12.04.2024 | Deutscher Bundestag / 20. WP / Sitzung 164 / Zusatzpunkt 19

Gerald UllrichFDP - Aktuelle Stunde - Arbeitsplätze in Ostdeutschland

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Lassen Sie es durch mich einmal in diesem Hause gesagt sein: Der Markt kann es richten, man muss ihn nur lassen.

(Beifall bei der FDP sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)

Der Herr Stockmeier hat vorhin genau die richtigen Worte dafür gefunden, wie es der Markt richten kann. Ein strangulierter Markt kann es in der Tat nicht, ein einigermaßen freier Markt, der kann es.

(Maja Wallstein [SPD]: Der ist aber nicht fair, der Markt! – Gegenruf der Abg. Beatrix von Storch [AfD])

Stellen Sie sich vor, Sie sind Apfelhändler – ich möchte es an diesem Beispiel erklären –, und Sie haben 100 Äpfel. Bis kurz vor Feierabend haben Sie nur 20 Äpfel verkauft. Sie haben keine Lagermöglichkeiten für die restlichen Äpfel. Was machen Sie dann? Sie bieten sie preiswerter an. Wenn Sie sie nicht loswerden, legen Sie gar noch einen 5-Euro-Schein obendrauf, damit Ihnen irgendjemand diese Äpfel am Ende des Tages abnimmt.

(Zuruf des Abg. Bernhard Herrmann [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

Nun gestehen Sie sich irgendwann ein: Sie haben zwar Äpfel, aber keinen Lagerplatz. Sie haben also ein Speicherproblem. Doch wie verhält sich das denn eigentlich bei elektrischer Energie? Um eine Energiewende zu realisieren, ist Photovoltaik mitentscheidend; ich glaube, das haben wir von verschiedenen Seiten eindeutig gehört.

Der erste Schlüsselaspekt einer Energiewende mit Photovoltaik ist natürlich die Stromerzeugung. Was war denn die ursprüngliche Idee? Europa wirtschaftlich stärken, sich von China unabhängig machen, indem ein kleiner Teil der Fertigung von PV-Zellen und -Modulen in der EU bzw. in Deutschland stattfindet. Das soll durch den Resilienzbonus gestützt werden. Dieser soll den Nutzen von Made-in-Europe-PV-Komponenten fördern. Das würde uns unabhängiger machen und Arbeitsplätze schaffen, könnte man denken. Trotzdem stammen 90 Prozent der Kapazität, die wir für PV benötigen, immer noch aus China. Noch 2022 kamen 87 Prozent der importierten PV-Anlagen aus der Volksrepublik. Der Gesamtwert der importierten PV-Anlagen lag übrigens bei rund 3,7 Milliarden Euro.

Entscheidend sind jedoch die hohen Ausbauziele. Im Jahr 2030 sollen 80 Prozent der Bruttostromerzeugung mit erneuerbaren Energien stattfinden. Das erfordert für PV im Jahr 2030 eine installierte Leistung von 215 Gigawatt. Dafür ist ab dem Jahr 2026 ein Ausbau um 22 Gigawatt pro Jahr erforderlich. Das ist eine sehr große Menge. Ich weiß nicht, wie wir das eigentlich händeln wollen. Deshalb müssen wir noch viele PV-Anlagen bauen. Doch wo speichern wir eigentlich den gewonnenen Strom, wenn er gerade nicht gebraucht wird?

Am letzten Samstag – Sie werden sich erinnern; da waren einige von Ihnen vielleicht im Garten; denn das war der erste richtig sonnige Tag des Jahres – sank der Strompreis über zwei Stunden auf minus 6 Cent; das heißt, wir mussten Geld dafür geben, damit irgendjemand unseren Strom abnimmt. Das hat einen einfachen Grund: Die großen Anlagen über 100 kW können vom Netz genommen werden; kleinere Anlagen unter 100 kW können das nicht. Diese produzieren weiterhin Strom, der eingespeist, aber eigentlich überhaupt nicht benötigt wird.

(Beatrix von Storch [AfD]: Hm! – Weiterer Zuruf von der AfD: Irre!)

Doch wir können so viel Strom erzeugen, wie wir wollen: Die Energiewende wird nicht nachhaltig gelingen, wenn wir ihn nicht irgendwo auch speichern können.

Der zweite Schlüsselaspekt einer Energiewende mit Photovoltaik ist also die Stromspeicherung. Meine Damen und Herren, dass wir bei der Produktion der PV-Module von China abhängig sind, das ist eine Tatsache, die wir auch mit dem Resilienzbonus nicht ändern würden; wir hätten trotzdem noch die Abhängigkeit. Das Problem liegt in der Stromspeicherung und damit in den fehlenden Speicherkapazitäten bei PV-Anlagen. Aktuell sind in Deutschland 3,7 Millionen Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von 82,2 Gigawatt installiert. Allerdings sind in Deutschland nur 1,2 Millionen Photovoltaikbatteriespeicher mit einer Kapazität von lediglich rund 12 Gigawattstunden installiert. Momentan wäre es also nur möglich, 14,6 Prozent des erzeugten Stromes zu speichern. Das ist aber nur ein kleiner Teil des Überschussstromes, den wir im Laufe der Zeit erzeugen. Deshalb müssen wir in drei Schritten handeln.

Erstens. Fördern wir doch lieber den Bau von Stromspeicheranlagen bei Photovoltaik. Stellen Sie sich vor, Sie haben eine 10-kWp-Anlage auf Ihrem Dach. Dann sollte, wie man allgemein sagt, auch ein 10-Kilowattstunden-Speicher Voraussetzung sein, um einen Teil dieses Stroms auch irgendwo zu speichern. Außerdem müsste bei dieser Anlage mit 10 kWp unserer Meinung nach mindestens ein zweiter 10-Kilowattstunden-Speicher installiert sein, damit Strom über eine Länge von zwei Stunden oder vielleicht auch noch länger gespeichert werden könnte.

Zweitens. Wir garantieren damit einen nachhaltigen Umgang mit der gewonnenen Energie. Kurzum: Damit machen wir den gewonnenen Strom auch nutzbar.

Drittens. Beugen wir vor, indem bereits heute Stromnetze ausgebaut werden, damit der im Land erzeugte grüne Strom auch den Weg quer durchs Land zu seinen Abnehmern finden kann. Daher investieren wir bereits jetzt kontinuierlich in den Netzausbau und stellen uns den enormen Investitionssummen, die bis 2030 nötig sind. Laut dem Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft beläuft sich dieser Bedarf auf rund 200 Milliarden Euro.

Eine letzte Anmerkung.

Kollege, versuchen Sie, das in einen Satz zu packen, bitte.

Wenn Sie am Ende des Tages immer mehr Äpfel haben, die Sie nicht mehr loswerden können und lagern müssen, dann sind Sie irgendwann nicht nur nicht nachhaltig, dann sind Sie irgendwann auch pleite.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion hat nun der Kollege Mathias Papendieck das Wort.

(Beifall bei der SPD und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)


Daten
Quelle Deutscher Bundestag, Nutzungsbedingungen
Quellenangabe Deutscher Bundestag via Open Parliament TV
Abgerufen von http://dbtg.tv/fvid/7609899
Wahlperiode 20
Sitzung 164
Tagesordnungspunkt Aktuelle Stunde - Arbeitsplätze in Ostdeutschland
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