschaft zuzuführen, indem er zum Beispiel allen neuen Mitarbeitern bei der Einstellung einen Mitgliedsantrag auf den Tisch legt, wird wahrscheinlich auch der Betriebsrat mehrheitlich in der Hand dieser Gewerkschaft sein. Damit sind alle Parteien in einem Boot. Da bekanntlich eine Krähe der anderen kein Auge aushackt, ist auch bei offensichtlicher Betriebsratsbegünstigung wie zu hohen Gehältern nicht zu erwarten, dass Anzeige erstattet wird.
(Zurufe von der SPD)
Eher arrangiert man sich.
(Erhard Grundl [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist ein Wahnsinn!)
Das wird auch durch die heutige Klarstellung nicht grundsätzlich verhindert.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Das ist arbeitnehmerfeindlich!)
Dafür kann der Arbeitgeber jetzt sogar rechtssicher seinem Betriebsratsvorsitzenden ein hohes Managementgehalt zahlen, indem er einfach ein dazu passendes Angebot macht, zum Beispiel für die freiwerdende Stelle eines Personalleiters.
(Jens Peick [SPD]: So funktioniert das echte Leben!)
Das zugehörige Gehalt stünde dem Betriebsrat dann wohl tatsächlich zu, auch wenn er seine Betriebsratsarbeit fortsetzt.
(Dr. Martin Rosemann [SPD]: Das ist demokratiefeindlich!)
Es ist also durchaus denkbar, dass das Betriebsratsamt heute sogar rechtssicher zum Karriereberuf wird. Dabei will ich jetzt gar nicht beurteilen, ob das gut oder schlecht ist; denn ein gut funktionierender Betriebsrat, der die Arbeitnehmerinteressen nachhaltig vertritt, hat auch immer das Wohl des Unternehmens im Auge
(Jens Peick [SPD]: Fünf Minuten reden Sie schon davon!)
und kann eine große Hilfe für alle beteiligten Akteure sein – in der Belegschaft wie auch im Management. Das gilt gerade bei schwierigen Themen wie Restrukturierung oder Standortverlagerung. Und es gilt insbesondere dann, wenn er sich nicht von Gewerkschaften für unternehmensfremde, politische Zwecke einspannen lässt. Letzteres allerdings wird mit diesem Gesetz gerade nicht adressiert.
Vielen Dank.
(Beifall bei der AfD)
Als Nächster hat das Wort für die FDP-Fraktion Carl-Julius Cronenberg.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609252 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes |