Lars RohwerCDU/CSU - Aktuelle Stunde - Meinungsfreiheit an Schulen
Glück auf, Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir leben in einer Zeit, in der die Stigmatisierung von Gegensätzen, die Rücksichtslosigkeit von Feindschaften und die Schlagkraft des Stärkeren scheinbar gewinnen. Gemeinsam mit den Menschen sollen wir in der Politik unsere Gesellschaft aber zusammenhalten und die Bereitschaft zur Versöhnung in uns tragen.
Im Beutelsbacher Konsens ist niedergelegt, was für politische Bildung gilt, aber auch was Lehrerinnen und Lehrer verpflichtet. Sie sind in politischen Fragen zur Neutralität verpflichtet. Schülerinnen und Schülern ist nicht eine Meinung aufzuzwingen. Allerdings dürfen und – das will ich auch klar sagen – sollen sich Lehrkräfte gegen antidemokratische Prinzipien wenden.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Gefordert ist eine parteipolitische Neutralität, aber keine Neutralität gegenüber verfassungsgemäßen Werten.
Lassen Sie mich einen Fall aus meinem Wahlkreis schildern; dann wird die Debatte, die die AfD hier heute vom Zaune brechen will, schon ganz anders aussehen. Am Gymnasium in Radeberg haben Schülerinnen und Schüler der zehnten bis zwölften Klasse von sich aus herausgearbeitet, welche Alternative die AfD tatsächlich zur aktuellen Politik bietet.
(Steffen Kotré [AfD]: Zum Thema!)
Sie erarbeiteten auf einer Stellwand einen kritischen Diskussionsbeitrag über die Demokratiefreundlichkeit bzw. – wahrscheinlich besser formuliert – über die Verfassungstreue der AfD.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Ganz ohne linke Lehrer, ja?)
Die einzelnen Punkte wurden gründlich durch Quellen belegt.
Die Arbeit folgt dem Beutelsbacher Konsens. Dinge, die in der Gesellschaft kontrovers diskutiert werden, sollen auch an Schulen kontrovers diskutiert werden können. Schülerinnen und Schüler werden in die Lage versetzt, eine politische Situation und die eigene Interessenslage zu analysieren.
(Beifall der Abg. Anna Kassautzki [SPD])
Doch statt sich mit der Ausstellung auseinanderzusetzen – wie wir in den Fraktionen das wahrscheinlich alle tun würden, wenn ein Thema auf der Tafel ist, das mit unserer Arbeit zu tun hat –,
(Enrico Komning [AfD]: Zum Beispiel das CDU-Geheimtreffen in Potsdam?)
kündigt der sächsische AfD-Politiker Timo Schreyer nach einem Besuch in der Schule die parlamentarische und juristische Prüfung an. An einer Einordnung durch den Schulleiter zeigt er keinerlei Interesse.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ach!)
Nach § 1 Sächsisches Schulgesetz ist schulische Bildung verpflichtet, auf dem Boden des Grundgesetzes
(Beifall der Abg. Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
und der sächsischen Verfassung eine „freiheitliche demokratische Haltung“ zu vermitteln. Demzufolge ist die Aufklärung über extremistische Positionen und Tendenzen ein wichtiges Bildungsziel in allen Schulformen. Dies ist im Rahmen der Arbeit an den Schulen keineswegs auf die AfD begrenzt. Schülerinnen und Schüler an den Schulen setzen sich mit den Argumenten der unterschiedlichen Parteien auseinander, nicht nur mit denen der AfD.
(Mike Moncsek [AfD]: Das ist doch überhaupt nicht wahr, was Sie jetzt sagen!)
– Also, fragen Sie mal in Ihrem Landesverband nach; dazu gibt es Pressemitteilungen!
Die AfD versucht, gegen Schulen und Lehrkräfte vorzugehen, die sich mit ihren rechtsextremen Inhalten auseinandersetzen und aufklären wollen. Schulleiter werden öffentlich diffamiert, angegriffen und beleidigt.
(Canan Bayram [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Hört! Hört!)
Mit miesen Tricks wird versucht, Menschen mürbezumachen und einzuschüchtern. Sie als AfD stehen nicht mit beiden Beinen auf dem Boden des Grundgesetzes.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD und der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zuruf von der AfD: Doch! Natürlich!)
Ganz im Gegenteil: Sie treten es mit Füßen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Genau deshalb werden Teile ihrer Partei auch vom Verfassungsschutz beobachtet.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Von Ihrem Verfassungsschutz!)
Es ist unbedingt notwendig, richtig und wichtig, dass Politiker, Schulleiter und Lehrer zur Teilnahme an Demonstrationen für Demokratie aufrufen.
(Beifall der Abg. Dr. Wiebke Esdar [SPD])
Gehen Sie hin! Überdenken Sie aber Ihre Position!
(Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Mäßigen Sie sich in Ihren Forderungen! Hören Sie endlich auf, unsere Gesellschaft auseinanderzutreiben!
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Dass Sie das sagen! – Weitere Zurufe von der AfD)
Dann werden Sie auch nicht zum Ziel von Demonstrationen! Das Aufsetzen dieser Aktuellen Stunde entlarvt Sie aus meiner Sicht.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Dass so viele Menschen gegen Rechtsextremismus auf die Straße gehen, versetzt Sie offensichtlich in Panik.
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Sie bestimmt auch bald! – Beatrix von Storch [AfD]: Auch gegen die CDU? – Zuruf von der CDU/CSU)
Jetzt prangern Sie auch noch unsere Schulen an. An unseren Schulen erfolgt weder staatliche Einschüchterung noch ideologische Repression. Unsere Schülerinnen und Schüler lernen, demokratisch und freiheitlich zu denken.
(Beatrix von Storch [AfD]: Lernen, zu marschieren – im Gleichschritt! – Zuruf des Abg. Mike Moncsek [AfD])
Unsere Schulleiter und Lehrkräfte haben dabei unsere vollständige Unterstützung – aus Überzeugung.
Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.
(Beifall bei der CDU/CSU, der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat die Kollegin Lamya Kaddor für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609333 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Meinungsfreiheit an Schulen |