10.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 2

Stephan SeiterFDP - Nutzung der Kernenergie in der Energiekrise

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wie erwartet, ergibt sich bei diesem Thema eine doch etwas stärker emotionale Debatte. Das ist auch nicht überraschend. Lassen Sie mich deswegen vielleicht stärker von der Forschungsseite kommend auf die Zukunft blicken.

Wir müssen erst mal damit beginnen, einen Unterschied zu machen zwischen dem Spalten von Atomen und der Kernfusion.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Erklären Sie das den Grünen!)

Die Atomspaltung ist eine Technologie, zu der die Entscheidung zur Abschaltung der letzten drei Atomkraftwerke gefallen ist. Darüber gab es eine intensive Debatte. Das wurde auch nicht von allen mit Begeisterung aufgenommen. Wir müssen auch sehen – so ehrlich müssen wir sein –, dass die Strompreise natürlich durchaus niedriger sein könnten, als sie es im Moment tatsächlich sind.

(Beifall der Abg. Carina Konrad [FDP] – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Hört! Hört!)

Aber wir müssen auch sehen – und da möchte ich auf ein paar Punkte im Antrag der Union eingehen –: Es ist natürlich wichtig, dass wir unser Wissen im Hinblick auf die Kerntechnologie erhalten und auch ausbauen. Denn an anderen Stellen wird die Kernspaltung weiterhin durchgeführt. Deswegen brauchen wir hier dieses Wissen. Aber das ist auch etwas, was diese Regierung immer gefordert hat: dass wir dieses Wissen eben nicht zurückfahren. Denn auch durch das Abschalten von Atomkraftwerken werden ja keine Lehrstühle geschlossen. So weit müssen wir uns auch mal ehrlich machen.

Das Zweite ist, dass – es wurde gerade auch angesprochen – von der Forschungsseite nichts getan werden würde. Auch das stimmt natürlich nicht. Ende des letzten Jahres wurde ein Programm zur Kernfusion geplant – 1 Milliarde Euro für die nächsten fünf Jahre –, um ein Ziel zu erreichen, nämlich die Schaffung eines Kernfusionsreaktors hier in Deutschland, damit wir hier dann auf diese Zukunftstechnologie setzen können. Auch das ist ein Punkt, der vorangetrieben werden muss. Wir dürfen nicht immer nur nach hinten schauen, sondern wir müssen nach vorne schauen. Denn dieses Land ist nicht groß geworden, weil wir immer nach hinten geblickt haben, sondern weil wir nach vorn geblickt haben. Wir brauchen Innovation und Forschung, auch wenn man am Anfang glaubt, sie sind vielleicht nicht so zielführend.

(Dr. Rainer Kraft [AfD]: Mehr Windmühlen!)

– Auch andere Technologien wurden in der Vergangenheit vielleicht als „Windmühlen“ betrachtet und haben dann irgendwann mal funktioniert. Das Bewahren eines Zustandes, den man selber vielleicht ganz toll findet, sollte man immer infrage stellen. Denn die Welt verändert sich, und das sollten wir letztendlich auch berücksichtigen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Also: Nach vorne blicken und in der Forschung vorangehen und eben nicht auf Technologien setzen, die wir in einem Konsens erst mal beendet haben.

(Thorsten Frei [CDU/CSU]: Konsens?)

Der nächste Punkt, den ich an dieser Stelle ansprechen möchte, ist einer, an dem ich wirklich hängen geblieben bin: das Thema Moratorium. Wenn wir uns vorstellen, was ein Moratorium, wie es im Antrag steht, bedeuten würde, dann sehen wir: Die Konsequenz wäre, erst einmal gar nichts zu tun. Das wäre eine gewisse Phase, in der keine weiteren Entscheidungen getroffen werden. So steht es zumindest im Antrag: Warten auf die nächste Regierung. – Solche Phasen der Unsicherheit sind für Unternehmen aber nicht zwingend eine Situation, in der weitere Investitionen entstehen.

(Beifall bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Rein von der Logik her hätte man doch fordern müssen: Wenn, dann sofort ein Stopp des Ausstiegs und Wiederaufbau der Atomenergie. – So steht es aber letztendlich nicht im Antrag.

(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die machen Scheibchentaktik! – Dr. Rainer Kraft [AfD]: Schreiben Sie einen Änderungsantrag!)

– Garantiert nicht.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Können wir gerne zusammen machen! Machen wir sofort mit!)

Das ist für uns auch der Punkt, bei dem wir sagen: Dort können wir diesem Antrag nicht zustimmen. Denn er enthält – und das fehlt meines Erachtens auch – viel zu wenig über das Kosten-Nutzen-Verhältnis von Atomenergie, also der alten Spaltungsenergie. Das müssen wir letztendlich auch betrachten.

(Lisa Badum [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Weg mit der Spaltungsenergie! Zusammenführen statt spalten!)

Man sollte sich immer Gedanken darüber machen: Wenn man schon für den Markt ist, was wir Freie Demokraten natürlich sind, dann muss man sich auch überlegen, wo der Grund dafür liegen kann, dass die Bereitschaft im Privatbereich fehlt, in bestimmte Bereiche zu investieren. Das liegt unter Umständen eben an dem Kosten-Nutzen-Verhältnis. Was die Kosten bestimmt, was den Nutzen bestimmt, darüber kann man diskutieren; deswegen finde ich es auch schade, dass wir den Antrag nicht an den Ausschuss überweisen. Kosten und Nutzen, darauf kommt es nämlich an. Und dann kann man auf dieser Grundlage eine Entscheidung treffen. Aber bitte verursachen Sie nicht durch solche Anträge weitere Unsicherheit! Denn das ist der Energiewende und der Energieversorgung unseres Landes nicht zuträglich.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie der Abg. Carsten Träger [SPD] und Dr. Manuela Rottmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Dr. Andreas Lenz hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609508
Wahlperiode 20
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Nutzung der Kernenergie in der Energiekrise
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