10.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 162 / Tagesordnungspunkt 5

Axel MüllerCDU/CSU - Reform der Anerkennung von Vaterschaften

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für die Anerkennung einer Vaterschaft kennt unser Bürgerliches Gesetzbuch drei Varianten. Eine davon ist, dass ein Mann die Vaterschaft anerkennt und dies durch das Standesamt, einen Notar oder eine konsularische Vertretung beurkundet wird. Mit diesem Fall der beurkundeten Anerkennung befasst sich dieser Gesetzentwurf.

Diese Möglichkeit der Anerkennung ist – das wurde ausgeführt – zum Wohl des Kindes ohne Feststellung der biologischen Abstammung, und sie wird vermehrt – das wurde auch ausgeführt – missbräuchlich genutzt; an dieser Erkenntnis führt kein Weg vorbei.

Die 5 000 Fälle, die das Bundesinnenministerium zuletzt genannt hat, sind, denke ich, eine eindrucksvolle Zahl. Der Fall von Jonathan A., „Mr. Money Cash“,

(Stephan Brandner [AfD]: „Mr. Cash Money“!)

wurde hier schon mehrfach erwähnt; deshalb will ich ihn nicht noch einmal ausbreiten. Tatsache ist: 24 Kinder hat er anerkannt. Der Staat muss den Unterhalt zahlen, weil Jonathan A. nichts bezahlt. Man spricht von sogenannten Ankerkindern, weil diese Kinder von ihrem deutschen Vater ihre deutsche Staatsangehörigkeit ableiten und der nichtdeutschen Mutter oder auch weiteren Familienangehörigen den Familiennachzug und ein Bleiberecht in Deutschland vermitteln.

Eine Lösung war die staatliche Vaterschaftsanfechtung, § 1600 BGB alte Fassung. Das Bundesverfassungsgericht hat diese Möglichkeit verbaut, hat gesagt, das sei verfassungswidrig, ein Eingriff in das Elternrecht und ein unzulässiger Entzug der Staatsangehörigkeit. Im Nachgang wurde eine Lösung über § 1597a BGB gesucht. Eine präventive Schutzmöglichkeit wurde geschaffen: Die beurkundende Stelle kann die Beurkundung aussetzen, wenn Zweifel bestehen, und sie informiert die Ausländerbehörde, die dann am Ende darüber entscheidet, ob die Anerkennung und die daraus resultierenden aufenthaltsrechtlichen Vorteile unterbunden werden. Das geht natürlich nur, wenn die Ausländerbehörde Bescheid weiß, insbesondere auch die beurkundende Stelle Bescheid weiß, und das weiß sie meistens nicht.

Dem soll nun mit dem vorgelegten Gesetzentwurf dadurch abgeholfen werden, dass die Ausländerbehörde – und das ist der Kern Ihres Entwurfs – künftig ohne Ausnahme in jedem Fall, in dem nur der Vater Deutscher ist, nicht aber die Mutter, dies prüfen muss, um eine rechtsmissbräuchliche Anerkennung der Vaterschaft zu verhindern. Was das in Zahlen bedeutet, Herr Brandner, haben Sie nicht gesagt. In 2022 wurden 738 000 Kinder geboren. Bei 4,8 Prozent der Geburten gab es die Konstellation „deutscher Vater, nichtdeutsche Mutter“. In Summe sind dies 35 000 Kinder. Die eingangs genannten circa 5 000 Verdachtsfälle sind ein Siebtel. Das heißt, Sie wollen die übrigen sechs Siebtel unter Generalverdacht stellen und ihnen zudem noch die Nachweispflicht auferlegen, ihre biologische Vaterschaft darzulegen. Das verbietet aus meiner Sicht das Übermaßverbot. Mildere Mittel wären gefragt, und die gäbe es auch, um diesen Missbrauch erfolgreich bekämpfen zu können.

Die Kollegin Hierl hat auf die Justizministerkonferenz vom Juni 2021 und die Aufforderung von zwölf Landesjustizministern – vier haben sich enthalten; es gab keine Gegenstimme – hingewiesen, auf der Bundesebene zeitnah gesetzgeberische Abhilfe zu schaffen. Die Zeit bis zur Bundestagswahl im September 2021 war dafür zu kurz. Seit zweieinviertel Jahren ist nun Minister Buschmann im Amt, und es ist nichts geschehen. Erst nach der jüngsten Berichterstattung über die eklatanten Missbrauchsfälle teilte das Bundesjustizministerium mit, es werde zeitnah, Herr Kollege Thomae, einen Gesetzentwurf vorlegen. „ Zeitnah“ bedeutet nach dem Duden gegenwartsbezogen und nicht am Sankt-Nimmerleins-Tag. Aber genau das haben Sie heute wieder gemacht. Sie haben gesagt, „in Kürze“ werde etwas vorgelegt. Die Zeit ist abgelaufen.

Zum Schluss möchte ich Ihnen aufzeigen, dass es eine Möglichkeit gäbe; Sie haben dies eigentlich selber angesprochen. Am kommenden Freitag wird hier über die Datenübermittlungsvorschriften im Ausländer- und Sozialrecht in zweiter und dritter Lesung beschlossen.

Sie kommen zum Ende, bitte.

– Ich komme zum Ende. – Man könnte hinter dem Namen der nichtdeutschen Mutter und des ursprünglich nichtdeutschen Kindes den Namen des Vaters im Ausländerzentralregister eintragen und eine entsprechende Suchfunktion implementieren.

Herr Kollege, Sie kommen bitte zum Ende.

Dann müssten sich die Standesämter künftig nicht mehr auf ihr Bauchgefühl verlassen, wie es ein Berliner Standesbeamte formuliert hat, sondern könnten auf harte Fakten zurückgreifen.

Herr Kollege, es ist doch eine Superidee, das im Ausschuss genau so zu diskutieren, wie Sie das hier vorschlagen.

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU/CSU)

Joana Cotar hat das Wort.

(Fabian Jacobi [AfD]: Jetzt kommt das Sahnehäubchen!)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609534
Wahlperiode 20
Sitzung 162
Tagesordnungspunkt Reform der Anerkennung von Vaterschaften
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