Susanne HierlCDU/CSU - Reform der Anerkennung von Vaterschaften
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die AfD geht beim Thema Scheinvaterschaften folgendermaßen vor: Sie nimmt eine Schlagzeile über einen „Mr. Cash Money“ aus der Boulevardpresse und reichert diese mit Empörung und populistischen Aussagen an. Dann verbreitet sie falsche Aussagen zur aktuellen Gesetzeslage.
(Stephan Brandner [AfD]: So fangen Sie immer an! Und dann stimmen Sie uns gleich zu! Bin schon gespannt auf das Ende Ihrer Rede!)
Schon hat sie die Aufmerksamkeit der Menschen – und was anderes wollen Sie doch gar nicht.
Aber worum geht es denn eigentlich?
(Stephan Brandner [AfD]: Aha! Jetzt geht’s los!)
Es geht im Kern um missbräuchliche Vaterschaftsanerkennungen: Väter mit deutscher Staatsangehörigkeit erkennen Kinder von ausländischen Frauen an, die sie nicht kennen. Im Fall von „Mr. Cash Money“, der vor ein paar Wochen durch die Presse geisterte, waren es sogar 24 Kinder.
(Stephan Brandner [AfD]: Ich erwähnte das!)
Über die Anerkennung erhalten die Kinder die deutsche Staatsangehörigkeit und ihre Mütter dadurch ein Bleiberecht.
(Stephan Brandner [AfD]: Erwähnte ich auch!)
Und: Sofern der anerkennende Vater mittellos ist, kommt der Staat für die Kinder auf. Das ist ein Thema, das die Menschen aufregt und daher gut zu vermarkten ist.
Als Lösung präsentiert die AfD allerdings einen mageren Gesetzentwurf.
(Fabian Jacobi [AfD]: Und wo ist Ihrer? Selbe Frage an die CDU: Wo ist der Gesetzentwurf der CDU? Machen Sie einen; dann reden wir über den!)
Man sieht ihm an, dass er mit der heißen Nadel gestrickt ist und allein dazu dient, schnelle Aufmerksamkeit und Reichweite im Internet und in den Medien zu erhalten.
Der Entwurf der AfD kratzt nur an der Oberfläche; er thematisiert allein die missbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft. Das Problem geht aber tiefer: Mütter werden bald ebenfalls zum Schein Kinder anerkennen können.
Außerdem konzentriert sich die AfD nur auf die deutsche Staatsbürgerschaft; sie verkennt, dass auch Menschen mit EU-Staatsbürgerschaft, Aufenthaltskarte, Daueraufenthaltskarte oder Aufenthaltstitel von dem Thema nicht ausgenommen sind.
(Stephan Brandner [AfD]: Dann können Sie ja einen Änderungsantrag machen! – Gegenruf des Abg. Jochen Haug [AfD]: Genau! – Fabian Jacobi [AfD]: Wir setzen uns sehr gerne zusammen und verbessern unseren Entwurf!)
Und schließlich ist es entgegen den Behauptungen der AfD möglich, eine Vaterschaft auch dann anzuerkennen, wenn der Mann nicht der biologische Vater ist. Damit scheidet das Ansinnen der AfD, einen DNA-Test als Nachweis der Vaterschaft zu verlangen, aus.
Dass die AfD immer nur Probleme beschreibt, aber kaum taugliche Lösungen präsentiert,
(Stephan Brandner [AfD]: Liegt doch vor! – Fabian Jacobi [AfD]: Dafür haben wir Sie doch!)
das ist bekannt. Es ist vergebene Liebesmüh, sich hierüber zu beklagen.
Ein Problem, über das wir heute dennoch sprechen müssen, ist die Untätigkeit der Ampel beim Thema Scheinvaterschaften.
(Stephan Brandner [AfD]: Hört! Hört!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Ampel, nur weil Sie es bislang versäumt haben, das Problem der Scheinvaterschaften anzugehen,
(Stephan Brandner [AfD]: Hätten Sie von der CDU/CSU ja auch machen können!)
bieten Sie der AfD überhaupt die Angriffsfläche für so einen populistischen Antrag.
Das Thema ist hinlänglich bekannt, und es wurde bereits eine Regelung zur Verhinderung des Missbrauchs der Vaterschaftsanerkennungen in das Gesetz mit aufgenommen. Leider erfolgt in der Praxis die eingeführte Hinzuziehung der Ausländerbehörden zu wenig.
(Stephan Brandner [AfD]: Sage ich doch!)
Daher bedarf dieses Gesetz einiger Verbesserungen.
Im Bundesrat gab es bereits eine Initiative Nordrhein-Westfalens, die jedoch nicht weiterverfolgt wurde. Außerdem haben die Justizministerkonferenz, bereits im Jahr 2021, und die Innenministerkonferenz, im Herbst 2023, die Bundesregierung und damit in erster Linie den Bundesjustizminister dazu aufgefordert, das Problem endlich anzugehen.
Und was ist die Antwort des Justizministers auf die Aufforderung? Der Justizminister legt Eckpunkte für ein Abstammungsrecht vor, in welchen er darauf hinweist, dass das Problem der Scheinvaterschaften bekannt sei; eine Lösung für das Problem werde in einem anderen Gesetzesvorhaben erarbeitet.
(Stephan Brandner [AfD]: Das haben wir jetzt gemacht! – Zuruf der Abg. Sonja Eichwede [SPD])
Wann der Vorschlag vorgelegt wird und ob der Vorschlag zeitgleich zum Abstammungsrecht erscheint, ist offen. Das ist fahrlässig, vor allem im Hinblick auf die weiteren Planungen im Abstammungsrecht. Wie so oft, liebe Kolleginnen und Kollegen der Ampel, machen Sie auch hier den zweiten Schritt vor dem ersten. Sieht man sich die Eckpunkte zum Abstammungsrecht an, so ist festzustellen, dass diese die Problematik der Scheinvaterschaft noch verschlimmern werden.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Hört! Hört!)
Die geplante Anerkennung von Co-Mutterschaften öffnet das Tor zu weiterem möglichem Missbrauch. Damit können künftig nicht nur Männer, sondern auch Frauen eine Elternschaft zum Schein anerkennen.
(Nina Warken [CDU/CSU]: Das muss der Herr Brandner gleich mitnotieren! Schau an!)
Wir müssen dann wohl von „Scheinelternschaften“ sprechen.
Für uns als Union ist klar: Das Problem muss zügig und effizient durch das Justizministerium gelöst werden, und zwar vor einer Änderung des Abstammungsrechts durch die Bundesregierung.
(Beifall bei der CDU/CSU – Stephan Brandner [AfD]: Können wir gleich heute machen mit unserem Gesetzentwurf! – Gegenruf der Abg. Nina Warken [CDU/CSU])
Passiert das nicht, wird dem Missbrauch weiter Tür und Tor geöffnet bleiben, und die AfD erhält weiter Gelegenheit, das Thema populistisch für sich zu nutzen. Ich glaube, das kann nicht unser Ansatz sein.
Herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Nina Warken [CDU/CSU]: Ganz genau! – Zuruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])
Jetzt hat die Kollegin Awet Tesfaiesus das Wort für Bündnis 90/Die Grünen.
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609531 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 162 |
Tagesordnungspunkt | Reform der Anerkennung von Vaterschaften |