Tilman KubanCDU/CSU - Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor einigen Wochen sprach mich der Chef eines großen mittelständischen Chemieunternehmens aus Niedersachsen an. Er berichtete mir, dass die Produktion von Methylenchlorid und von Chloroform in ihrer Anlage in Stade geschlossen und die Produktion nach Texas verlagert werde. Die Gründe: zu hohe und nicht wettbewerbsfähige Energiekosten und immer neue Regulatorik für Produkte, die im Bereich der Chemikalienproduktion notwendig sind. Nun werden einige sagen: „Was geht mich das an?“ Andere, etwa aus den grünen Kreisen, sagen vielleicht sogar: Eine Industrieanlage weniger ist doch toll fürs Klima.
(Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Unsinn!)
Ich sage Ihnen: Diese hergestellten Produkte sind der Grundstoff für Krebsmedikamente, aber auch, liebe Grüne, für die Wärmepumpen. Die Konsequenzen dieser Abwanderung sind: weniger Arbeitsplätze und weniger Steuereinnahmen, mehr Abhängigkeit von China bei Medikamenten, und die Wärmeproduktion in Deutschland wird wegen fehlender Vorprodukte immer teurer. Dies ist nur ein Beispiel aus meiner niedersächsischen Heimat.
Aber so wie Olin geht es auch vielen anderen Industriebetrieben. Die Zahlen sprechen hier eine deutliche Sprache, Herr Westphal: nur noch mickrige 0,1 Prozent Wirtschaftswachstum; seit Jahresbeginn die Ankündigung, 50 000 Arbeitsplätze abzubauen. Und noch nie haben so viele ausländische Unternehmen in Deutschland so wenig investiert: jede Woche 2 Milliarden Euro Nettoabfluss aus Deutschland. Und wenn dann bei Lilly, was richtig ist, 2 Milliarden Euro investiert werden, dann reist das halbe Kabinett an. Das ist doch nicht die Realität in diesem Land.
(Beifall bei der CDU/CSU – Bernd Westphal [SPD]: Millionen Arbeitsplätze!)
– Ja, aber nicht in Deutschland, Herr Westphal. Das ist der Unterschied. –
(Bernd Westphal [SPD]: Doch, in Deutschland!)
Und dann stellt sich Minister Habeck noch hin und sagt: Es sind nur die Zahlen schlecht. – Ich sage Ihnen: Träumen war gestern. Willkommen in der Realität. Es ist Zeit für eine andere Wirtschaftspolitik.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ihre Antwort in den Debatten ist dann regelmäßig: Das geht alles nur mit mehr Geld und mit mehr Schulden. – Dabei verzeichnet Deutschland momentan Rekordsteuereinnahmen.
(Zuruf des Abg. Reinhard Houben [FDP])
Wir haben in diesem Land kein Einnahmeproblem, wir haben ein Ausgabeproblem. Die Arroganz der jetzigen „Politikergeneration Ampel“,
(Widerspruch beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
die Aufweichung der Schuldenbremse zu fordern, ist am Ende nicht zu dulden.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Das war Ihr Ministerpräsident!)
Wer von Ihnen garantiert mir eigentlich, dass wir in 15 oder 20 Jahren in meiner Politikergeneration nicht vor viel größeren Problemen stehen? Sie sind nicht bereit, die wahren Probleme in diesem Land zu lösen.
(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wir lösen die wahren Probleme!)
Ein zu hoher Steuerzuschuss zur Rente, ein Übermaß an Klimaschutzmaßnahmen, kein Ende der illegalen Migration
(Zuruf von der SPD)
und die Träumerei von Wohlstand ohne Leistung mit Viertagewoche und „Glücks-BIP“, das sind doch die Probleme, die Sie in dieser Zeit anzugehen haben.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Sie versuchen es unter dem Deckmantel: Wir tun ja was Gutes für die junge Generation. Wir wollen die Schuldenbremse lockern und deswegen am Ende noch mehr Geld ausgeben. – Ich sage Ihnen: Kümmern Sie sich um die wahren Baustellen, und hören Sie endlich auf mit diesen Märchen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Widerspruch bei der SPD)
Dann, Herr Houben, verweisen Sie in Bezug auf die Forderungen in unserem Antrag auf das Fehlen von so etwas wie einem Preisschild. Drei von zwölf Maßnahmen in dem Paket, das wir vorlegen, kosten Geld; die anderen sind kostenfrei oder bringen sogar noch zusätzliche Steuereinnahmen. Denn wenn eine Überstunde steuerfrei ist, dann wird sie auch gemacht. Heute lässt sich doch keiner eine Überstunde auszahlen; die wird nämlich abgebummelt.
Wenn unter Bürgergeldempfängern 20 bis 30 Prozent erwerbsfähig sind und arbeiten könnten, es aber nicht tun und wir sie nicht motivieren, setzen wir damit die Akzeptanz der arbeitenden Bevölkerung aufs Spiel. Liebe Frau Beck, es gäbe da folgende Möglichkeit: Wenn wir nur jeden vierten Bürgergeldempfänger in Arbeit bringen würden, dann hätten wir bereits 30 Milliarden Euro mehr im Haushalt, und wir könnten damit deutlich mehr gegenfinanzieren.
(Beifall bei der CDU/CSU – Rasha Nasr [SPD]: Jeder Fünfte mit Bürgergeld arbeitet! Jeder Fünfte!)
Wenn Rentner steuerfrei dazuverdienen könnten, dann würden sie es auch machen, weil es sich am Ende lohnt, noch mal wieder weiterzumachen. Wenn Unternehmer die dringend benötigten Fachkräfte – dank des Bürokratieabbaus – für produktive Tätigkeiten einsetzen könnten, dann würde auch mehr Wertschöpfung entstehen. Heute müssen Unternehmen immer mehr Zeit mit umfassenden Dokumentationen und langwierigen Genehmigungsverfahren verbringen.
Wir reichen Ihnen heute konkret die Hand. Lassen Sie uns in einem ersten Schritt des Bürokratieabbaus das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz aussetzen,
(Gabriele Katzmarek [SPD]: Das ist das wahre Gesicht! – Zuruf der Abg. Rasha Nasr [SPD])
solange die europäischen Regelungen noch nicht umzusetzen sind. Seien wir doch mal ehrlich: Die Berichtspflichten allein auf dem Rücken der Unternehmerinnen und Unternehmer abzuladen, ist falsch.
Lassen Sie uns als Ziel ausgeben, den Partnern in der Welt auf Augenhöhe statt mit dem moralischen Zeigefinger zu begegnen und bis zum Ende der Legislaturperiode vier Freihandelsabkommen – unter anderem mit Mercosur und mit Indien – abzuschließen und alle gemeinsam dafür zu arbeiten.
(Dr. Sandra Detzer [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Haben Ihnen das die französischen Bauern auch gesagt?)
Und lassen Sie uns mit einem nationalen Energiekonsens dafür sorgen, dass die Energiepolitik sich nicht alle vier Jahre ändert; denn dann gibt es in der Tat keine Planungssicherheit. Ob beim Netzausbau, bei nötigen Kraftwerken, bei der CCS/CCU-Technologie wie auch beim Wasserstoffkernnetz oder bei der Senkung von Energiepreisen: Deutschland braucht keine Ampelalleingänge, die in einem Jahr wieder Geschichte sind.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deutschland ist stark, und wir haben wahnsinnig schlaue Arbeitnehmer und Tüftler in diesem Land.
(Zuruf der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Ich will Ihnen nur eins sagen: Ich möchte, dass die Industriearbeitsplätze in diesem Land erhalten bleiben. Das Beispiel, das ich am Anfang gebracht habe, zeigt auch:
(Zuruf der Abg. Katharina Beck [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Wenn wir Industriearbeitsplätze in diesem Land auf den Prüfstand stellen und wenn Industriearbeitsplätze aus diesem Land abwandern, dann verlieren wir damit auch möglicherweise Wähler aus dem demokratischen Spektrum, weil diese Arbeitsplätze extrem gut bezahlt sind.
Kollege.
Ich will nicht, dass diese Populisten von rechts außen und von links außen hier am Ende mehr Zuspruch erhalten. Deswegen lassen Sie uns alles dafür tun, dass die Industrie in diesem Land bleibt.
Vielen herzlichen Dank.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Walter das Wort.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609578 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft |