Daniela LudwigCDU/CSU - Bildungsgerechtigkeit
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Jetzt wird wieder gemäkelt!)
Ja, die aktuellen Bildungsstudien sind alarmierend. PISA, IQB zeigen enorme Kompetenzverluste, insbesondere auch in unseren Grundschulen. Da erreicht nicht einmal mehr ein Viertel aller Viertklässler den internationalen Mindeststandard fürs Lesen. Im Vergleich zum vorangegangenen PISA-Test 2018 haben 15-Jährige in Deutschland das Wissen fast eines ganzen Schuljahres eingebüßt.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Dank der Dauerschulschließungen der Union!)
Das heißt, es sind riesige Lücken entstanden bei den Grundkenntnissen in Deutsch und Mathematik. Aber auch die Leistungsspitze, die guten Schüler, also diejenigen, die die Klassen tragen, ist geschrumpft.
Deswegen ist klar – das bestreitet, denke ich, auch hier in diesem Haus niemand –: Es besteht Handlungsbedarf. Das spüren auch die Eltern vor Ort. Und die unterscheiden dann übrigens auch nicht, ob der Bund oder das Land zuständig ist. Die wollen einfach sehen, dass es läuft.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das ist dann aber Landeskompetenz!)
Deswegen ist es natürlich richtig, dass sich auch der Bund zu dieser Verantwortung bekennt.
Aber was ist denn jetzt erst mal passiert? Ja, es ist viel angekündigt worden. Parallel dazu hat man – die Kollegin Schön hat es gesagt – „Aufholen nach Corona“ eingestellt. Jetzt können wir uns über die Qualität streiten; da hätten wir gemeinsam vieles besser machen können. Aber Sie haben gesagt: Wir lassen es auslaufen, weil jetzt das Startchancen-Programm kommt.
(Saskia Esken [SPD]: Wer hat es denn befristet?)
Dann hat man die Bundesförderung der viel gelobten und wirklich großartigen Sprach-Kitas eingestampft mit der Begründung: Jetzt kommt ja das Startchancen-Programm.
Wann kommt das Startchancen-Programm? Jetzt, mit Wirkung vom 1. August! Keiner weiß, für welche Schulen!
(Ria Schröder [FDP]: Doch, das wissen die Länder! Die wählen das aus! – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Die Kommunen von Herrn Söder dürfen die Schulen jetzt nach Kriterien aussuchen!)
Nur 4 000 von insgesamt 40 000 Schulen werden davon profitieren. Das heißt, ganz, ganz viele Schülerinnen und Schüler haben von diesem angeblichen Paradigmenwechsel in der Bildungspolitik – geht es ein bisschen kleiner, liebe Kolleginnen und Kollegen? – nichts, aber auch gar nichts.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Also, 20 Milliarden Euro finden Sie wenig? Das ist ja absurd! Macht Herr Söder eigentlich noch Bildungspolitik?)
Wenn der Paradigmenwechsel schon so groß ist, frage ich mich, warum die Ministerin sich nicht selber hinstellt und erklärt, was ihr großes Ziel in der Bildungspolitik ist.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Auch das ist übrigens ein Armutszeugnis. Also: Zu spät gemacht, zu schlecht gemacht.
Jetzt höre ich permanent: Es ist großartig, dass wir den Königsteiner Schlüssel bei der Mittelverteilung überwunden haben. – Wenn Berlin aufgrund Ihrer Entscheidung, genau diesen Königsteiner Schlüssel nicht mehr anzuwenden, mit der zweithöchsten Armutsquote 9 Millionen Euro weniger bekommt,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da läuft die Wirtschaft besser, als man in Bayern denkt! Ja, das ist der Grund!)
Baden-Württemberg hingegen, wo es, na ja, vielleicht nicht ganz so dringend notwendig ist, 16 Millionen Euro mehr,
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das Land ist auch ein bisschen größer!)
dann würde ich Ihnen mal zurufen: Bei dieser Mittelverteilung haben Sie einen krassen Denkfehler drin. Deswegen funktioniert auch das nicht.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Da hätte ich mir schon noch etwas mehr Nachdenken gewünscht. Ich gönne es den Baden-Württembergern von Herzen. Aber wenn man sich schon rühmt, hier eine bessere Verteilung hinzubekommen, dann sollte das im Detail auch nachvollziehbar und stimmig sein, und das ist es nun tatsächlich nicht.
(Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Für uns ist das sehr nachvollziehbar! Das fällt nicht in Ihr Berlin-System! Es geht um Kriterien und nicht um Gefühle!)
Und wissen Sie was? Es heißt „Startchancen-Programm“! Ja, das sind die Grundschulen, richtig. Aber das, was in Ihrem Antrag völlig fehlt, wenn wir über „Start“ und „Chance“ sprechen, ist das Bekenntnis zur frühkindlichen Bildung. Das kommt in Ihrem Antrag kein einziges Mal vor. Aber da geht es doch eigentlich schon los: nicht erst in den Grundschulen, sondern schon eine Ecke früher. Und dazu bekennen wir uns nicht nur hier im Bund, sondern auch in den Ländern. Wir müssen uns dringend auf den Weg machen, in diesem Bereich noch viel besser zu werden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was machen denn Söder und Aiwanger gerade in den Grundschulen, in den Kitas?)
Und ein Letztes. Die größte Säule in diesem Programm ist die erste Säule: Investitionen in Gebäude, also in Beton. Von einer schöneren Leseecke ist noch kein Schüler schlauer geworden.
(Katja Mast [SPD]: Das stimmt nicht, Frau Ludwig! Das ist ja peinlich! – Weitere Zurufe von der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Deswegen kann ich Ihnen nur sagen: Wenn Ihnen zur Verbesserung von Startchancen nicht mehr einfällt als dieses Programm, dann wird das kein Paradigmenwechsel.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU – Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Eigentlich sollte man Herrn Söder kein Geld mehr geben, solange er nicht unterschrieben hat!)
Als Nächster hat das Wort für die SPD-Fraktion Sönke Rix.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609551 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Bildungsgerechtigkeit |