11.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 163 / Tagesordnungspunkt 14

Franziska KerstenSPD - Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Als SPD stehen wir für soziale Gerechtigkeit und ein menschenwürdiges Leben in allen Bereichen, auch in der Landwirtschaft.

Endlich ist es so weit: Wir haben ein sozialdemokratisches Grundanliegen umgesetzt. Das Europäische Parlament hat über das GAP-Konditionalitäten-Gesetz abgestimmt. Wir haben das zum großen Teil unserer bayerischen Kollegin Maria Noichl zu verdanken, die das in wirklich langen Verhandlungen durchgesetzt hat.

(Beifall bei der SPD)

Betroffen sind in Deutschland glücklicherweise nur wenige Betriebe. In anderen Mitgliedstaaten kann das Ganze durchaus ein ernstes Problem sein.

Das GAP-Konditionalitäten-Gesetz besagt: Es muss faire Arbeitsbedingungen geben, sonst werden EU-Fördergelder gekürzt. Das ist die neue soziale Konditionalität.

Eine weitere Folge: Anständige Arbeitgeber/-innen in der Landwirtschaft müssen nicht mehr mit Lohndrückern konkurrieren – ein echter Erfolg sozialdemokratischer Agrarpolitik.

(Beifall bei der SPD)

So viel also zu den guten Nachrichten im sozialen Bereich.

Was mir aber wirklich Sorge macht, ist ein ganz anderer Bereich in der Agrarpolitik: die GLÖZ. Das sind die Standards für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen. Die sollen jetzt auf EU-Ebene massiv abgeschwächt werden, um den Landwirten nach den Bauernprotesten der letzten Monate entgegenzukommen. Das ist aber völliger Quatsch, auf lange Sicht betrachtet. Warum, erläutere ich Ihnen gerne.

Landwirte bekommen Geld aus Brüssel, aber nur dann, wenn sie die Standards wie die GLÖZ einhalten. Diese Standards dienen nicht nur dem Umwelt- und Klimaschutz, sondern liegen im Eigeninteresse der Landwirtschaft. Ich möchte drei Beispiele anführen.

Beispiel Nummer eins ist der Mindestanteil an Brache. 4 Prozent nichtproduktive Flächen, sogenannte GLÖZ 8, fallen jetzt weg. Dabei ist die Agrarwissenschaft sich einig: Brachen sind essenziell für den Erhalt der Artenvielfalt in der Agrarlandschaft und sind daher dringend notwendig. Sie sind Rückzugsgebiete für Pflanzen und Tiere, für Rebhühner und Kiebitze und bieten ihnen Zuflucht. Die letzte Abschaffung der Brache von 2008 bis 2014 führte zu einem signifikanten Biodiversitätsverlust.

Beispiel Nummer zwei. Erhalt von Dauergrünland – GLÖZ 1 – dient nicht nur der Biodiversität, sondern auch dem Klimaschutz als Kohlenstoffsenke. Bei zurückgehenden Viehbeständen soll Dauergrünland zu Ackerland umgebrochen werden können. Das klingt logisch, hätte aber katastrophale Auswirkungen auf die Klimabilanz. Warum? Ein Hektar Grünland, der umgebrochen wird, würde 6 Tonnen CO2-Emissionen verursachen.

(Artur Auernhammer [CDU/CSU]: Irgendeiner muss fressen!)

Beispiel Nummer drei. Boden ist eigentlich das wichtigste Gut unserer Landwirte. Wir müssen Bodenleben fördern und Erosion verhindern.

(Dieter Stier [CDU/CSU]: Aber nicht die Landwirtschaft abschaffen!)

Daher gibt es GLÖZ-Regelungen zum Bodenschutz, Regelungen zur Bodenbearbeitung, zur Mindestbodenbedeckung und auch zur Fruchtfolge. Wenn diese Vorgaben jetzt extrem abgeschwächt werden, führt das aber am Ende zu ausgelaugten, erodierenden Böden.

Sie sehen: Eine Anpassung der GLÖZ-Standards mag erst mal nach kurzfristiger Entlastung klingen, führt aber auf Dauer zu weniger Biodiversität, negativen Klimafolgen und damit weniger Ertragssicherheit. Eine nachhaltige Transformation müsste eigentlich genau in die andere Richtung gehen. Was unsere Landwirte wirklich entlasten würde, wären gerechtere Lieferbeziehungen und die Chance, mit nachhaltiger Landwirtschaft Geld zu verdienen.

Danke.

(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)

Als Nächstes erhält Stephan Protschka für die AfD-Fraktion das Wort.

(Beifall bei der AfD)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609734
Wahlperiode 20
Sitzung 163
Tagesordnungspunkt Änderung des GAP-Konditionalitäten-Gesetzes
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