Thorsten LiebFDP - 22 Jahre Euro in Deutschland
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, „Oh Mann, oh Mann, oh Mann!“ ist richtig. – So viel Text und so wenig Substanz: Der hier vorliegende Antrag ist doch nichts anderes als eine Verschleierung Ihrer wahren Absichten.
(Johannes Schraps [SPD]: Das kann man sagen!)
Sie kennen ja anscheinend – so habe ich die Zwischenrufe verstanden – das eigene Wahlprogramm nicht. Da steht ausdrücklich drin: „Der Euro ist gescheitert.“ Was ist das anderes als die Forderung nach dem Austritt aus der EU und damit dem Austritt aus dem Euro? Das werden wir verhindern, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Zuruf des Abg. Norbert Kleinwächter [AfD])
Der Antrag selbst – es lohnt ja fast gar nicht, sich damit auseinanderzusetzen – ist eine wahllose Zusammenstellung von Punkten, ein Versuch, alles Mögliche dem Euro in die Schuhe zu schieben. Vielleicht ist der Euro auch am Wetter oder an was auch immer schuld.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Nein, das ist er nicht! Das Wetter muss man nicht bezahlen! Außer die CO2-Budgets! – Jörn König [AfD]: Da ist Putin dran schuld!)
Es ist unfassbar!
Es gab mal eine Zeit, habe ich gehört, in der so was Ähnliches wie volkswirtschaftliche Kompetenz in der AfD versammelt war. Die ist offensichtlich lange vorbei. Auch das sehen wir an dem Antrag, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Johannes Schraps [SPD]: Die war noch nie da!)
Zur Währungsstabilität im Innern, zur Inflationsentwicklung greifen Sie sich beliebige Zahlen heraus, die mit der Realität nichts zu tun haben. Nein, der Euro ist nicht weniger wertstabil als die D-Mark. Der Zusammenhang zwischen dem Euro und der Inflation ist schon angesprochen worden – ebenso absurd.
Zum nächsten Punkt – der Außenwert des Euros –: Na ja, Währungen sind nun mal Schwankungen unterworfen, und man findet immer einen Punkt, an dem man das vielleicht herausarbeiten kann.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Was sagen Sie denn zum Goldpreis?)
Es ist alles Quatsch. Schauen Sie sich die Entwicklung der letzten 20 Jahre doch mal genauer an! Dann sehen Sie anderes.
(Jörn König [AfD]: Ja, 87 Prozent Wertverlust gegenüber Gold!)
Das Problem ist aber doch ein ganz anderes: Mit diesen irreführenden und falschen Angaben machen Sie nichts anderes, als die Menschen und die Unternehmen in diesem Land zu verunsichern.
Diese Forderungen und diese Ziele machen doch eins deutlich: Diese Fraktion und die Partei, die dahintersteht, sind ein Standortrisiko für dieses Land und eine Gefahr für die wirtschaftliche Zukunft dieses Landes. Dagegen werden wir alle gemeinsam arbeiten.
(Beifall bei der FDP und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD – Norbert Kleinwächter [AfD]: Ihre Politik ist Standortrisiko genug!)
Alleine die Kosten – darauf gehen Sie interessanterweise ja gar nicht ein – einer Transformation der Wirtschaft unter Druck hin zu einer anderen Währung sind absurd.
(Jörn König [AfD]: Dann hätten wir den Euro nie einführen dürfen, wenn das stichhaltig ist!)
Wie kann man als Partei, die glaubt, wirtschaftliche Kompetenz zu haben, nur so einen Schwachsinn fordern, liebe Kolleginnen und Kollegen!
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Johannes Schraps [SPD])
Aber um eines auch mal deutlich zu sagen: Natürlich brauchen wir gemeinsam ein realistisches Bild. Es ist nicht alles gut in der Eurozone. Die hohe Staatsverschuldung muss uns Sorgen machen. Aber eines unterscheidet die Arbeit dieser Koalition deutlich von diesem Antrag, der nichts anderes als eine Druckschrift fordert – um Himmels willen, das ist ja noch nicht mal ein konkreter Inhalt –: Diese Koalition handelt.
(Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie haben Angst vor Ehrlichkeit!)
Wir haben es geschafft – an die Kollegen von der Union gewandt: das haben Sie in den letzten acht Jahren übrigens nicht geschafft –, mit einer Reform des Stabilitäts- und Wachstumspaktes dafür zu sorgen, dass die EU in der Eurozone die Staatsverschuldung in Zukunft besser in den Griff bekommt. Das ist eine gute Nachricht für dieses Land und eine wichtige Nachricht für die EU, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP)
Diesen Weg, um das ganz deutlich zu sagen, werden wir als Freie Demokraten und wird diese Koalition konsequent weitergehen. Wir wollen nämlich eine Wirtschafts- und Währungsunion nicht nur beibehalten, sondern wir wollen sie vertiefen und verstärken; denn wir brauchen eine echte Kapitalmarktunion als wichtigen, wesentlichen Bestandteil für die Zukunft der deutschen Unternehmen in diesem Land.
Um das an dieser Stelle auch noch mal deutlich zu sagen: Für die Freien Demokraten ist NextGenerationEU ein einmaliges Projekt. Es darf keine dauerhafte Schuldenaufnahme auf EU-Ebene geben, und auch bei neuen Eigenmitteln bleiben wir zurückhaltend. Da bleiben wir ganz klar: Solide Haushaltspolitik ist nicht nur hier in Berlin, sondern auch in Brüssel und in der gesamten Union ganz wesentlicher Kernpunkt von FDP-Politik, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei Abgeordneten der FDP – Norbert Kleinwächter [AfD]: Sie haben da zugestimmt!)
Mit Blick auf die Wirtschafts- und Währungsunion, um das abschließend zu sagen, gilt das, was vor über 30 Jahren hier schon mal von Otto Graf Lambsdorff formuliert worden ist: „Der Maastrichter Vertrag ist ein Versprechen; Wirklichkeit ist er noch nicht“. Daran arbeiten wir mit Herzblut als überzeugte Europäerinnen und Europäer.
Vielen Dank.
(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Für die Gruppe Die Linke hat das Wort Susanne Hennig-Wellsow.
(Beifall bei der Linken)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609621 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 163 |
Tagesordnungspunkt | 22 Jahre Euro in Deutschland |