10.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 162 / Zusatzpunkt 3

Stephan MayerCDU/CSU - Digitalisierung der Justiz

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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen! Sehr verehrte Kollegen! Um eines vorwegzuschicken: Dieser Gesetzentwurf ist vom Grundsatz her zu begrüßen. Eine stärkere Digitalisierung in der Justiz kann viel Positives bewirken, was einerseits die Beschleunigung der Verfahren anbelangt, was andererseits die Steigerung der Effektivität, aber auch – und das ist gerade in den heutigen Zeiten nicht unwichtig – die Steigerung der Effizienz in der Justiz anbelangt.

Um eines dazuzusagen: Digitalisierung darf kein Selbstzweck sein. Es muss bei einer stärkeren Nutzung der Digitalisierung in der Justiz darum gehen, dass ein qualitativer Mehrwert erzeugt wird, dass schnelleres Recht geschaffen wird und damit – das sage ich ebenfalls ganz deutlich – auch besseres Recht geschaffen wird.

Vor dem Hintergrund werden wir diesen Gesetzentwurf, der uns, wie schon gesagt wurde, erst kürzlich übermittelt wurde, sehr intensiv überprüfen. Ich kann eines aber schon mal sagen, Herr Staatssekretär: Ein großes Defizit weist dieser Gesetzentwurf auf, nämlich dass ein wichtiger Rechtsbereich nicht umfasst ist, nämlich das Beurkundungsrecht. Es wäre jetzt eine große Chance, mittels dieses Gesetzentwurfes durch eine stärkere Nutzung der Digitalisierung bei der Beurkundung insbesondere den elektronischen Rechtsverkehr, die Nutzung der elektronischen Akte in Nachlasssachen stärker voranzubringen. Hier liegt ein klares Defizit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Des Weiteren bin ich der festen Überzeugung, dass wir uns im Detail ansehen müssen, um welche Maßnahmen es im Konkreten geht. Da bin ich schon der Auffassung – da habe ich sehr viel Nähe zu den Positionen der Bundesrechtsanwaltskammer und auch des Deutschen Anwaltsvereins –: Wenn es darum geht, Warnfunktionen, Übereilungsfunktionen entsprechend Rechnung zu tragen, beispielsweise bei Beschuldigten – ich meine ganz konkret § 81f, g, h, aber auch § 114b StPO –, wenn es also darum geht, Abweichungen vom Schriftformerfordernis vorzunehmen und dadurch Beschuldigtenrechte möglicherweise zu reduzieren, dann muss man sich dies mit Sicherheit noch mal im Detail genau ansehen.

Gleiches gilt auch für die mündliche Verhandlung bei Revisionsverfahren im Strafrecht. Es ist richtig, dass jetzt mit diesem Gesetzentwurf die Möglichkeit geschaffen wird, dass insbesondere auch inhaftierte Angeklagte die Möglichkeit bekommen, im Rahmen einer audiovisuellen Übertragung der mündlichen Verhandlung an dieser entsprechend teilzunehmen. Aber auch diesen Komplex muss man sich mit Sicherheit noch mal genau ansehen.

Zum Thema Insolvenzrecht. Auch hier ist es wieder gut gemeint, aber möglicherweise nicht ganz so gut gemacht. Es ist richtig, dass in der Änderung der Insolvenzordnung die Möglichkeit geschaffen wird, elektronische Gläubigerinformationssysteme zu schaffen. Aber auch hier wieder meine Frage: Nutzt das nicht vielleicht größeren Insolvenzverwaltern mehr, während man kleineren und mittelständischen Insolvenzverwaltern damit schadet? Eine weitere Frage, die gestellt werden muss: Wird durch diese elektronischen Gläubigerinformationssysteme möglicherweise zu viel preisgegeben? Also, man muss sich im Detail noch mal ansehen: Welche Informationen werden durch die elektronischen Gläubigerinformationssysteme konkret übermittelt?

Wir werden uns also diesen Gesetzentwurf mit Sicherheit im Detail genau ansehen. Es ist viel Richtiges mit drin. Ich möchte ganz konkret als einen Punkt nennen, dass insbesondere im Zivilrecht bei der Übermittlung von Anträgen und von Erklärungen auch gescannte Unterschriften möglich sind – richtig. Aber auch hier wieder ein großes Fragezeichen: Besteht dann auch für den Richter die Möglichkeit, zu verifizieren, ob diese gescannte Unterschrift auch tatsächlich echt ist? Also, auch hier besteht mit Sicherheit noch mal konkreter Überprüfungsbedarf.

Ich möchte einen anderen Punkt noch mal ansprechen, die Strafantragstellung nach § 158 StPO. Ich habe sehr viel Verständnis für die Position des Anwaltsvereins – und es sind nicht nur der Anwaltsverein und die Bundesrechtsanwaltskammer, sondern es ist auch der Deutsche Richterbund –, der diesen Punkt kritisch sieht, weil natürlich hier klar darauf hinzuweisen ist, dass die Tragweite des Stellens eines Strafantrages auch mit zu berücksichtigen ist. Ich glaube, das ist ein Punkt, den man nicht vernachlässigen darf.

Herr Mayer.

Wir werden auch hier noch mal intensiv schauen, ob man nicht über das Ziel hinausschießt.

In diesem Sinne: Der Gesetzentwurf wird unsere intensive Überprüfung und Begleitung erfahren. Ich freue mich auf eine gute und seriöse parlamentarische Beratung.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Macit Karaahmetoğlu.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609524
Wahlperiode 20
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Digitalisierung der Justiz
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