Peggy SchierenbeckSPD - Ernährungsstrategie der Bundesregierung
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Meine Damen und Herren! Ich habe schon viel gelernt hier, und ich weiß, dass Oppositionsarbeit darauf abzielt, wirklich einen Gegenpol zu bilden, und dass er wichtig ist für die Demokratie – aber man kann es auch ein bisschen übertreiben.
(Renate Künast [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja!)
Ich freue mich, dass Sie die Ernährungsstrategie hier erwähnt haben und dass Sie so viel Vehemenz aufgebracht haben, um auf die Ampel zu hauen. Aber ob uns das wirklich weiterbringt, das weiß ich nicht. Ich freue mich trotzdem, Herr Stegemann, über den Artikel über Sie in der „Süddeutschen“: dass auch Sie Zucker reduzieren und dass es Ihnen so guttut. Das freut mich ganz, ganz doll; das möchte ich hier noch mal erwähnen.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Albert Stegemann [CDU/CSU]: Das ist meine individuelle Entscheidung, aber nicht die Entscheidung des Ministers!)
Es ist auch so: Immer wenn ich zum Thema Ernährung spreche, bekomme ich zwei Arten von Reaktionen. Die eine Seite – da sind Sie wahrscheinlich dabei – sagt, sie habe ein sehr, sehr kreatives Unverständnis für die vermeintliche Bevormundung, die wir hier angehen. Die andere Seite dagegen ist hocherfreut darüber, dass wir es endlich angehen, dass wir uns endlich darum kümmern. In der Tat: Die Bundesregierung kümmert sich endlich um die Ernährung der Gesellschaft, und das ist auch dringend notwendig.
(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Es gibt 1 Milliarde an Adipositas erkrankter Menschen weltweit. Die WHO spricht von einer Adipositas-Epidemie, und zwar mit Recht. Es sind zu viele Kinder bereits betroffen; dazu wird meine geschätzte Kollegin Nezahat Baradari als Kinder- und Jugendärztin gleich noch etwas sagen.
Ich nehme Sie, meine Damen und Herren, jetzt einmal mit in die Welt der Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Starten wir mit der Gemeinschaftsverpflegung im Krankenhaus. Ich bin mir sicher: Da haben Sie jetzt alle ganz schnell ein Bild im Kopf. Ich kann mir gut vorstellen, wie Sie die Mundwinkel nach unten ziehen und sagen: Das ist alles andere als lecker.
Wenn man aber weiß, wie sehr sich die Nahrung auf unsere Gesundheit und auch auf das Gesundwerden auswirkt, um bei dem Beispiel zu bleiben, dann ist klar, dass es höchste Zeit ist, endlich was zu unternehmen.
Für die Ernährung wird der Grundstein früh gelegt. Deswegen ist uns die Gemeinschaftsverpflegung schon von der Kita an ein Bedürfnis. Kinder müssen ausreichend mit Nährstoffen versorgt werden, damit sie sich sowohl körperlich als auch geistig optimal entwickeln können. Denn Nahrung wirkt sich auch auf unsere kognitiven Fähigkeiten aus; übrigens auch noch als Erwachsene.
Ich sehe hier ganz klar einen gesellschaftlichen Auftrag. Der Staat hat die Verantwortung, dafür zu sorgen, dass der Zugang zu gesundem Essen für alle Menschen, unabhängig von Einkommen, Bildung und Herkunft, sichergestellt ist. Eine gesunde Ernährung ist eine Frage der sozialen Gerechtigkeit.
Wir müssen also dafür sorgen, dass das Essensangebot von der Kita an den wissenschaftlichen Standards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung entspricht. Das bedeutet weniger Zucker, weniger Salz, weniger ungesunde Fette und – ja, jetzt kommt’s – mehr pflanzenbasierte Ernährung.
Wir wissen inzwischen, dass pflanzliche Proteine für den menschlichen Körper besser zu verstoffwechseln sind, also unserem Körper das Eiweiß geben, das er braucht. Und weil wir das jetzt wissen, gehört die Eiweißpflanzenstrategie zur Ernährungsstrategie der Bundesregierung. Denn wir können hier noch mehr Eiweißpflanzen anbauen, zum Beispiel Erbsen, Linsen, Kichererbsen, Soja. Weil wir das wollen, auch um die heimische Landwirtschaft zu fördern und regionale Produkte in der Gemeinschaftsverpflegung zu verwenden, haben wir das „Chancenprogramm Höfe“ auf den Weg gebracht, das ein Rundum-sorglos-Paket für Landwirte ist, die sich auf den Weg machen, Eiweißpflanzen anzubauen.
Auch höre ich immer wieder: In der Ernährungsstrategie kommt ja gar kein Fleisch mehr vor. – Das stimmt aber so nicht. Die Ernährungsstrategie stützt sich auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse der Deutschen Gesellschaft für Ernährung, die ganz klar empfiehlt: Einmal in der Woche Fleisch ist genug, exakt maximal 300 Gramm pro Woche, je nach Körpergewicht.
Gesund und nachhaltig essen – dazu gibt es jetzt neue Ernährungsempfehlungen. Diese besagen: Ideal wäre eine Ernährung, die mindestens aus zwei Dritteln pflanzlichen und maximal aus einem Drittel tierischen Lebensmitteln besteht. Eiweißpflanzen mit ihrem hohen Stickstoffanteil machen zudem unsere Böden nährstoffreicher, und nährstoffreiche Böden bringen bessere Früchte hervor – ein so wichtiger Kreislauf.
Im Supermarkt bedeutet die Ernährungsstrategie: Ich habe eine Vielfalt an Lebensmitteln zur Auswahl und kann bewusste Kaufentscheidungen treffen. Es sollte nicht nur hochverarbeitete Produkte mit zu viel zugesetztem Salz, Zucker und ungesunden Fetten geben. Viele Rezepturen lassen sich in dieser Hinsicht noch deutlich verbessern.
Orientierung bietet hier der Nutri-Score. Diesen wollen wir übrigens EU-weit verpflichtend einführen. Wir wissen auch um den Einfluss der Werbung. Hier braucht es mehr Kinderschutz bei ungesunden Produkten. Die WHO hat hier klare Vorgaben gemacht.
(Beifall bei der SPD)
Gesund aufwachsen, gesund alt werden – das soll auch in Deutschland möglich sein. Und genau das ist das Ziel der Ernährungsstrategie. Hier möchte ich mich auch noch mal beim Bürgerrat „Ernährung im Wandel“ bedanken, der uns mit seinen Ergebnissen eine klare Empfehlung gegeben hat.
Die Ernährungsstrategie ist sehr umfangreich. Ich kann hier in diesen fünf Minuten nicht alles aufzählen, aber ich bitte Sie, sich zu informieren. Und: Natürlich dürfen Sie weiterhin essen, was Sie möchten.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Das Wort hat der Abgeordnete Bernd Schattner für die AfD-Fraktion.
(Beifall bei der AfD)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609596 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | Ernährungsstrategie der Bundesregierung |