22.03.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 161 / Zusatzpunkt 10

Leni BreymaierSPD - Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten

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Schönen Dank. – Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD, deren größte Genugtuung eine möglichst hohe Politikverdrossenheit ist, will – so schreibt sie es in einem Antrag – Politikverdrossenheit reduzieren; das ist ein großer Spaß zum Ende dieser Sitzungswoche. Und wie will sie das bewerkstelligen? Sie will das bewerkstelligen, indem sie wieder einmal versucht, eine Neiddebatte auf den Tisch zu packen.

Wir konnten das gestern schon von Herrn Brandner hören – Herr Straubinger hat es gerade noch mal referiert –: Alles, was Abgeordnete an Bezügen und Unterstützung erhalten, was auch jeder und jede AfD-Abgeordnete ganz selbstverständlich in Anspruch nimmt, wird verhetzt. Es wird suggeriert, die Raffkes könnten den Hals nicht vollkriegen.

Kann sein, dass Sie hier rechts im Saal die Vergütungen unterm Strich als zu hoch empfinden. Ich sage mal so: In meinem Wahlkreis belächeln mich bei der Betrachtung von Aufwand und Ertrag schon die mittleren Führungskräfte der Privatwirtschaft.

(Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Da hätten Sie nie eine Chance!)

Aber darum geht es gar nicht. Ich mache meine Arbeit hier sehr gerne und unabhängig. Und es ist ein Privileg – so empfinde ich das –, hier zu stehen. Ich kann mir gut vorstellen, dass Sie Ihre Gesamtvergütung als zu hoch empfinden, weil Ihr Aufwand, Ihr Fleiß hier im Bundestag und Ihre Präsenz in den Wahlkreisen halt oft unterirdisch ist; da können Sie sich schon überbezahlt vorkommen.

(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Ganz genau!)

Zu Beginn der Debatte über den eigenen Antrag waren hier 18 Prozent der AfD-Abgeordneten anwesend. So wichtig ist Ihnen das Thema, und so fleißig sind Sie Freitagnachmittag vor den Osterferien hier im Parlament.

(Beifall bei der SPD – Ulrike Schielke-Ziesing [AfD]: Die waren bei den Bauern! Die waren bei der Demo!)

Heute läuft Ihre Neiddebatte unter dem Deckmäntelchen des Kampfes gegen die von Ihnen so geliebte Politikverdrossenheit über die Altersversorgung der Abgeordneten. In einer Bewertung gebe ich Ihnen recht: Auch Abgeordnete gehören in die gesetzliche Rentenversicherung, und zwar aus Gründen der Solidarität und der Gerechtigkeit, und aus keinem anderen Grund.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Aber nicht nur Abgeordnete, auch Architektinnen und Architekten, Menschen mit Sondersystemen, Beamtinnen und Beamte gehören in ein gemeinsames System. Deshalb steht die SPD für solidarische Sozialsysteme, für eine Bürgerversicherung in der Krankenversicherung und für eine Erwerbstätigenversicherung bei der Rente. Die Abgeordneten hier machen den Kohl nicht fett. – Und der Kollege Dieren ist übrigens Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung.

(Beifall bei der SPD)

Ich bin auch Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung. Obwohl ich weiß, dass ich die Bundestagsaltersversorgung haben werde, bin ich trotzdem aus Solidarität Mitglied der gesetzlichen Rentenversicherung;

(Beifall der Abg. Peggy Schierenbeck [SPD])

denn die hat mich mein ganzes Berufsleben lang begleitet. Das ist mein kleiner Beitrag zur Solidarität.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Hier diesen Antrag zu stellen und zu begründen, man wolle zum Beispiel die Wahlbeteiligung durch eine solche Maßnahme erhöhen, weil sie, wie Sie schreiben, kontinuierlich zurückgeht, das ist Quatsch. Klar könnte die Wahlbeteiligung höher sein. Aber die Wahlbeteiligung bei der bayerischen Landtagswahl letztes Jahr war 15,4 Prozentpunkte höher als 2008. Auch in Baden-Württemberg war sie bei der jüngsten Landtagswahl über 10 Prozentpunkte höher als 2006. Und bei den letzten drei Bundestagswahlen hat bei der Wahlbeteiligung der Pfeil immer nach oben gezeigt.

Wir wünschen uns starke Sozialsysteme, die für alle da sind und in die alle einzahlen, auch die Abgeordneten. Dafür werden wir Sozialdemokratinnen und Sozialdemokraten immer kämpfen, und dafür brauchen wir Mehrheiten. Wir wollen die gesetzliche Rentenversicherung dauerhaft stärken. Und wenn Sie Geld der Steuerzahler sparen wollen, dann rate ich Ihnen: Entlassen Sie doch die 100 Rechtsextremen in Ihren Abgeordnetenbüros!

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Stephan Thomae [FDP])

Jetzt habe ich noch ein paar Sekunden. Deshalb noch was Grundsätzliches: Ich denke, es geht nicht um die Frage von privaten Systemen; denn auch private Systeme muss irgendwann mal die aktive Generation bezahlen. Es geht hier um Solidarität.

Ich lasse mir von niemandem reinsingen, wir hätten hier einen Konflikt Jung gegen Alt, was die Junge Union in den letzten Wochen behauptet hat. Der einzige Konflikt, den wir in diesem Land haben, ist der Konflikt Reich gegen Arm, und den müssen wir lösen.

Schönen Dank und schöne Ostern!

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609328
Wahlperiode 20
Sitzung 161
Tagesordnungspunkt Rentenversicherungspflicht v. Bundestagsabgeordneten
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