11.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 163 / Zusatzpunkt 20

Oliver KaczmarekSPD - Bildungsgerechtigkeit

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Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir haben an dieser Stelle schon oft über internationale und nationale Vergleichsstudien gesprochen, und die Ergebnisse wurden immer eindrücklicher und waren immer vergleichbar. Es gibt eine immer größer werdende Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die Schwierigkeiten beim Lesen, Rechnen und Schreiben haben.

Die Herkunft des Elternhauses hat einen zu hohen Einfluss auf den Bildungserfolg von Kindern und Jugendlichen. Wir beobachten, dass sich viele dieser Probleme an einzelnen Standorten besonders darstellen. Es geht nicht darum, dass wir sagen: An einigen Schulen gibt es keine Probleme. Nein, alle Schulen müssen mit Alltagsproblemen kämpfen und haben mit diesen Schwierigkeiten zu tun. Aber wir machen ein Programm, mit dem wir dahin gehen, wo es am schwersten ist, und das ist auch der richtige Schritt.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Wenn wir sagen: „Wir müssen in frühe Bildung investieren“ – das ist ja schon seit vielen Jahren eine Empfehlung der Bildungswissenschaft –, „wir müssen uns bei knappen Ressourcen konzentrieren, wir müssen uns auf den Unterricht, auf das Erlernen von Lesen, Rechnen und Schreiben konzentrieren“, dann sage ich: Das Startchancen-Programm ist zwar nicht die erste und auch nicht die einzige Idee in diesem Kontext. Aber man muss doch einfach mal zur Kenntnis nehmen, dass bei dem Umfang, den wir hier vorgesehen haben – 20 Milliarden Euro, 2 Milliarden Euro jedes Jahr, zehn Jahre lang –, eine ganz andere Dimension erreicht wird, dass wir auf ein neues Niveau kommen, was die Förderung von Schulen mit besonderen sozialen Herausforderungen angeht.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Ich will das noch mal sagen – ich habe das hier am Rednerpult schon erwähnt –: In meinem Bundesland Nordrhein-Westfalen gibt es 60 Talentschulen. Wir werden über 900 Startchancen-Schulen an den Start bringen. Das Beispiel Nordrhein-Westfalen zeigt – das kann man für jedes Bundesland wiederholen –, wie wir dort wirklich vorankommen.

Ich habe mir gestern Abend zur Vorbereitung auf den heutigen Tag noch mal die Bund-Länder-Vereinbarung angesehen. Das klingt vielleicht skurril, aber ich kann das nur jedem empfehlen: einfach mal reingucken und feststellen, was für ein tolles und modernes Programm das ist, das sämtliche Stichworte, Empfehlungen und Anregungen der bildungspolitischen Debatte der letzten 20 Jahre aufgreift und sinnvoll miteinander verknüpft.

(Lachen des Abg. Thomas Jarzombek [CDU/CSU])

Was wir zunächst einmal machen, ist von der Union – deswegen ist das Gelächter ganz passend – gerade als Investition in Beton diskreditiert worden. Nein, es ist was anderes. Wir anerkennen, dass Schule Lern- und Lebensraum ist, und investieren in gute Lernbedingungen. Deswegen ist das richtig. Wir machen zwar kein Schulsanierungsprogramm. Aber darin zu investieren, dass Schülerinnen und Schüler in ihrem Lebensraum und Lernort Schule gestärkt werden, das ist genau richtig. Deswegen machen wir das und investieren auch in die Bauten.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Es ist gleichzeitig schon gesagt worden, dass wir hier die Abkehr von der Gießkanne vornehmen. Das heißt, dass wir dem Bedarf folgend die Mittel einsetzen. Das ist ein Paradigmenwechsel; das ist von einigen schon gesagt worden. Das ist aber vor allen Dingen auch eine neue Qualität der Zusammenarbeit von Bund und Ländern. Die haben nämlich untereinander anerkannt, dass Positionen verrutschen, dass ein Land auch weniger kriegt, als nach dem Königsteiner Schlüssel vorgesehen. Insofern folgt man an dieser Stelle dem Kooperationsgebot. Ein erster richtiger Schritt ist gemacht, dem müssen weitere folgen. Den Paradigmenwechsel wollen wir weiterverfolgen.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Die Chancenbudgets – um auch dieses Stichwort aufzugreifen – stärken die Eigenverantwortlichkeit von Schule. Wir wollen kein Schema F vorgeben, sondern jede Schule muss das Programm an ihre regionalen Bedingungen anpassen und die Maßnahmen für Schülerinnen und Schüler ergreifen können, die zu ihrer Schülerschaft passen. Das unterstützen wir durch multiprofessionelle Teams, die dazu beitragen, dass Lehrerinnen und Lehrer sich wieder auf das konzentrieren können, was ihr Job ist, nämlich auf den Unterricht. Dabei werden sie durch andere Professionen unterstützt.

Ich will das noch einmal sagen: Diese ganzen Stichworte „Abweichung von curricularen Rahmenvorgaben“, „knappe Ressourcen konzentrieren“, „Schule als Lernort gestalten“, „Eigenverantwortlichkeit“, „Selbstständigkeit der Schule stärken“, „Freiheiten auch in der Unterrichtsentwicklung geben“ sind wichtige Forderungen, die wir schon seit Jahren hier im Bundestag diskutiert haben, die von der Bildungswissenschaft aufgestellt worden sind. Wir verknüpfen sie mit dem Startchancen-Programm sinnvoll. Deswegen ist es ein gutes, ein modernes und ein zeitgemäßes Programm, mit dem wir jetzt beginnen.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Das Startchancen-Programm ist nicht die Lösung für alles. Es ist zwar ein wichtiger Schritt. Aber ich will auch jedem sagen: Es ist Teil einer Strategie, die diese Koalition sich vorgenommen hat, nämlich dahin zu gehen, wo wir früh an gleichen Chancen arbeiten können. Wir haben in frühe Bildung investiert. Das KiTa-Qualitätsgesetz ist hier schon verabschiedet worden. Es ist ein wichtiger Beitrag bei der Aufgabe, überhaupt einen Kitaplatz vor Ort sicherzustellen. Dabei unterstützen wir die Länder mit Milliarden.

Wir werden den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung in der Grundschule umsetzen. Das bereiten wir vor. Das ist ganz wichtig für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. Wir machen jetzt das Startchancen-Programm. Wir haben die Ausbildungsgarantie geschaffen. Jetzt fehlt uns noch die Kindergrundsicherung als weiterer Bestandteil der Investition in frühe Chancen. Es ist wichtig, dass Familien die Möglichkeit haben, in die Bildungsgerechtigkeit für ihre Kinder zu investieren. Deswegen steht die Kindergrundsicherung auch im Koalitionsvertrag, und wir sollten uns gelegentlich daran erinnern, warum wir sie da reingeschrieben haben.

Insgesamt ist es ein gutes Konzept, und das ist heute ein wichtiger Baustein.

(Beifall bei der SPD, dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächste hat das Wort für die CDU/CSU-Fraktion Silvia Breher.

(Beifall bei der CDU/CSU)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609555
Wahlperiode 20
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Bildungsgerechtigkeit
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