Thomas RöwekampCDU/CSU - Sicherung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! In der nächsten Woche werden wieder landauf, landab die Ostermärsche das Bild von Deutschland prägen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass die eine oder der andere aus der linken Hälfte dieses Hauses in der Vergangenheit an diesen Märschen teilgenommen hat oder vielleicht auch in der nächsten Woche wieder teilnehmen wird. Man muss kein Prophet sein, um vorherzusagen, dass auch in diesem Jahr bei den Ostermärschen wieder gegen die Rüstungsindustrie und die Rüstungspolitik auch in Deutschland gewettert werden wird.
Das ist einer der Gründe, weshalb wir mit dem vorliegenden Antrag dafür werben, dass die Strategie zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie in Deutschland jetzt überarbeitet und neu vorgelegt wird. Wir müssen ein Signal in dieses Land senden, dass im Rahmen der berechtigten Zeitenwende mit der Umsteuerung unserer Streitkräfte auf Bündnis- und Landesverteidigung, mit der Stärkung der Bundeswehr durch personelle Aufrüstung und natürlich materielle Ausrüstung auch ein klares Bekenntnis zur deutschen Rüstungsindustrie verbunden sein muss.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Zeitenwende bedeutet eben nicht nur, Geld für militärische Beschaffungen zur Verfügung zu stellen. Zeitenwende bedeutet, dass die Menschen ihre Einstellung zur Notwendigkeit von Bündnis- und Landesverteidigung und zur Stabilität in Deutschland ändern müssen.
Über 135 000 Mitarbeiter arbeiten allein in Deutschland in der Rüstungsindustrie. Sie erzielen dabei einen Umsatz von 30 Milliarden Euro. Aber es sind nicht nur quantitative Alleinstellungsmerkmale. Auch qualitativ ist die deutsche Rüstungsindustrie in Europa und international wettbewerbsfähig. Trotzdem macht der Anteil der in Deutschland hergestellten Rüstungsgüter an der europäischen Beschaffung nur einen geringen Anteil aus. 78 Prozent der europäischen Beschaffungen finden außereuropäisch statt. Deswegen ist es wichtig, dass wir die aus 2020 und damit aus der Zeit vor dem Ukrainekrieg stammende Strategie der Bundesregierung zur Stärkung der Sicherheits- und Verteidigungsindustrie ausgerechnet jetzt erneuern und anpassen müssen.
Lassen Sie mich aus unserem vorliegenden Antrag nur drei Beispiele nennen, die die Umsteuerung deutlich machen.
Wir müssen dazu kommen, dass insbesondere unsere nationalen Aufträge, also die Aufträge, die wir für die Bundeswehr erteilen, dauerhaft und verlässlich für die Industrie planbar sind.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Machen wir doch!)
Wir brauchen wie andere Nationen auch Rahmenverträge, insbesondere für die Beschaffung von Munition. Es macht keinen Sinn, dass Sozialdemokraten öffentlich die Leistungsfähigkeit der deutschen Rüstungsindustrie kritisieren, ohne gleichzeitig sicherzustellen, dass diese Industrie durch stetige und konsequente Beschaffung auch die notwendige Infrastruktur für die Auftragsabwicklung vorhalten kann.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Dazu gehört auch, dass die Möglichkeiten der Umsetzung und der Qualifizierung der Produkte der deutschen Rüstungsindustrie als Schlüsseltechnologie anerkannt werden. Andere Nationen machen uns das vor. Kein anderes europäisches Land schreibt so viel Rüstungsbeschaffung innerhalb der Europäischen Union aus wie Deutschland.
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das stimmt doch gar nicht!)
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen: Wir haben zwar die Beschaffung von Booten für die Marine als Schlüsseltechnologie klassifiziert. Trotzdem schreibt das Bundesverteidigungsministerium diese Boote jetzt europäisch aus. Wir halten das für einen Widerspruch.
(Zuruf des Abg. Dr. Joe Weingarten [SPD])
Wer Schlüsseltechnologie in Deutschland halten will, muss der Schlüsseltechnologie auch die notwendigen Aufträge im Rahmen einer nationalen Beschaffung vermitteln.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Lassen Sie mich ein zweites Beispiel der Umsteuerung nennen: die Rüstungsexportpolitik. Die Bundesregierung hat von Beginn an immer wieder für das Frühjahr angekündigt, ein Rüstungsexportgesetz vorzustellen; die Bundesaußenministerin hat damals noch von einem restriktiven Rüstungsexportkontrollgesetz gesprochen. Meine Damen und Herren, gerade im Bereich der zivil und militärisch nutzbaren Güter ist unsere Rüstungsexportpolitik ein Hemmnis für unsere deutsche Rüstungsindustrie.
Eine Bearbeitungsdauer von teilweise 30 bis 36 Monaten macht unsere deutsche Rüstungsindustrie europäisch und international gerade nicht wettbewerbsfähig. Wir brauchen eine Rüstungsexportpolitik, die konsequent auch die Stärken unserer Industrie erkennt, sie einbindet und ihr als Antragsteller auch Transparenz verschafft. Was ist eigentlich schlimm daran, wenn wir ein Massenspektrometer als Gut der Gesundheitsvorsorge in außereuropäische Länder exportieren lassen, ohne 36 Monate für die Erteilung der Genehmigung zu brauchen?
(Sara Nanni [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist viel besser geworden!)
Wir brauchen ein Umdenken in der Rüstungsexportpolitik. Wir müssen Ermöglicher von Rüstungsexporten werden und dürfen nicht mehr der Verhinderer sein, meine sehr verehrte Damen und Herren.
Lassen Sie mich zum Schluss sagen: Wir brauchen auch verstärkte europäische Kooperationen bei Beschaffungsprojekten. Das kann nicht bedeuten, dass in Europa ein deutscher Makel auf bestimmten Rüstungsgütern liegt. Die Beteiligung deutscher Rüstungsunternehmen an europäischen Produktionen darf nicht mehr davon abhängen, ob es in Deutschland ein Veto gegen die Herstellung und den Export dieser Rüstungsgüter gibt oder nicht.
Kurzum: Es gibt viel zu tun. Wir brauchen dringend ein klares Bekenntnis zum Rüstungsstandort Deutschland. Wir brauchen es für unsere eigene Bündnis- und Landesverteidigung, und wir brauchen es auch für unsere europäische Gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Der Kollege Dr. Joe Weingarten hat jetzt das Wort für die SPD-Fraktion.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609305 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Sicherung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit |