10.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. EP / Session 162 / Zusatzpunkt 2

Carsten TrägerSPD - Nutzung der Kernenergie in der Energiekrise

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Union, es ist mal wieder so weit. Danke, dass Sie pünktlich zum Jahrestag des Atomausstiegs diese Debatte in Ihrem Slot ansetzen. Sie wollen wieder das Märchen von der billigen, klimafreundlichen Atomenergie erzählen. Ich nutze die Gelegenheit sehr gerne, um Ihnen in meiner Redezeit diese Thesen zu widerlegen.

(Beifall des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Der römische Dichter Horaz soll angeblich mal gesagt haben: „Wiederholung ist die Mutter des Lernens.“ Also wiederholen wir die Argumente.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Wir hoffen ja, dass Sie es irgendwann mal kapieren!)

Führen wir diese Debatte zum dreiundreißigsten Mal, obwohl schon sämtliche Betreiber von Atomkraft – ganz anders, als Sie behauptet haben, Herr Bilger – erklärt haben, für sie sei das Thema in Deutschland erledigt.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Aber ich mache das sehr gerne.

Zur Widerlegung Ihrer These Nummer eins. Strom aus Atomkraft ist nicht günstig, sondern sehr, sehr teuer. Eine Kilowattstunde Atomstrom kostet nach Studien realistisch zwischen 14 und 19 Cent.

(Zuruf des Abg. Dr. Rainer Kraft [AfD])

Erneuerbare Energien kosten zwischen 2 und 8 Cent je Kilowattstunde. Rechnet man die Folgekosten mit rein, Herr Dr. Kraft, dann müsste Atomstrom mehr als 80 Cent die Kilowattstunde kosten. Aber das bürden Sie ja dem Steuerzahler auf.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Was zahlt denn der Steuerzahler?)

Da, wo heute tatsächlich noch Atomkraftwerke gebaut werden – in China oder auch in anderen zweifelhaften demokratischen Staaten –,

(Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Sagen Sie was zu den europäischen Staaten, wo gebaut wird! Zum Beispiel in Frankreich, in Schweden!)

ist es nur dank massivsten staatlichen Subventionen möglich, dass das Ganze für die Betreiber wirtschaftlich ist – für die Betreiber, aber sicherlich nicht für die Gesellschaft.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Es gibt eine zweite Mär, mit der man aufräumen muss. Strom aus Atomkraft ist nicht klimafreundlich. Atomkraft verursacht pro Kilowattstunde mehr CO2 als Wind oder Solar. Über den gesamten Lebenszyklus betrachtet verursacht Atomstrom 100 Gramm CO2-Emissionen pro Kilowattstunde. Solar und Wind liegen zwischen 7 und 9 Gramm, also bei einem Zehntel – für diejenigen, die nicht rechnen können.

Drittens. Strom aus Atomkraft ist nicht sauber, sondern er produziert hochgiftigen, radioaktiv strahlenden Atommüll. Muss ich dazu was sagen? Ich glaube nicht. Wir haben ein Enddatum gesetzt und eingehalten. Halleluja, es ist übrigens keine einzige Minute das Licht ausgegangen, und niemand hat gefroren, der es nicht wollte. Wir haben die Entsorgung von 17 000 Tonnen hochradioaktivem Müll als Endlageraufgabe vor uns. Wir wissen wenigstens, wie groß unser Endlager werden muss, während andere Staaten noch fleißig weitermachen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Ja, Finnland! – Gegenruf des Abg. Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Erfolglos!)

Dann werden wir mal sehen, wie die das Problem Endlagerung lösen.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Finnland hat es gelöst! – Dr. Anja Weisgerber [CDU/CSU]: Schweden hat es auch gelöst!)

Viertens. Strom aus Atomkraft ist nicht zuverlässig. Das haben wir – es ist noch gar nicht so lange her – erst im Jahr 2022 gesehen, als wartungsbedingt, als korrosionsbedingt, als wetterbedingt über die Hälfte der ach so sicheren französischen Atomkraftwerke keinen oder nur sehr eingeschränkt Strom produziert haben.

(Harald Ebner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ui! Oh!)

Und das Atomland Frankreich musste in diesem Sommer massiv Strom aus Deutschland importieren.

Das, meine Damen und Herren, zur Widerlegung sämtlicher Thesen, die Sie in Ihrem Antrag formuliert haben. Er lautet übrigens ganz anders als die Rede, die Sie gehalten haben; vielleicht hätten Sie ihn mal lesen sollen.

(Steffen Bilger [CDU/CSU]: Was haben Sie denn gelesen?)

Wir lehnen den Antrag trotzdem ab, weil Sie in energiepolitischen Fragen einfach in den 90ern hängen geblieben sind. Jetzt ist Herr Merz leider nicht mehr da, er steht ja dafür gerne zur Verfügung.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Meine Güte!)

Für die Zukunft der Stromversorgung sorgen Erneuerbare. Dafür steht diese Koalition.

Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Jetzt hat für die AfD Dr. Rainer Kraft das Wort.

(Beifall bei der AfD)

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Electoral Period 20
Session 162
Agenda Item Nutzung der Kernenergie in der Energiekrise
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