22.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 161 / Zusatzpunkt 10

Stephan ThomaeFDP - Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Die AfD begründet ihren Vorschlag, die Altersvorsorge der Abgeordneten neu zu ordnen, mit dem bemerkenswerten Gedanken, dass sie sich Sorgen um das Ansehen des Parlaments macht.

(Heiterkeit bei Abgeordneten der FDP und der CDU/CSU)

Dazu will ich jetzt mal zwei Gedanken äußern: zum Ersten einen Gedanken zum Verhältnis zwischen der AfD und dem Ansehen des Parlaments

(Bettina Hagedorn [SPD]: Ja!)

und zum Zweiten einen Gedanken, was man sich vielleicht überlegen könnte, um die Altersvorsorge der Abgeordneten neu zu ordnen.

Erstens. Das Prinzip der AfD ist es ja gerade, das Parlament in Misskredit zu bringen. Das ist schon was Paradoxes. Das Parlament ist einerseits die direkt gewählte Vertretung des Volkes. Auf der anderen Seite ist es – das wissen wir natürlich alle – um das Ansehen des Parlaments oft nicht zum Allerbesten bestellt, obwohl – und das muss man auch selbstbewusst sagen – ich eigentlich finde, dass der Deutsche Bundestag im weltweiten Vergleich ein sehr gut funktionierendes Parlament ist. Da brauchen wir den weltweiten Vergleich keineswegs zu scheuen.

Bei einem Blick in die deutsche Geschichte erweist sich der Deutsche Bundestag nachgerade als Glücksfall,

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

bei allen Fehlern, die dieses Parlament hat. Es ist nicht perfekt. Es gilt immer, an eigenen Fehlern zu arbeiten. Aber wenn man will, dass Politik von Menschen gemacht wird, dann muss man akzeptieren, dass eben gewisse menschliche Fehler auch nicht völlig ausbleiben können.

Aber: Das Geschäftsmodell der AfD ist es doch gerade, die demokratischen Parteien und damit auch das Parlament insgesamt grundsätzlich in ein schlechtes Licht zu rücken,

(Leif-Erik Holm [AfD]: Das ist doch Quatsch!)

weil sie davon lebt, Unzufriedenheit zu schüren, zu verstärken und eben nicht zu beseitigen. Deswegen ist die Antragsbegründung ganz und gar unglaubwürdig, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der CDU/CSU)

Zweitens. Nach diesen Gedanken über das Verhältnis zwischen AfD und dem Ansehen des Parlaments ein paar Gedanken zur Altersvorsorge für Abgeordnete. Die AfD schreibt, dass die Abgeordneten in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen sollten. Das bringt zwar zunächst mal ein paar Beitragszahler mehr und auch ein paar Beiträge mehr in der gesetzlichen Rentenversicherung. Mittel- und langfristig würde das aber auch mehr Leistungsberechtigte erzeugen.

(Patrick Schnieder [CDU/CSU]: Völlig richtig!)

Deswegen neutralisiert sich das mindestens, oder es überkompensiert sich sogar; denn je mehr Leute man in die gesetzliche Rentenversicherung hineinzwingt, desto mehr verschärft man ja das Problem der Rentenversicherung, die jetzt schon 117 Milliarden Euro aus dem Steuersäckel an Zuschüssen braucht.

(René Springer [AfD]: Aber bei der Migration funktioniert das, oder wie?)

Um diese Probleme anzugehen, haben wir ja gerade das Generationenkapital eingeführt. Damit wollen wir die Struktur der Rentenversicherung verbessern.

Aber die Logik der AfD ist ja ein bisschen eine andere. Sie sagt: Die Rentenpolitik wird besser, wenn das Parlament sozusagen am eigenen Leibe die Folgen der Rentenpolitik spürt. – Nur, ich löse doch nicht die strukturellen Probleme der Rentenversicherung dadurch, dass ich noch mehr Menschen in die gesetzliche Rente hineinzwinge.

Übrigens sind die meisten Abgeordneten weniger als zwei Wahlperioden im Parlament. Der Durchschnitt liegt bei ungefähr siebeneinhalb Jahren, weniger als zwei Wahlperioden.

(Mike Moncsek [AfD]: Das hat bei Ihnen ganz gut geklappt, oder?)

Das heißt, sehr viele von uns sind ja ohnehin als gesetzlich Versicherte, auch als freiwillig gesetzlich Versicherte, betroffen von der gesetzlichen Rentenversicherung. Also: Die Logik passt schon hinten und vorne nicht.

Wenn man sich schon Gedanken darüber machen will, ob man die staatliche Versorgung der Abgeordneten im Alter abschaffen und neu ordnen will, dann würde ich ganz gerne mal einen Vorschlag in den Ring werfen, den die FDP vor sehr vielen Jahren gemacht hat, nämlich den Abgeordneten des Bundestages das Äquivalent der momentan fiktiven Versorgungsbeiträge einfach auszubezahlen.

(Leni Breymaier [SPD]: Das hat nicht funktioniert – Max Straubinger [CDU/CSU]: Das ist auch ein Nullsummenspiel, Herr Thomae!)

Dann soll sich jeder von uns selber versichern, sich selber um seine Altersvorsorge kümmern, wie das auch bei Freiberuflern und Unternehmern der Fall ist. Damit verstärkt man nicht die Probleme der gesetzlichen Rentenversicherung, sondern man trägt mehr Eigenverantwortung für seine eigene Altersvorsorge. Und das ist eigentlich das, was wir leisten und wo wir auch mit gutem Beispiel vorangehen sollten.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Wenn man sich das alles noch mal vor Augen hält, dann ergibt die Zusammenschau, dass der Antrag der AfD, erstens, rückschrittlich und, zweitens, in seiner Begründung unglaubwürdig ist und insofern in gewisser Weise auch ganz gut zur AfD passt.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Für die CDU/CSU-Fraktion hat nun Max Straubinger das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609322
Wahlperiode 20
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten
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