10.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 3

Benjamin Strasser - Digitalisierung der Justiz

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es ist mittlerweile ja fast schon zur Routine geworden, dass wir hier im Deutschen Bundestag weitere Schritte zur Digitalisierung der Justiz nicht nur beraten, sondern vor allem auch beschließen. Das ist eine gute, das ist eine produktive, das ist eine zukunftsweisende Routine. Das zeigt vor allem, dass die Digitalisierung ein Schwerpunkt dieser Bundesregierung und der sie tragenden Fraktionen ist und bleibt. Und das ist auch gut so, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Denn wir holen mit großem Tempo auf, was andere Bundesregierungen vorher wahlweise ignoriert, ausgesessen oder einfach liegen gelassen haben.

Der Digitalpakt für die Justiz, den wir vor über einem Jahr gemeinsam mit den Ländern vereinbart haben, ist deshalb ein echter Modernisierungsbeschleuniger. Wir fördern damit zahlreiche Digitalisierungsvorhaben von Bund und Ländern – und das trotz angespannter Haushaltslage und trotz beschränkter finanzieller Mittel! Denn es ist diese Fortschrittskoalition, die in den Jahren 2023 bis 2026 insgesamt 200 Millionen Euro für die Digitalisierung der Justiz aufbringt. Das bringt zum Beispiel in Massenverfahren wie Diesel- oder Fluggastklagen Pilotprojekte zum Einsatz von KI-Anwendungen voran. Die Gerichte stehen hier vor ungekannten Herausforderungen, während Kanzleien in wenigen Minuten mithilfe künstlicher Intelligenz 150-seitige Schriftsätze generieren. Deshalb brauchen die Gerichte dringend Entlastung. Wir handeln!

Wir dürfen hier keine Zeit verlieren, auch weil in den kommenden Jahren die geburtenstarken Jahrgänge in Rente gehen und Stellen in der Justiz nicht mehr so einfach mit qualifizierten Richterinnen und Richtern nachbesetzt werden können. Deshalb stellen wir seit zwei Jahren konsequent die Weichen für eine modernere und leistungsfähige Justiz. Aber richtig ist auch: Es bleibt noch genug zu tun. Und dieser Gesetzentwurf ist der nächste wichtige Schritt. Mit ihm bringen wir die Digitalisierung der Gerichte voran. Wir erleichtern Verfahrensabläufe und sorgen für eine erreichbare, bürgernahe und effiziente Justiz.

Denn die Bürgerinnen und Bürger sind natürlich weniger bereit, sich zur Klärung ihrer Rechtsstreitigkeiten an Gerichte zu wenden, wenn sie im Vorhinein schon wissen, dass sich Verfahren und Klagen endlos und über Jahre in die Länge ziehen. Die Digitalisierung verbessert also auch den Zugang zum Recht, und der ist entscheidend für die Akzeptanz des Rechtsstaates.

(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)

Was tun wir also genau?

Wir vereinfachen digitale Strafanträge. Manche Straftaten, zum Beispiel Sachbeschädigung oder Hausfriedensbruch, werden nur verfolgt, wenn die geschädigte Person einen schriftlichen Strafantrag mit Unterschrift auf Papier stellt. Um das zu erleichtern, können Betroffene künftig einen Strafantrag auch per E-Mail oder Onlineformular stellen.

Wir streichen an anderen Stellen im Strafverfahren die Schriftform, zum Beispiel bei der Einwilligung in eine DNA-Identitätsfeststellung. Das verhindert Medienbrüche, da man entsprechende Erklärungen nicht mehr erst ausdrucken muss, um sie dann gleich wieder einzuscannen.

Auch der Austausch von Anwaltschaft und den Gerichten wird leichter – und das heißt digitaler. Die Anwaltschaft kann künftig Anträge oder Erklärungen von Mandanten als Scan an die Gerichte senden.

Wir ermöglichen als Koalition also das, was in vielen Teilen Deutschlands längst Alltag ist: eine konsequente digitale Dokumentation und Kommunikation. Das ist mehr als überfällig, liebe Kolleginnen und Kollegen!

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Der Gesetzentwurf löst aber auch Probleme, die beim Umstieg auf die elektronische Akte aufgetreten sind. Bund und Länder führen gerade die E-Akte ein. Das Problem ist aber, dass sogenannte Hybridakten, also teils auf Papier, teils elektronisch geführte Akten, bislang nicht erlaubt sind. Das ändern wir. Wir ermöglichen verschiedene Formen von Hybridakten; denn das spart aufwendiges Einscannen von alten Aktenbeständen und macht den vollständigen Umstieg auf die elektronische Akte zum 1. Januar 2026 leichter.

Und: Wir weiten die Anwendung von Videotechnik aus. An der strafgerichtlichen Hauptverhandlung im Revisionsverfahren sollen künftig alle Verfahrensbeteiligten per Videokonferenz teilnehmen können, wenn sie das beantragen. Das erspart aufwendige Reisen, spart Zeit und Geld, und es erleichtert die Terminfindung und sichert deshalb eine zeitnahe gerichtliche Entscheidung.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, manche haben in der Vergangenheit bei der Digitalisierung der Justiz mehr Ausreden als Lösungen gefunden. Der Rechtsstaat braucht aber eine leistungsfähige Justiz. Dieser Gesetzentwurf leistet dazu einen substanziellen Beitrag. Davon profitieren alle, auch die Bürgerinnen und Bürger. Deshalb bitte ich Sie hier im Hause um wohlwollende Beratung des Gesetzentwurfs und auch – hoffentlich – um Ihre Zustimmung.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Als Nächstes erhält für die CDU/CSU-Fraktion Ansgar Heveling das Wort.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609519
Wahlperiode 20
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Digitalisierung der Justiz
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