Albert StegemannCDU/CSU - Ernährungsstrategie der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Minister! Wir besprechen heute das Thema „Ernährungsstrategie der Bundesregierung“, so ist es angeschlagen hier an der Informationstafel. Wenn wir uns dann mal dem Begriff „Strategie“ nähern, dann fragen wir uns: Was ist eigentlich eine Strategie? Eine Strategie ist die Beschreibung eines Weges hin zu einem Ziel. Wir diskutieren heute viel über den Weg zum Ziel, aber wir diskutieren kaum über das Ziel selbst. Ich finde, wenn wir ehrlich miteinander umgehen wollen, macht es Sinn, sich tatsächlich mal das Ziel des Bundesministers und auch das Ziel der Partei der Grünen in Sachen Ernährungspolitik anzuschauen und zu sehen, wo es denn hingehen soll.
Ich muss ganz ehrlich sagen: Ich identifiziere dort keineswegs die Liberalität, die gerade vom Minister angeklungen ist, sondern ich erkenne hier ganz klar, dass man am Ende raus möchte aus der tierischen Produktion. Man will ganz weg vom Fleisch. Man will auch möglichst weit weg vom Zucker. Hier geht es tatsächlich um eine Bevormundung. Das ist in höchstem Maße illiberal, das will ich Ihnen noch mal sagen. Sie haben ja auch einen Liberalen zitiert.
Sie kommen immer dann auf uns, auf die Opposition, zu und reichen uns die Hand, wenn Ihnen mal wieder Mehrheiten in den eigenen Fraktionen fehlen. An dieser Stelle würde ich Ihnen mal die Hand reichen wollen und sagen: Bitte, Herr Minister, hören Sie auf mit der Spaltung. Sie schieben uns immer in die Schuhe, dass wir spalten würden. Aber Sie sind es doch, die spalten.
(Beifall bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Sie teilen die Gesellschaft ein in Gut und Böse,
(Zuruf von der SPD)
danach, wie sich die Leute ernähren, ob sie Fleisch konsumieren oder nicht.
(Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Das stimmt doch gar nicht! – Zuruf der Abg. Filiz Polat [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie unterschreiben, dass Sie offen sind für beide Produktionsrichtungen. Am Ende aber moralisieren Sie immer wieder, unterstreichen immer wieder: Gut ist nur die nachhaltige, nur die ökologische Landwirtschaft. Und immer wieder umschiffen Sie in geschickten Wortformulierungen einige Klippen, aber am Ende sind Sie derjenige, der in höchstem Maße illiberal ist. Das werfe ich Ihnen hier vor. Da sind Sie ideologisch unterwegs.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Alle wollen liberal sein, Albert!)
Wenn Sie Ministerpräsident werden wollen – ich bin jetzt nicht Ihr Wahlkampfberater –,
(Zurufe von der SPD: Ah!)
dann kann ich Ihnen empfehlen: Orientieren Sie sich an der politischen Mitte und an den Lebensrealitäten der Menschen. Aber hören Sie wirklich auf, hier diese Vorschriften zu machen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Nachtigall! Nachtigall!)
Wir alle haben gestern die Ergebnisse der Zukunftskommission Landwirtschaft verfolgt.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Es gibt gar keine Ergebnisse!)
Natürlich habe ich es auch vernommen, dass Sie applaudierend am Spielfeldrand standen, was die Mehrwertsteuererhöhung auf 19 Prozent angeht. Das kann ich auch sehr gut nachvollziehen, weil Sie sich natürlich nach Ihrer Strategie, sprich: nach Ihrem Ziel, darüber freuen, dass landwirtschaftliche Produkte, vor allen Dingen Fleischprodukte, teurer werden, sich also die Lenkungswirkung dort voll entfalten kann. Sie freuen sich wahrscheinlich auch – wenn Sie das sofort umsetzen können – über die zusätzlichen Steuereinnahmen. Am Ende ist es das. Ich weiß, dass es auch in diesem Land Sympathien für das Thema Fleischsteuer gibt. Aber bei genauer Betrachtung ist es nichts anderes als eine Steuererhöhung – eine Steuererhöhung, die so schöngeschminkt ist, dass sie für manche Leute attraktiv klingt. Aber am Ende ist es eine nackte Steuererhöhung.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Was erzählen Sie denn da? Das Gegenteil ist der Fall! – Dr. Gero Clemens Hocker [FDP]: Du hast es selber gefordert!)
Dann hört man immer wieder: Wir haben sowieso ein viel zu komplexes Mehrwertsteuersystem. – Ich will das hier noch einmal erklären: Grundsätzlich gilt der Mehrwertsteuersatz von 19 Prozent. Es gibt eine Ausnahme für Grundnahrungsmittel, für landwirtschaftliche Produkte, und zwar aus einem guten sozialpolitischen Grund. Dort senken wir den Mehrwertsteuersatz von 19 auf 7 Prozent, damit auch Menschen mit einem schmalen Einkommen sich gute Lebensmittel leisten können, sich auch Fleisch leisten können. Jetzt kommen Sie daher und wollen diesen mit gutem Grund abgesenkten Mehrwertsteuersatz anheben aus einer klimamoralischen Motivation. Ich will Ihnen an dieser Stelle sagen: Das „M“ im Wort „Mehrwertsteuer“ steht nicht für Moral. Das sollten Sie sich wirklich genau merken.
(Beifall bei der CDU/CSU – Dr. Daniela De Ridder [SPD]: Um Gottes willen! Wie billig!)
Was wir als Union in Sachen Tierhaltung und auch in Sachen Ernährungsstrategie unternehmen wollen, haben wir immer wieder unterstrichen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Da sind Sie gar nicht für zuständig!)
Wir setzen auf Mündigkeit. Wir brauchen deutlich mehr Ernährungsbildung. Wir wollen mündige Entscheidungen beim Souverän. Das ist das, was wir anstreben müssen, und keine Verbotspolitik. Und was den Umbau der Tierhaltung angeht: Wir stehen dazu, dass wir Borchert ernsthaft umsetzen wollen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Sie haben gerade das Gegenteil gesagt!)
Sie haben immer wieder bewiesen, dass es Ihnen keineswegs darum geht, Tierhaltung weiterzuentwickeln.
Ich komme noch mal zum Anfang meiner Rede: Sie wollen Tierhaltung in Deutschland abschaffen. Wir wollen Tierhaltung wirklich weiterentwickeln. Es gibt Potenziale im Bundeshaushalt, und das sind ungehobene Potenziale.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wo steht das mit der Abschaffung? Das ist eine Lüge!)
– Jetzt hören Sie doch mal zu; da können Sie noch was lernen. – Es gibt ungehobene Potenziale im Bundeshaushalt. Würden Sie zum Beispiel einfach mal 100 000 Leute mehr aus dem Bürgergeld in Arbeit bringen, dann hätten wir schon 3 Milliarden Euro zusammen.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: So ein Unsinn!)
Damit kann man schon eine ganze Menge machen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Ich empfehle Ihnen: Denken Sie mal darüber nach, und fangen Sie endlich an zu arbeiten, Herr Minister.
Vielen Dank fürs Zuhören.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Für die SPD-Fraktion hat Peggy Schierenbeck das Wort.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609595 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Ernährungsstrategie der Bundesregierung |