Patrick SchniederCDU/CSU - Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Die AfD bringt hier einen Antrag ein, der, kurz zusammengefasst, in etwa so lautet: Die Abgeordneten zahlen in die Rentenversicherung ein, und alle Probleme sowohl der Rentenversicherung als auch in Deutschland überhaupt,
(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Das ist ein Teil!)
alle Probleme, die wir wegen der Politikverdrossenheit haben – das steht so in Ihrem Antrag drin –, sind damit gelöst.
Nun will ich zunächst mal sagen: Der Antrag ist der Aufguss von kaltem Kaffee, und das in mehrfacher Hinsicht. In der letzten Wahlperiode hat einen ähnlichen, in weiten Teilen fast gleichlautenden Antrag Die Linke gestellt. Es ist ja legitim, über die Frage nachzudenken. Ich erinnere nur, dass Sie – es war übrigens die gleiche Rednerin – diesen Antrag in Bausch und Bogen abgelehnt haben.
(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Das stimmt so nicht!)
Da fragt man sich natürlich, wie ernst Ihnen das mit Ihrem Antrag ist.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Es ist aber auch kalter Kaffee in Bezug auf den Sachverhalt, über den wir reden. Denn zu der Fragestellung, die da thematisiert wird, liegen die Lösungsmöglichkeiten, die vorgeschlagen werden, ja längst auf dem Tisch. Wir haben eine Expertenkommission im Deutschen Bundestag eingesetzt, die 2013 hierzu die möglichen Lösungen präsentiert hat. Das war nicht nur die eine, die Sie in Ihrem Antrag darstellen – da gibt es übrigens einen Unterschied zu dem, was Sie gerade gesagt haben –, sondern es gibt daneben noch andere Modelle.
Deshalb frage ich Sie: Löst dieses Überführen der Abgeordneten in die Rentenversicherung, wie von Ihnen angegeben, die Probleme, die wir haben, und löst es auch das Problem der Politikverdrossenheit? Ich sage Ihnen jedenfalls: Das System, das wir im Moment haben, erfüllt alle Anforderungen, die das Grundgesetz, die das Bundesverfassungsgericht, die auch die Expertenkommission an die Ausgestaltung der Altersversorgung der Abgeordneten stellt.
Daher will ich das noch einmal deutlich darstellen. Das Bundesverfassungsgericht sagte in dem grundlegenden Urteil aus den 70er-Jahren zu der Diätenhöhe eindeutig: Die Abgeordnetendiät und damit auch die Altersversorgung müssen angemessen sein, und sie müssen die Unabhängigkeit des Abgeordneten sichern. – Darauf bezieht sich auch die Expertenkommission. Sie zieht das vor die Klammer, vor all die Modelle, die dann ausgeführt werden. Das gibt den Rahmen vor, was überhaupt möglich ist.
Was ist angemessen? Was sichert die Unabhängigkeit eines Abgeordneten? Das kann man in Euro und Cent nirgendwo nachlesen; dabei kann man auch über bestimmte Höhen streiten. Aber zu der Dimension hat das Bundesverfassungsgericht klar etwas gesagt. Es hat gesagt: Der Abgeordnete, der ein sehr anspruchsvolles, bedeutsames Mandat in diesem Staat ausübt, ist hinsichtlich der Freiheit, der Unabhängigkeit, die er braucht, der Verantwortung, die er trägt, vergleichbar mit einem Bundesrichter. Deshalb hat man die Besoldungsgruppe R 6 – auch das wurde ausdrücklich genannt –, die mit der den Oberbürgermeistern mittelgroßer Städte und Landräten gewährten Besoldungsgruppe B 6 vergleichbar ist, als Maßstab für die Diät genommen. Auch die werde ich nicht unendlich nach oben oder auch nach unten treiben können, weil ich dann die Unabhängigkeit und die Angemessenheit der Entschädigung nicht mehr gewährleisten kann.
Was für die Diäten gilt, gilt abgestuft auch für die Altersversorgung. Die gleichen Maßstäbe gelten dort. Deshalb ist es fast schon perfide, zu suggerieren: Wenn die Abgeordneten in die Rentenversicherung einbezahlen, kriegen sie weniger raus, sie stabilisieren angeblich das System der Rentenversicherung, und es wird günstiger für den Staat, der die Abgeordneten zu versorgen hat.
Die Expertenkommission kommt zu verschiedenen Modellen. Das eine Modell, befürwortet von fünf Experten, ist das, das wir im Moment haben: angemessen, sichert die Unabhängigkeit. Das andere Modell ist der Vorschlag, dass die Abgeordneten in die Rentenversicherung einbezahlen und daneben ein weiterer Zweig eingerichtet wird, in den die öffentliche Hand aus Steuergeldern einzahlt. Ein möglicher dritter Teil in diesem Bausteinmodell besteht aus der Eigenvorsorge des Abgeordneten. Aber dann dürfen Sie nicht verschweigen – das geht auch in Richtung der SPD –, dass auch dafür Geld aufgewendet werden muss. Wenn ich Eigenvorsorge betreiben will, müssen die Diäten angehoben werden, damit ich das bezahlen kann.
(Beifall bei der CDU/CSU sowie des Abg. Wolfgang Kubicki [FDP])
Es ist doch Augenwischerei, wenn man sagt: Wir zahlen in die Rentenversicherung ein, und alles ist gut. – Nicht alles ist gut, weil das Bundesverfassungsgericht, weil das Grundgesetz andere Maßstäbe anlegen. Deshalb müssen wir hier zu einer ehrlichen Debatte zurückkommen. Noch mal: Es ist legitim, über ein anderes Modell zu reden. Aber bitte streuen Sie der Öffentlichkeit keinen Sand in die Augen, sondern sagen Sie auch, was die Rahmenbedingungen sind.
Deshalb sage ich: Das System, das wir im Moment haben, ist angemessen. Es sichert die Unabhängigkeit auch im Bereich der Altersvorsorge. Ich persönlich sehe jedenfalls keinen Änderungsbedarf. Dass die Politikverdrossenheit schwindet, wenn wir das ändern, ist schon eine sehr verwegene Annahme. Dazu gehört, dass wir vernünftige Politik machen. Das ist ein Appell an die Ampel: Machen Sie vernünftige Politik, dann ist die Politikverdrossenheit vergessen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Leni Breymaier [SPD]: Vernünftige Oppositionspolitik gehört auch dazu!)
Das Wort hat der Kollege Markus Kurth für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609320 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten |