Jan-Marco LuczakCDU/CSU - Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn wir als Union den Antrag „Deutschland aus der Baukrise führen“ vorlegen, dann ist uns das ernst; das sagen wir nicht so daher. Denn in der Tat: Deutschland ist in der größten Wohnungsbaukrise seit Jahrzehnten. Die Situation ist wirklich dramatisch. Wir haben gerade am Montag Zahlen von Destatis bekommen: Die Baugenehmigungen brechen auf breiter Front ein. Im Januar 2024 hatten wir ein Minus von 43 Prozent gegenüber 2022. Und das hat Auswirkungen: Projekte werden storniert, es gibt Insolvenzen bei den Unternehmen, es gibt Entlassungen.
Ich will Ihnen das sagen: Wenn die Arbeitskräfte erst mal weg sind, dann hat das langfristig negative Folgen. Wir werden auf lange, lange Jahre nicht in der Lage sein, die eigentlich benötigten 500 000 Wohnungen, die wir in unserem Land brauchen, zu bauen.
(Bernhard Daldrup [SPD]: 500 000?)
Das hat eine enorme gesellschaftliche und auch volkswirtschaftliche Sprengkraft. Die Leidtragenden sind die Menschen, die heute auf der Suche nach einer bezahlbaren Wohnung bei den Wohnungsbesichtigungen Schlange stehen.
(Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach, das merken Sie erst jetzt?)
Diese Abwärtsspirale muss durchbrochen werden, Herr Kollege Daldrup.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Kassem Taher Saleh [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Deswegen wundert mich das schon sehr, wie die Ampel hier agiert – oder besser: nicht agiert. Sie tun ja immer so, als ob Sie eigentlich gar nichts dafür können. Die Bauministerin sagt immer: Das sind alles die gestiegenen Zinsen. – Sie haben gerade selber den Verweis auf Europa gebracht. Sie haben dargestellt, in Deutschland sei alles super, das sei eigentlich eine europäische Sache. Da will ich Ihnen mal sagen: Die Zahlen von Euroconstruct haben es gerade noch mal deutlich gemacht. Für die Fertigstellung prognostizieren sie 2022 bis 2026 im Schnitt für Europa minus 17,3 Prozent – minus 17,3 Prozent in ganz Europa.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Im Durchschnitt!)
Für Deutschland sagen sie ein Minus von über 40 Prozent voraus. Das ist eine Lücke von 23 Prozentpunkten. Die Probleme, die wir in Deutschland haben, sind hausgemacht. Das sind Ihre Probleme, die Sie als Ampel hier hervorgebracht haben.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Glaube keiner Statistik, die du nicht selber gefälscht hast!)
Deswegen muss man schon mal sagen: Es wundert mich schon sehr, wenn die Bauministerin hier von einer normalen Marktbereinigung spricht, wenn Unternehmen pleitegehen, wenn der Bundeskanzler letzte Woche noch, am letzten Freitag, von einer Stabilisierung des Wohnungsneubaus spricht. Ich war da bei der Veranstaltung: Da ging ein Raunen durch den Saal. Die Unternehmen, die dort waren, haben das offensichtlich ganz anders gesehen. Genauso ist es bei allen Experten. Die sagen: Die Talsohle ist noch nicht erreicht. – Deswegen ist das, was die Ampel hier macht – die Bauministerin, der Kanzler, aber auch Sie, liebe SPD- und Ampelfraktionäre –, Realitätsverweigerung. Das ist das, was Sie hier machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Olaf Scholz hat sich noch im Wahlkampf als Kanzler für bezahlbares Wohnen inszeniert. Dann hat er zu einem Baugipfel ins Bundeskanzleramt eingeladen. Viel zu spät, aber immerhin. Er hat damit das Bauen zur Chefsache gemacht. Nur, was ist seitdem passiert?
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: Nichts!)
14 Punkte sind dort identifiziert worden. Die Punkte waren auch in Ordnung; da hätten wir als Union an vielen Stellen mitgehen können. Aber jetzt, ein halbes Jahr später: Nichts, aber auch wirklich nichts von Substanz ist bislang umgesetzt worden. Das ist die Wahrheit.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Das stimmt doch überhaupt nicht! – Brian Nickholz [SPD]: Das ist Realitätsverweigerung! – Zuruf der Abg. Franziska Mascheck [SPD])
Das ist ein Armutszeugnis. Der Kanzler und seine Bauministerin sind grandios gescheitert. Die beiden sind die Master of Neubau-Desaster.
Es ist ja gar nicht so schwer: Die Vorschläge liegen doch auf dem Tisch. Und ganz anders, als Sie das sagen, haben wir in unserem Antrag viele Punkte aufgelistet,
(Bernhard Daldrup [SPD]: Sagen Sie doch mal einen!)
die ich jetzt nicht mehr alle darstellen kann.
(Lachen der Abg. Bernhard Daldrup [SPD] und Franziska Mascheck [SPD])
Aber das Entscheidende für uns ist, die Baukosten zu senken. Bauen ist in Deutschland schlicht zu teuer. Wenn sich das nicht ändert, wird das Wohnen in unserem Land irgendwann unbezahlbar. Deswegen müssen wir die Spirale von immer strengeren und damit teuren Baustandards endlich durchbrechen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Aber was machen Sie? Nach langem, ewigem Streit haben Sie immerhin gesagt: Wir werden die Neubaustandards nicht noch weiter erhöhen, auf den EH-40-Standard. – Aber das gilt nicht dauerhaft, sondern Sie sagen: bis zum Ende der Legislaturperiode. Das sind noch anderthalb Jahre. Sie wissen selber, Herr Daldrup, die Linien im Bau sind lang. Die Unternehmen planen jetzt. Und sie wissen nicht, was ab 2026 gelten wird. Deswegen ist das keine Planungssicherheit. Sie verunsichern die Unternehmen und tragen damit maßgeblich dazu bei, dass in unserem Land nicht mehr gebaut wird.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Und weil Sie nach konkreten Vorschlägen gefragt haben: Wir sagen ganz klar: Wir wollen den Neubaustandard EH 55 förderfähig machen. Sie haben alle Programme, bei denen es um Förderung geht, auf den EH-40-Standard ausgerichtet, was ein extrem teurer Standard ist. Wenn Sie so bauen wollen, kostet das richtig viel Geld. Das ist auch der Grund, wieso es zum Beispiel bei der Eigentumsbildung für Familien nicht vorwärtsgeht:
(Emmi Zeulner [CDU/CSU]: So ist es!)
weil sich diesen Standard am Ende keiner leisten kann.
(Bernhard Daldrup [SPD]: Das stimmt aber auch nicht! – Franziska Mascheck [SPD]: Es geht doch um den Gebäudelebenszyklus!)
Deswegen ist für uns ganz klar: Der EH 55 als Neubaustandard muss eben auch gefördert werden, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Christina-Johanne Schröder [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das haben Sie doch die letzten zehn Jahre gemacht! – Zuruf der Abg. Franziska Mascheck [SPD])
Vielleicht noch einen letzten Punkt. Was uns wirklich nach vorne bringen würde, ist zum Beispiel der Bauturbo, den Sie selbst so genannt haben, § 246e im Baugesetzbuch. Der sollte bis zum Jahresende vorliegen, und es gibt ja auch einen Vorschlag der Bauministerin. Nur liegt es jetzt bei den Fraktionen. Sie streiten sich bis aufs Blut um diesen § 246e BauGB; die Grünen leisten erheblichen Widerstand. Und Sie selbst, Herr Daldrup, haben zahlreiche Bedenken gegen diesen Vorschlag, gegen Ihren eigenen Kanzler in der letzten Sitzung des Bauausschusses vorgebracht.
Kommen Sie erst mal zur Einsicht! Wir brauchen jetzt Neubau. Nehmen Sie Ihre Verantwortung wahr, und erleichtern Sie das Bauen in Deutschland! Dann kommen wir hier auch weiter, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernhard Daldrup [SPD]: Sie haben doch selber Änderungsvorschläge! Vergessen?)
Als Nächste hat das Wort für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Christina-Johanne Schröder.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609269 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Maßnahmen für bezahlbares Bauen und Wohnen |