Ulrich LechteFDP - Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED IRINI
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Lage in Libyen ist seit dem Sturz des Diktators Al-Gaddafi 2011 und den folgenden Bürgerkriegen wirklich erschreckend. Wie ein Bericht der unabhängigen Ermittlungsmission der Vereinten Nationen für Libyen im Herbst 2023 festgestellt hat, finden täglich in einem erschrecken Ausmaß schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit statt, darunter Folter, sexualisierte Gewalt, Versklavungen, Erpressungen, Entführungen bis hin zu Mord. Besonders betroffen sind Frauen, Minderheiten und die Zehntausenden Migranten, die Libyen als Transitland nach Europa nutzen.
Verübt werden diese Verbrechen sowohl im Westen des Landes,
(Beatrix von Storch [AfD]: … als auch auf See!)
der unter Kontrolle der Nationalen Einheitsregierung von Abdul Dbeibah steht, als auch im Osten des Landes, der von General Khalifa Haftar regiert wird. Gleichzeitig halten bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen den beiden Regierungen sowie zwischen verschiedenen kleineren bewaffneten Gruppen, etwa dem IS oder Al-Qaida des Islamischen Maghrebs, weiter an. Befeuert wird die Situation durch den Einsatz von Söldnern. Beispielsweise hat Russland die Gruppe Wagner – ich durfte gerade durch den Kollegen Kiesewetter lernen, dass es sich um das neue Afrikakorps Russlands handelt – zur Unterstützung Haftars in den Kampf geschickt. Daneben bleibt das größte Problem der Schmuggel von Waffen nach Libyen.
Aus diesem Grund hat der VN-Sicherheitsrat bereits 2011 per einstimmiger Resolution ein Waffenembargo verhängt. Die EU setzte diesen Beschluss zunächst mit der Mission Sophia um, auf welche im März 2020 auf Betreiben auch einiger Fraktionen dieses Hauses die EU-Mission Irini folgte. Der Fokus ist dabei die Durchsetzung des Waffenembargos. Hierfür werden mit Satelliten und Flugzeugen sowie Schiffen Daten gesammelt und, wenn ausreichend Verdacht besteht, auch Durchsuchungen von Schiffen durchgeführt.
Und, Kollege Wundrak, bei aller Liebe, auch wenn die Türkei ein problematischer Partner ist, ist sie doch nach wie vor ein Partner, der in der NATO verankert ist.
(Zuruf von der AfD: Ja, das ist ja das Schlimme!)
Dementsprechend geht man bei Freunden nicht einfach auf Schiffe und schaut dort nach, wenn sie das nicht wünschen.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Seit Beginn von Irini wurden über 13 000 Schiffe kontaktiert und 600 Friendly Approaches sowie 27 Boardings durchgeführt. Die durchgehende Überwachung des libyschen Meeres, aber auch des Land- und Luftraums schreckt den Waffenschmuggel ab. Gleichzeitig liefert sie die Möglichkeit, Akteure, die gegen das Embargo verstoßen, klar zu benennen und anzuprangern.
Die Umsetzung des Waffenembargos durch Irini ist heute umso wichtiger, als mittlerweile aus Libyen vermehrt Waffen in den Sudan geliefert werden. Damit wird der katastrophale Krieg dort weiter angeheizt. Gerade zwischen dem libyschen General Haftar und der sudanesischen Rapid Support Force gibt es enge Verbindungen. Welch Wunder!
Neben der Kontrolle des Waffenembargos und der Verhinderung von Ölschmuggel hat Irini außerdem die Aufgabe, das Geschäftsmodell von Menschenhändlern und Schleuserringen in Libyen zu zerschlagen. Nach wie vor ist Libyen eine wichtige Station für Flüchtlinge, die nach Europa wollen. Was bislang nicht stattfindet, ist die im EU-Mandat enthaltene Ausbildung der menschenrechtsverachtenden libyschen Behörden, und das ist richtig so.
Die Bundesrepublik Deutschland zeigt mit ihrer Beteiligung an diesem Mandat ihr sicherheitspolitisches und humanitäres Verantwortungsbewusstsein gegenüber der internationalen Gemeinschaft. Der Einsatz von Stabspersonal, von Flugzeugen zur Seeraumüberwachung und von Booten sowie Schiffen trägt maßgeblich zum Erfolg der Mission bei. Für diesen wertvollen Beitrag möchten wir unseren Soldatinnen und Soldaten der Operation Irini herzlich danken. Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP, der SPD, der CDU/CSU und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Gleichzeitig sollten auch diplomatische Beziehungen hin zu einem nachhaltigen Frieden in Libyen verstärkt werden. Der im Berliner Prozess angestoßene Weg hin zu politischer Stabilität und Sicherheit sollte weiterverfolgt werden. Ich weiß, dass dazu täglich Bemühungen im Auswärtigen Amt stattfinden. Auch die Bemühungen, Wahlen durchzuführen, gilt es nach Möglichkeit weiter zu unterstützen. Bislang blockieren hier leider die konkurrierenden Parteien Libyens aus Angst vor einem Machtverlust. Ja, Demokratie kann schwierig sein.
Irini bedeutet auf Griechisch „Frieden“. Aber der ist in Libyen noch nicht eingetreten, und es scheint noch ein weiter Weg, diesen zu erreichen. Dank gilt unseren Bundeswehrsoldaten. Sie leisten mit ihrer Beteiligung an Irini einen sehr wichtigen Beitrag.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deswegen bitte ich heute um Zustimmung zur Fortsetzung des Mandats.
Allen Kolleginnen und Kollegen, die hier im Haus mit dazu beigetragen haben, dass der Bundesrat sich heute so wunderbar in Sachen Cannabisgesetzgebung verhalten hat, meinen herzlichsten Dank. Da haben wir alle ein gutes Werk getan.
(Beifall bei der FDP, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Dr. Volker Ullrich [CDU/CSU]: Das sehen nicht alle so!)
Das scheint etwas mit Frieden zu tun zu haben, was hier diskutiert wird.
Für die CDU/CSU-Fraktion spricht der Kollege Thomas Röwekamp.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609297 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Bundeswehreinsatz EUNAVFOR MED IRINI |