11.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 163 / Zusatzpunkt 21

Robin MesaroschSPD - Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die CDU sagt uns: Wir in Deutschland müssen fleißiger werden. Drei konkrete Punkte bringt sie dazu in ihrem Antrag.

Erstens. Überstunden sollen steuerfrei werden. Ich frage mich, ob Sie das durchgerechnet haben. Wenn ein Familienvater mit Durchschnittslohn eine Überstunde macht, spart er nach Ihrem Vorschlag 1, 2, 3 Euro. Ich frage Sie: Veranlasst das jemanden, der in Stuttgart im Speckgürtel wohnt, eine Dreiviertelstunde zur Arbeit fährt, seine Kinder ohnehin nicht sieht, alles stehen und liegen zu lassen, um sich bei drei Überstunden nach Ihrem Vorschlag dann vielleicht einen Döner leisten zu können? Das bezweifle ich doch.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: In was für einer Welt leben Sie eigentlich?)

Ihr zweiter Vorschlag ist, Arbeitsverweigerer zu zwingen. Und da frage ich mich auch, ob Sie das durchgerechnet haben.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Sprecht ihr überhaupt noch mit Arbeitern bei den Sozis? Habt ihr überhaupt noch was mit Arbeitern zu tun? Kennt irgendeiner bei euch noch Arbeiter?)

Wie viele Arbeitsverweigerer gibt es denn in Deutschland? Ich sage es Ihnen: Das sind wenige. Und ich frage Sie: Sind die Leute, die Sie als faul bezeichnen, diejenigen, die unsere Wirtschaft jetzt aber so richtig nach vorne bringen? Das glaube ich nicht.

Ihr dritter Vorschlag betrifft Rentnerinnen und Rentner. Ich sage Ihnen: Ich finde es gut, zu gucken, wie Rentnerinnen und Rentner, wenn sie es wollen, im Alter leichter arbeiten können.

(Jens Spahn [CDU/CSU]: Das findet der Wirtschaftsminister auch!)

Aber ich will auch sagen, dass ich es fraglich finde, wenn wir unsere Erwartungen gerade denjenigen aufbürden, die unsere Erwartungen schon längst übertroffen haben.

Zur Wahrheit gehört doch auch, dass das, was Sie hier gerade an Rentenideen vortragen, dazu geeignet ist, dass viele Leute in Deutschland weniger Rente bekommen. Das heißt, die CDU-Vorschläge lauten: Rentnerinnen und Rentner und alle, die es eines Tages werden, kriegen weniger Rente, aber sie dürfen dann leichter arbeiten. Das ist die Wahrheit, die hier ausgesprochen wird.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)

Ich glaube auch, dass wir in Deutschland viel Potenzial entfesseln können.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Ja, die Ampel entfesselt gar nichts!)

Aber es geht um ganz andere Leute – drei Beispiele.

Erstes Beispiel: Frauen. Ich befürchte leider, dass ich das erklären muss. Die AfD saß hier eine Stunde mit 100 Prozent Männern im Bundestag; jetzt ist Frau von Storch dazugekommen. Aber wie sage ich das? Frauen sind nicht eine von zwanzig Personen, Frauen sind die Hälfte unserer Gesellschaft.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Enrico Komning [AfD]: Wir haben Leute mit einer Ausbildung! Was ist denn Ihr Ausbildungsberuf? Wichtigtuer!)

Aber bei den Beschäftigten haben Frauen leider nicht den 50-Prozent-Anteil, sondern 50 Prozent der Frauen arbeiten noch in Teilzeit.

(Tino Chrupalla [AfD]: Sie haben noch nie gearbeitet!)

Wenn eine Frau sich entscheidet, zu Hause zu bleiben oder weniger zu arbeiten, dann ist das ihre Entscheidung. Aber wenn eine Frau gezwungen ist, nicht zu arbeiten, weil wir als Gesellschaft ihr nicht die Möglichkeit dazu bieten, dann versagen wir hier alle und dann schaden wir unserer Wirtschaft, weil gut ausgebildete Fachkräfte gegen ihren Willen zu Hause bleiben.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)

Das zweite Beispiel sind Migrantinnen und Migranten. Da philosophieren Sie darüber, ob die Religion von Millionen fleißigen Arbeiterinnen und Arbeitern in Deutschland zu diesem Land gehört, anstatt zu ermöglichen, dass die, die sich hier integrieren wollen, das auch tun können.

(Alexander Hoffmann [CDU/CSU]: Holen Sie mal Luft! Das ist ja unerträglich!)

Drittens. Es gibt junge Leute, die bei uns durch das System fallen, durch die Schulen.

(Enrico Komning [AfD]: Die auch eine Ausbildung haben! Genau!)

Wir wollen, dass das Geld dahin kommt, damit die Leute fleißig sein können.

Es ist purer Hohn, –

Kollege, Sie müssen bitte zum Schluss kommen.

– diesem Land, in dem 1,3 Milliarden Überstunden – mehr als die Hälfte davon unbezahlt – geleistet worden sind, vorzuwerfen, es sei faul.

(Beifall bei Abgeordneten der SPD)

Eventuell sind Sie faul beim Denken. Dieses Land ist fleißig, und wir entfesseln es an der richtigen Stelle.

Haben Sie vielen Dank.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der FDP)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609586
Wahlperiode 20
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Sofortprogramm für die deutsche Wirtschaft
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