Ruppert StüweSPD - Aktuelle Stunde - Meinungsfreiheit an Schulen
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! „ 1933 soll im Geschichtsbuch bleiben“: In meinem Wahlkreis Berlin-Steglitz – Zehlendorf haben Schülerinnen und Schüler von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht. Sie haben eine Demonstration angemeldet, und 2 000 Menschen sind gekommen. Schülerinnen und Schüler der Fichtenberg-Oberschule hatten zu der Demonstration am 28. Februar aufgerufen. Schüler/-innen der Freien Schule Anne-Sophie, des Beethoven-Gymnasiums, der Königin-Luise-Stiftung, des Friedrich-Ebert-Gymnasiums und weiterer Schulen sind gekommen. Und sie haben, als sie von ihrer Meinungsfreiheit Gebrauch gemacht haben, erlebt, dass der Meinungsdiskurs in diesem Land hart geworden ist. Denn sie standen unter dem Eindruck der Nachricht, dass gleich an der Grenze meines Wahlkreises, in Potsdam, Menschen geplant haben, wie andere Menschen aus Deutschland deportiert werden sollen,
(Zuruf von der AfD: Lüge! – Leif-Erik Holm [AfD]: Sie wissen genau, dass das nicht stimmt! – Weiterer Zuruf von der AfD: Fake News!)
was ihre Mitschülerinnen und -schüler betreffen würde. Und sie haben erlebt, dass es ihre Mitschülerinnen und -schüler trifft, wenn sie unter dem Eindruck auf die Straße gehen, dass der Meinungsdiskurs hart ist, dass dann die AfD versucht, die Meinungsfreiheit einzuschränken, dass AfD-Bezirksverordnete im Bezirksparlament Anfragen stellen, dass AfD-Abgeordnete im Abgeordnetenhaus von Berlin Anfragen stellen, dass ihr Schulleiter diffamiert wird und dass ihre Mitschülerinnen und Mitschüler diffamiert werden.
Insofern bin ich froh, dass wir heute über das Thema „Meinungsfreiheit an Schulen“ diskutieren. Denn dort, wo Menschen in großer Zahl ihre Meinung äußern, macht Ihnen das Angst, und Sie gehen dagegen vor.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Wir haben keine Angst!)
Wir merken das bei allen Demonstrationen, die es in diesem Land in der letzten Zeit gab. Sie haben versucht, die Demonstrationen zu diskreditieren,
(Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
bei denen Menschen gesagt haben, sie stehen für andere Menschen ein.
Wenn wir über das Thema Schule reden, dann lohnt sich ein Blick ins Gesetz. Im Schulgesetz Berlin steht in § 1:
„Ziel muss die Heranbildung von Persönlichkeiten sein, welche fähig sind, der Ideologie des Nationalsozialismus und allen anderen zur Gewaltherrschaft strebenden politischen Lehren entschieden entgegenzutreten sowie das staatliche und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage der Demokratie, des Friedens, der Freiheit, der Menschenwürde … zu gestalten.“
Genau das passiert nicht nur in Berlin, sondern auch in Mecklenburg-Vorpommern: Diejenigen, die an der Schule tätig sind, nehmen sich das zu Herzen und handeln dann auch entsprechend.
Ich will hier im Deutschen Bundestag gar nicht über jeden Einzelfall sprechen; ich glaube nicht, dass es uns ansteht, jedes Handeln an jeder einzelnen Schule zu beurteilen.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Aber die grundlegende Haltung, Schule als Ort der Menschenwürde und Demokratie zu erhalten, finde ich richtig und gut.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie des Abg. Dr. Stephan Seiter [FDP] – Beatrix von Storch [AfD]: Die Polizei rufen Sie dann auch!)
Das unterscheidet mich von Ihnen.
Hass und Menschenfeindlichkeit sind – entgegen dem, was Sie immer wieder suggerieren – gar keine Meinung;
(Beatrix von Storch [AfD]: Hören Sie doch mal mit diesen Sprechblasen auf!)
sie sind eine Straftat in unserer Gesellschaft. Das Verbreiten von Hass und Menschenfeindlichkeit gehört nicht zum legitimen Meinungsspektrum. Und das werde ich immer wieder verteidigen. Sie dürfen hier im Bundestag reden. Aber wir in der großen Mehrheit sind dafür da, darauf zu antworten. Wir werden es nicht zulassen,
(Beatrix von Storch [AfD]: Sprechblasen sondern Sie ab!)
dass Ihre Ideologie jemals mehrheitsfähig wird in diesem Land.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)
Sie sind es, die am Ende die Meinungsfreiheit einschränken; die Kollegin Ingeborg Gräßle hat es schon gesagt.
(Zuruf von der AfD)
Überall dort, wo es nämlich wirklich um Meinungsfreiheit geht, ob jemand Ihr Handeln als Partei beobachten kann, ob die freie Presse zu Ihren Parteitagen und zu Ihren Veranstaltungen kommen kann, ist all das keine Selbstverständlichkeit, wie überall anders hier in diesem Hause, sondern muss immer wieder gerichtlich gegen Sie durchgesetzt werden. Das ist doch die Wahrheit.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Beatrix von Storch [AfD]: Dass der Verfassungsschutz uns beobachten kann, muss gerichtlich durchgesetzt werden! Meine Güte! Den Rechtsstaat haben Sie echt nicht begriffen!)
Und dann brüllen Sie ja immer wieder zum Thema Heimat rein. Ich möchte was zu meiner Heimat sagen. Meine Heimat ist der Ort, wo Schülerinnen und Schüler aufstehen und sagen: Wenn Ihre Politik sich durchsetzen würde, dann würde ein Viertel der Menschen in Deutschland abgeschoben,
(Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das ist doch ein völliger Blödsinn! – Leif-Erik Holm [AfD]: Was für ein Schwachsinn!)
ein Viertel unserer Freunde, ein Viertel unserer Familie, ein Viertel von uns. Dass wir das nicht zulassen dürfen, erklärt sich eigentlich von selbst. – So heißt es im Demonstrationsaufruf der Schülerinnen und Schüler. Und ich muss sagen: Auf diese Schülerinnen und Schüler bin ich stolz.
(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, der FDP und der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609345 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 161 |
Tagesordnungspunkt | Aktuelle Stunde - Meinungsfreiheit an Schulen |