Kai WhittakerCDU/CSU - DÜV-Anpassungsgesetz, Bezahlkartengesetz
Frau Präsidentin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ich finde, die Debatte hat gezeigt: Diese Bezahlkarte wird zur Blamagekarte der Ampelkoalition.
(Konstantin Kuhle [FDP]: Da klatschen nicht mal Ihre eigenen Leute!)
Der wahre Grund, warum Sie bei diesem Gesetz herumeiern, ist, dass Sie heute etwas beschließen, was Sie im Grunde nicht wollen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Wie stimmen Sie denn jetzt ab?)
Sie weigern sich, die Probleme in diesem Land anzuerkennen.
(Abg. Dr. Martin Rosemann [SPD] meldet sich zu einer Zwischenfrage)
Es interessiert Sie nicht,
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Doch! Wie Sie jetzt abstimmen, interessiert uns! – Takis Mehmet Ali [SPD]: Doch! Wie ihr abstimmt, interessiert uns!)
dass Bürgermeister landauf, landab darüber klagen, dass sie mit der Integration von Flüchtlingen überfordert sind.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Es interessiert Sie nicht, dass Bürgerinnen und Bürger das Thema Migration als das wichtigste Problem in diesem Land ansehen.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Stimmen Sie jetzt für die Bezahlkarte, oder nicht?)
Herr Whittaker, gestatten Sie eine Zwischenfrage oder Zwischenbemerkung von Herrn Rosemann aus der SPD-Fraktion?
Gerne.
Herr Rosemann, Sie haben das Wort.
Herr Kollege Whittaker, erst mal vielen Dank, dass Sie die Zwischenfrage zulassen. – Ich habe eine ganz einfache Frage an Sie. Die Ampelkoalition beschließt hier gleich ein Gesetz, mit dem die rechtliche Grundlage dafür gelegt wird, dass die Länder und Kommunen in diesem Land in jederlei Hinsicht Rechtssicherheit bekommen bei der Einführung der Bezahlkarte für Menschen im Asylbewerberleistungsgesetz.
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Da fehlen Elemente!)
Das werden wir gleich beschließen.
Ich frage Sie: Stimmen Sie denn jetzt zu als CDU/CSU-Fraktion?
(Detlef Seif [CDU/CSU]: Nein, da fehlen wichtige Dinge! – Lachen der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Machen Sie dabei mit, den Ländern und Kommunen diese Rechtssicherheit bei der Einführung der Bezahlkarte zu geben, oder bleiben Sie hier ein unsicherer Kantonist, der nur über Migrationsfragen redet, aber im Zweifel eben nicht Farbe bekennt, wenn es darum geht? Heute ist die Abstimmung. Wie stimmen Sie ab?
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Konstantin Kuhle [FDP] – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Das haben wir schon mehrfach gesagt in der Debatte!)
Werter Kollege Rosemann, die Aufgabe der Opposition ist die Qualitätskontrolle von Gesetzen dieser Bundesregierung.
(Zuruf von der SPD: Ach was!)
Und da fällt Ihr Gesetz gnadenlos durch,
(Beifall bei der CDU/CSU)
weil der Vorrang fehlt, dass erst mal nur die Bezahlkarte ausgegeben wird. Sie sind nicht bereit, Auszahlungen auf 50 Euro im Monat zu begrenzen, und Sie sind nicht bereit, festzulegen, dass sich die Asylbewerber diese Karte persönlich abholen müssen.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Das sind wesentliche Kriterien, die in unserem Gesetzentwurf drinstehen.
(Zurufe von der SPD)
Sie haben sie nicht übernommen. Sie sind der unsichere Kantonist, Herr Rosemann.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Also, wie stimmen Sie jetzt ab? – Rasha Nasr [SPD]: Es geht Ihnen um die Show! Es geht Ihnen nur um die Show! Schön Schlagzeilen schaffen!)
Die Taktik, die Sie anwenden, ist die gleiche: Erst ignorieren Sie die Probleme, dann wollen Sie die Probleme auch noch unter den Teppich kehren und machen stattdessen Scheindebatten auf.
Frau Nasr, Sie haben gerade wieder insinuiert, dass es keine Pull-Faktoren gebe. Der Migrationsexperte von den Grünen, Julian Pahlke, sagte neulich – ich zitiere –: „Ich sorge mich vor einer diskriminierenden Wirkung der Bezahlkarte.“
(Rasha Nasr [SPD]: Diese Arroganz! Das ist unerträglich! Haben Sie in der Wissenschaft nachgehört?)
Wirklich: Wir reden hier über eine Technologie von vor 30 Jahren, die jeder Deutsche in der Tasche hat, nämlich eine Girokarte, meine Damen und Herren.
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU/CSU)
Wenn Sie dann merken, dass der politische Druck zu groß wird, fangen Sie an, eine Scheinlösung zu faken.
(Zuruf des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Herr Audretsch, Sie haben sich hier wieder hingestellt und gesagt: Eigentlich braucht es dieses Gesetz gar nicht, weil man die Bezahlkarte sowieso schon einführen könnte. – Dabei wissen Sie um die Rechtsunsicherheit, die die Kommunen und die Länder anprangern.
(Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ja, dann stimmen Sie doch zu heute! – Rasha Nasr [SPD]: Deshalb stimmen Sie nicht zu, oder was? Sie wollen keine Rechtssicherheit für die Länder! Sie wollen keine Lösung!)
Das ist das Perfide daran. Sie hoffen nämlich, dass die Bezahlkarte auf dem Rechtsweg juristisch wieder gestoppt wird. Damit wollen Sie die Kommunen unter den Bus schmeißen. So gehen Sie mit den Kommunen um, Herr Audretsch!
(Beifall bei der CDU/CSU – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Ja, genau! – Friedrich Merz [CDU/CSU]: Eijeijei!)
Sie schaffen mehr Rechtssicherheit für Kiffer statt für Kommunen.
Herr Whittaker, gestatten Sie noch eine Zwischenfrage der Kollegin Aeffner aus der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen?
Sehr gerne; ich freue mich ja über so viel Aufmerksamkeit.
(Rasha Nasr [SPD]: Respektlos ohne Ende!)
Sehr geehrter Herr Whittaker, Sie kritisieren unseren Umgang mit den Kommunen und fordern, wir sollen die Kommunen entlasten. Wie erklären Sie sich denn dann, dass in Ihrem Wahlkreis, in der Stadt Baden-Baden, im Sozialausschuss mit den Stimmen der CDU einstimmig beschlossen worden ist, dass die Verwaltungspraxis – ich zitiere aus der Beschlussvorlage – bisher keinen Anlass für den Einsatz einer Bezahlkarte sieht, und dass die Kommune sagt, ein Basiskonto reiche ihr tatsächlich zur Verwaltungsentlastung?
(Beifall beim BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie der Abg. Dunja Kreiser [SPD] – Zuruf von der SPD: Ja, was war da denn los? – Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Mensch, Herr Whittaker! – Thorsten Frei [CDU/CSU]: Weil es nicht nur um Verwaltungsentlastung geht! Sie begreifen’s einfach nicht!)
Also, noch einmal: Es geht um die grundsätzlichen Dinge, die wir hier gerade eben behandelt haben. Und das, was im Stadtrat von Baden-Baden beschlossen worden ist – –
(Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
– Entschuldigung, hören Sie doch mal zu! Sie haben eine Frage gestellt. – Der Stadtrat von Baden-Baden hat das behandelt, und so wie es jetzt ist, sieht sich die Stadt Baden-Baden außerstande, eine Bezahlkarte so einzuführen, wie wir es gerne hätten,
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich habe es vorgelesen!)
weil Sie sich seit Wochen und Monaten weigern, den Kommunen eine Rechtsgrundlage zu liefern.
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf des Abg. Thorsten Frei [CDU/CSU])
Noch einmal: Sie sind bereit, mehr Rechtssicherheit für Kiffer zu schaffen als für Kommunen.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Fragen Sie doch mal nach!)
Und damit wir uns richtig verstehen: Ich meine Städte, Länder und Gemeinden und nicht Ihre „Kommunen“.
Noch einmal: Wenn Sie hier den Druck spüren und merken, dass es schwieriger wird, dann faken Sie die Lösung.
(Zuruf der Abg. Britta Haßelmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Sie sind nicht bereit, mehr Rechtssicherheit zu schaffen.
Das Problem ist: Wenn Sie die Kommunen so unter den Bus schmeißen und auch noch Recht bekämen, wenn also die Gerichte das einkassieren würden,
(Zuruf des Abg. Andreas Audretsch [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
dann würden die Bürger den Staat wirklich als handlungsunfähig erleben. Und dann wundern wir uns alle gemeinsam, dass die da noch stärker werden.
(Der Redner zeigt in Richtung der AfD-Fraktion)
Das ist eine unverantwortliche Politik, meine Damen und Herren.
(Beifall bei der CDU/CSU)
Deshalb schaffen Sie heute mit Mühe und Not – mit Mühe und Not! – eine Minimallösung. Sie führen die Bezahlkarte ein, eine Technik, die wir seit 30 Jahren in Deutschland kennen, nämlich als Girokarte.
(Zuruf des Abg. Michael Kruse [FDP])
Jeder hat sie in seiner Tasche.
Daran krankt dieser Sozialstaat: dass wir nicht bereit sind, einen modernen und technologieoffenen Sozialstaat zu schaffen.
(Stephan Thomae [FDP]: Ja, dann müssen Sie auch zustimmen heute!)
Sie schaffen das nicht. Wenn hier jemand in diesem Land diskriminiert wird, dann sind das wir, alle Deutschen. Alle Welt shoppt online, bucht online. Aber hier in Deutschland sollen Flüchtlinge noch nicht mal mit einer Bezahlkarte zahlen können. Das ist lachhaft.
(Stephanie Aeffner [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Ich dachte, online sollen sie nicht einkaufen dürfen! – Zurufe von der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Und da muss ich Ihnen sagen: Sie haben halt ein grundsätzliches Misstrauen gegenüber Technologie und moderner Verwaltung. Deshalb kommt dann so was raus wie 5 000 neue Stellen für die Kindergrundsicherung.
(Dr. Johannes Fechner [SPD]: Unsinn! Blödsinn! – Zurufe vom BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Deshalb haben Sie bis heute kein Klimageld eingeführt. Und deshalb haben Sie mehr Menschen in den Jobcentern, die als menschliche Taschenrechner fungieren, anstatt die Menschen in Arbeit zu vermitteln.
Ich kann Ihnen nur sagen: Weniger blamieren, mehr beschließen!
(Beifall bei der CDU/CSU – Zuruf der Abg. Dr. Irene Mihalic [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609791 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | DÜV-Anpassungsgesetz, Bezahlkartengesetz |