Parsa MarviSPD - Lohnabstandsgebot und Entlastung des Mittelstandes
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir erleben wieder einmal eine Dauerschleife des bei Ihnen fest verankerten Narrativs und führen heute erneut eine Debatte, in der verschiedene Glaubenssätze der antragstellenden Fraktion zum Vorschein kommen: Das Bürgergeld sei viel zu hoch, Arbeiten lohne sich gar nicht mehr, die Ausgaben für Migration seien sowieso schuld an allem, und ohnehin gebe Deutschland zu viel Geld für Europa aus.
(Kay Gottschalk [AfD]: Korrekt! – Marc Bernhard [AfD]: Gute Zusammenfassung!)
Dieses Debattennarrativ ist in vielfacher Hinsicht falsch, unterkomplex und unmenschlich.
(Beifall der Abg. Leni Breymaier [SPD])
Ihr Narrativ spielt Menschen in unserer Gesellschaft gegeneinander aus. Sie sind gar nicht interessiert an einer sachlichen Debatte.
(Kay Gottschalk [AfD]: Weil wir so unmenschlich sind, wollen Millionen von Menschen jedes Jahr hierher! Na klar!)
Sie wollen vielmehr spalten, Sie wollen nach unten treten, und Sie wollen gesellschaftlichen Unfrieden stiften. Das ist schändlich, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Dr. Bernd Baumann [AfD]: Das sind doch Phrasen!)
Ihr Narrativ passt hervorragend zu Ihrer antieuropäischen Grundhaltung. Es verkennt, dass Deutschland als größte Volkswirtschaft in der Mitte Europas in besonderem Maße von der europäischen Integration profitiert. Unsere Unternehmen exportieren ihre Produkte vor allem in den europäischen Binnenmarkt. Die dadurch erzielten Wohlstandsgewinne übersteigen die Beiträge zum EU-Haushalt um ein Vielfaches.
(Zuruf des Abg. Kay Gottschalk [AfD])
Es wäre jetzt ein großer Fehler – das fordern Sie konkret –, Investitionen in Klimaschutz und Digitalisierung in der Europäischen Union auszubremsen. Wir wollen kein Ende der EU. Wir spielen nicht mit der fatalen Dystopie eines Dexit. Wir wollen keinen Abstieg für unsere Wirtschaft.
(Kay Gottschalk [AfD]: Dafür sind Sie der beste Garant mit Ihrer Partei, Herr Kollege!)
Wir wollen Europa stärken. Das ist der zentrale Unterschied zu Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und des Abg. Knut Gerschau [FDP])
Sie behaupten, dass Sozialleistungen angeblich so hoch seien, dass sich Arbeit für Mindest- und Niedriglohnbezieherinnen und -bezieher kaum noch lohne und das Lohnabstandsgebot nicht mehr eingehalten werde. Es sind zu Recht verschiedene Studien von Wirtschaftsinstituten von den Ampelkollegen zitiert worden. Ich habe eine Studie vom WSI dabei. Die hat ermittelt, dass die Haushaltseinkommen von Erwerbstätigen mit Mindestlohn deutlich über dem Niveau des Bürgergeldes liegen, dass Alleinstehende, die Vollzeit zum Mindestlohn arbeiten, im Durchschnitt 532 Euro mehr verdienen
(Kay Gottschalk [AfD]: „Im Durchschnitt“! Wir reden nicht vom Durchschnitt, Herr Kollege!)
und dass es bei Familien mit drei Kindern und einem Mindestlohneinkommen zwischen 430 und 770 Euro mehr sind. Das sind die Fakten.
(Beifall bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Kay Gottschalk [AfD]: Nein! Dann haben Sie die ifo-Studie nicht gelesen!)
Ihr Narrativ verkennt, dass unsere Regierungspolitik bei den Rahmenbedingungen für Erwerbsarbeit und den Arbeitsmarkt nicht zuschaut, sondern aktiv handelt. Der Kollege Schrodi hat es zu Recht gesagt: Wir überkompensieren sogar die kalte Progression mit dem Inflationsausgleichsgesetz. Wir hatten bei Regierungsantritt einen Grundfreibetrag von 10 347 Euro. Wir haben den in 2023 und noch mal in 2024 auf jetzt 11 600 Euro erhöht, und er wird natürlich weiter steigen – rechtskonform und entlang objektiver Kriterien.
(Kay Gottschalk [AfD]: Das sind gerade mal 10 Prozent!)
Was vielleicht ab und zu vergessen wird: Wir haben auch zielgenau Menschen mit geringeren Einkommen entlastet, indem wir die Midijob-Verdienstgrenze ab 2023 auf 2 000 Euro angehoben haben.
(Michael Schrodi [SPD]: So ist es!)
Damit noch viel, viel mehr Menschen von höheren Brutto- und Nettoeinkommen und damit auch von besserer sozialer Absicherung und besseren Renten profitieren, setzen wir uns für deutlich mehr tarifgebundene Jobs und einen deutlich höheren Mindestlohn ein.
Gute Arbeit, gute Löhne, Mitbestimmung: Das ist unsere soziale Antwort auf Ihr spalterisches Narrativ. Denn von diesen Forderungen lesen wir exakt rein gar nichts in Ihrem Antrag. Wir können ihn guten Gewissens ablehnen.
Vielen Dank.
(Beifall bei der SPD sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN und der FDP)
Jetzt erhält der Abgeordnete Alexander Ulrich für die Gruppe BSW das Wort.
(Beifall beim BSW)
Quelle | Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen |
Quellenangabe | Deutscher Bundestag via Open Parliament TV |
Abgerufen von | http://dbtg.tv/fvid/7609869 |
Wahlperiode | 20 |
Sitzung | 164 |
Tagesordnungspunkt | Lohnabstandsgebot und Entlastung des Mittelstandes |